Klimastudie Extreme Hitzewellen werden zur Normalität
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25. August 2022, 17:01 Uhr
Selbst bei Einhaltung der Pariser Klimaziele wird es (auch in unseren Breiten) häufiger solche extremen Hitzewellen geben wie in diesem Jahr, sagt eine wissenschaftliche Studie. Und besonders gefährlich wird's für Menschen in tropischen Ländern, wo gefühlte Temperaturen von mehr als 50 Grad zur Normalität werden könnten.
In mehreren Regionen der Welt gab es in diesem Sommer Hitzewellen, die Rekorde brachen und zu vielen Todesopfern führten. Eine neue Studie von den Universitäten in Washington und Harvard zeigt nun, dass solche Wetterlagen keine Seltenheit bleiben werden, sondern je nach Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen immer häufiger und regelmäßiger vorkommen, vor allem in ohnehin schon wärmeren Ländern, aber auch in den "gemäßigten" Breiten Europas, Asiens und Nordamerikas.
Ein Beispiel aus der Studie zeigt, wie sich bei einer globalen Erwärmung von 3 °C im Jahr 2100 die monatlichen Durchschnittstemperaturen verändern könnten. Die nördlichen Regionen Kanadas und Russlands wären am stärksten betroffen. Und in Deutschland würde es vor allem im Juli und August noch deutlich heißer, als wir es gewohnt waren.
Hitze-Index
Vor allem geht es in der Studie aber um den sogenannten Hitze-Index, der aus Temperatur und Luftfeuchte berechnet wird, ganz ähnlich, wie es hierzulande bei der gefühlten Temperatur getan wird (aufgrund der dann vom DWD amtliche Hitzewarnungen ausgegeben werden). Der Hitze-Index hat dieselbe Maßeinheit wie die Temperatur (in den USA also Grad Fahrenheit), steigt aber auch, je schwüler es ist. Beim amerikanischen Hintze-Index gibt es zwei wichtige Stufen: "gefährlich" ab 103 Grad Fahrenheit (39,4 Grad Celsius) und "extrem gefährlich" ab 124 °F (51,1 °C). Eine solche Situation kann innerhalb weniger Stunden zu einem Hitzschlag führen.
Früher hätte man nie geglaubt, dass man die Stufe "extrem gefährlich" mal fürs Wetter bräuchte, sagt Studienleiter Lucas Vargas Zeppetello. "Diese Normen wurden zunächst für Menschen geschaffen, die in Innenräumen wie Heizungskellern arbeiten – sie waren nicht für Bedingungen gedacht, die im Freien und in der Umgebung auftreten würden. Aber jetzt sehen wir sie dort."
In den verschiedenen Szenarien, die in der Studie durchgerechnet wurden, ging es dann immer darum, wie viele solcher gefährlichen oder extrem gefährlichen Tage es auf der Welt im Jahr 2050 bzw. 2100 wahrscheinlich geben wird, je nach Entwicklung der Treibhausgas-Emissionen. Vor allem in den tropischen Regionen, wo ein beträchtlicher Teil der Menschheit zu Hause ist, wird das Leben dann äußerst unangenehm mit schlimmstenfalls bis zu 90 "extrem gefährlichen" Tagen, also einem Hitze-Index von umgerechnet mehr als 50 Grad Celsius.
Bei den lediglich "gefährlichen" Tagen (Hitze-Index umgerechnet 39,4 °C) gibt es natürlich noch weitaus mehr betroffene Gebiete. Die gerade gezeigten "extrem gefährlichen" Tage sind in der folgenden Grafik dabei gar nicht enthalten, kommen also gedanklich sogar noch hinzu.
Gegensteuern möglich, aber nur begrenzt
Die Studie verwendet eine wahrscheinlichkeitsbasierte Methode, um die Bandbreite der zukünftigen Bedingungen zu berechnen, genauer gesagt einen statistischen Ansatz, der historische Daten mit Bevölkerungsprognosen, Wirtschaftswachstum und Kohlenstoffverbrauch kombiniert, um die wahrscheinliche Bandbreite zukünftiger CO2-Konzentrationen vorherzusagen. Zwar tragen verschiedene Treibhausgase zum Klimawandel bei, aber weil die CO2-Entwicklung erfahrungsgemäß ein guter Indikator für die Temperaturentwicklung ist, konzentrierten sich die Forscher auf CO2.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass selbst wenn es den Ländern gelingt, das Ziel des Pariser Abkommens zu erreichen, nämlich die globale Erwärmung auf 2 °C zu begrenzen, die Überschreitung der "gefährlichen" Schwelle bis 2100 in den USA, Westeuropa, China und Japan drei- bis zehnmal häufiger vorkommen wird als derzeit. In demselben Szenario könnten sich die gefährlichen Tage in den Tropen bis 2100 verdoppeln und die Hälfte des Jahres ausmachen. "Das sind beängstigende Szenarien, die wir noch verhindern können", sagt Studienleiter Vargas Zeppetello. "Diese Studie zeigt uns den Abgrund, aber sie zeigt auch, dass wir etwas tun können, um diese Szenarien zu verhindern."
Hitze und Dürre aktuell in China
Auch weite Teile Chinas werden von diesen Veränderungen betroffen sein. Wie sich das auswirkt, merkt man dort gerade. Der Jangtsekiang (oder kurz Jangtse), drittlängster Strom der Welt und Lebensader sowie Elektrizitätslieferant für viele Millionen Menschen, führt wegen Hitze und Trockenheit an einigen Stellen wie in der Region Chongqing kaum noch Wasser. Vor zwei Jahren im Juli gab es da noch Hochwasser, nun das komplette Gegenteil.
Die Autoren der US-Studie beziffern die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Erde bis zum Jahr 2100 nur um 1,5 °C erwärmt, mit gerade einmal 0,1 Prozent. Man wird sich also darauf einstellen müssen, dass sich Hitze-Szenarien wie in diesem Sommer in Zukunft deutlich häufen. Man wird aber zumindest den Schweregrad, mit dem die Menschheit betroffen sein wird, beeinflussen können. Und das hängt (auch laut der neuen US-Studie) maßgeblich von den Treibhausgas-Emissionen ab.
Zur Studie
L. Vargas Zeppetello et al.: "Probabilistic projections of increased heat stress driven by climate change", zuerst erschienen in "Communications - Earth & Environment"
(rr)