Fastenzeit Wieviel Digital Detox brauchen wir?
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01. März 2020, 00:00 Uhr
Zu fasten bedeutet, auf etwas zu verzichten, das für uns sonst ganz selbstverständlich ist: ständig aufs Handy und ins Mailfach zu schauen. Aber können wir überhaupt noch "ganz ohne" und was bringt uns diese Enthaltsamkeit überhaupt? Prof. Hannes Zacher ist Arbeits- und Organisationspsychologe und gibt Tipps für einen goldenen Mittelweg.
Oft merken wir schon gar nicht mehr, dass wir ständig aufs Handy schauen und auf jedes "Pling" reagieren. Würden wir all unsere Reaktionen in dieser Hinsicht im Verlaufe eines Tages notieren, wären wir sicher schockiert: Schnell kommen etwas 80 Mal zusammen. Gehen wir von je 30 Sekunden aus, die wir im Durchschnitt zum Lesen einer Nachrichten verwenden, sind wir bei 40 Minuten - das Schreiben von Antworten noch gar nicht eingerechnet. Was könnte man in 40 Minuten analog machen? Laufen gehen? Auf einer Wiese liegen und in den Himmel schauen? Darüber nachzudenken, ist der erste Schritt in Richtung digitale Enthaltsamkeit, so Prof. Hannes Zacher, Arbeits- und Organisationspsychologe an der Universität Leipzig.
Er vergleicht gerade die Präsenz in sozialen Netzwerken mit den Symptomen einer Sucht. Die Likes, die positive Bestätigung durch andere spricht das Belohnungszentrum im Gehirn an wie eine Droge und führt so zu einer Art Abhängigkeit. Außerdem macht es uns unglücklich.
Der ständige Vergleich mit anderen belastet und führt so nachweislich zu einem geringeren Wohlbefinden.
Studien belegen, dass es uns wieder besser geht, wenn wir für einige Zeit auf Instagram & Co. verzichten. Das fällt schwer, ist jedoch ohne ernste Konsequenzen zu realisieren. Aber wie sieht es aus, wenn wir das Gefühl haben, beruflich ständig online sein zu müssen?
Klare Absprachen zu Offline-Zeiten helfen
Für Hannes Zacher sind ausreichende Pausen im Arbeitsalltag entscheidend für die psychische Gesundheit der Mitarbeiter und damit auch für deren Leistungsfähigkeit. Gesetzlich sind diese Auszeiten klar geregelt - unter anderem müssen elf Stunden zwischen zwei Arbeitstagen liegen. Elf Stunden, in denen wir abschalten und eben nicht online sein sollten. Viele Unternehmen respektieren das inzwischen und verhindern sogar die Weiterleitung von Mails in diesem Zeitraum. Doch oft sehen sich Arbeitnehmer noch immer in der Pflicht, rund um die Uhr erreichbar zu sein. Hannes Zacher empfiehlt, in der Freizeit alle Benachrichtigungssignale am Handy lautlos zu schalten.
Für echte Notfälle kann man vereinbaren, dass man angerufen wird, und damit verhindern, dass man ständig aufs Smartphone schaut.
Außerdem sieht er gerade bei Vorgesetzten eine wichtige Vorbildfunktion. Wer als Chef selbst konsequent Handyauszeiten einhält, kann davon ausgehen, dass seine Mitarbeiter ohne schlechtes Gewissen dasselbe tun und sich dabei erholen.
Je mehr handyfreie Zeit wir haben, desto besser erholen wir uns. Denn ganz gleich, ob wir dienstlich oder privat online sind: Wir sind am Handy, um Anforderungen anderer an uns zu bewältigen. Das zehrt an unseren Ressourcen, kostet also Kraft, anstatt sie aufzufüllen.
Erholung und Entzug durch "analoge" Erfahrungen
Die digitale Kommunikation kann nicht nur Kraft rauben, sondern sie raubt uns auch Zeit für echte Erfahrungen wie Treffen mit Freunden oder einen Waldspaziergang. Dabei können diese uns sogar helfen, uns von unserem Handy zu lösen.
Wie bei jeder anderen Sucht auch kann eine Ersatzhandlung helfen, der Versuchung zu widerstehen. Das Handy gleich weit weg zu legen, wenn man sich dabei ertappt, könnte ein erster Schritt sein.
Wer während der gemeinsamen Zeit mit der Familie und mit Freunden ganz aufs Handy verzichtet, tut sich und allen anderen etwas Gutes. Denn jeder Blick aufs Smartphone lenkt ab, unterbricht die analoge Kommunikation und signalisiert dem Gegenüber Desinteresse.
Digitale Umstellung statt radikaler "Diät"
Während der Fastenzeit weitgehend offline zu bleiben, ist eine Herausforderung. Gesünder ist jedoch, die digitale Kommunikation langfristig und dafür moderat zu reduzieren. Auch das ist nicht ganz einfach, wie Hannes Zacher aus eigener Erfahrung weiß:
Eigentlich ist es ein tägliches Ausbalancieren: Wie viel Handynutzung brauche ich wirklich? Wann muss ich Mails wirklich abrufen? Auch da müssen wir immer wieder unser eigenes Verhalten reflektieren.
Wenn uns das gelingt, dann können wir uns auch dafür belohnen: mit 40 Minuten, die wir durch den Verzicht gewonnen haben, mit 40 Minuten analoger Erfahrung, mit 40 Minuten Waldlauf oder auf einer Wiese liegen und in den Himmel schauen.
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