Klimawandel im Harz Rappbode-Talsperre – 2100 so warm wie der Gardasee?
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25. November 2020, 08:50 Uhr
Was bedeutet der Klimawandel für die Wasserwirtschaft? Am Leipziger Umweltforschungszentrum wurden für verschiedene Temperaturanstiege bis 2100 Szenarien berechnet. Eines beschreibt die drastischen Folgen für die Rappbodetalsperre im Harz. Die Forscher sagen: Wie wir Deutschlands größten Trinkwasserspeicher bewirtschaften, ändert zwar nichts an der Klimapolitik oder dem Klimawandel. Aber die Folgen der Klimaerwärmung ließen sich durch kluges Wassermanagement abfedern.
"Im Jahr 2100 wird aus einem Stausee im nördlichsten Mittelgebirge Deutschlands ein Gewässer vergleichbar dem Lago Maggiore oder dem Gardasee," sagt Dr. Karsten Rinke vom Umweltforschungszentrum (UFZ) in Leipzig. Da horchen vermutlich alle auf, die sich im Sommer gern mal zur Abkühlung in einen See stürzen. Aber egal, ob Seeschwimmer oder Landschaftsgenießer, wir alle sollten bei solchen Prognosen hinhören, besonders, wenn es sich um Trinkwasserspeicher handelt.
Die Leipziger Forscher haben in einer Studie die Folgen verschiedener Erwärmungsszenarien für die Rappbodetalsperre im Harz untersucht. Das Szenario mit ungebremstem Klimawandel würde demnach für die unterste Wasserschicht drei Grad mehr bedeuten – und das Wasser da unten wäre damit acht Grad warm. Das macht das Gewässer auch oben temperaturtechnisch noch nicht ganz zur "Badewanne", aber drin schwimmen ist ja eh verboten. Nur was bedeutet so eine Wassererwärmung für die Wasserwirtschaft? Schließlich ist die Rappbodetalsperre im Harz die größte Trinkwassertalsperre Deutschlands. Und wenn sich die Temperatur in so einem Gewässer in solchen Dimensionen verändert, hat das Folgen.
Was wir übers Wasser wissen
Der Sauerstoffgehalt im Wasser hängt ab von verschiedenen physikalischen, chemischen und biochemischen Faktoren. Dazu zählen einerseits Sauerstoff-liefernde und Sauerstoff-verzehrende Prozesse. Also Photosynthese von Wasserpflanzen, Atmung von Tieren, der Abbau organischer Stoffe durch Mikroorganismen. Auch äußere Faktoren beeinflussen den Sauerstoffgehalt eines Gewässers, wie die Größe der Wasseroberfläche, Gewässertemperatur, Gewässerart, äußere Luftbewegung. Dazu kommen außerdem die zyklischen Umwälzungsprozesse der Wasserschichten im Laufe eines Jahres.
Drei Grad mehr – was bedeutet das für ein Gewässer?
Das Wasser für unsere Trinkwasserversorgung wird bewusst aus der untersten Schicht des Gewässers geholt, in der Rappbodestelle also aus etwa 50 Meter Tiefe. Da ist das Wasser am kältesten und saubersten. Der Gehalt an Trübstoffen, gelösten Metallen, Algen, Bakterien und potenziell pathogenen Mikroorganismen ist hier am niedrigsten.
Das wird sich aber ändern, wenn es wärmer wird, dann können solche Stoffwechselprozesse auch ganz tief unten im Wasser ablaufen, mit der Folge dass dort mehr Sauerstoff verbraucht wird. Studienerstautor Chenxi Mi spricht in der Forschungsarbeit von einem doppelt so hohen Sauerstoffverbrauch durch Atmungs- und Abbauprozesse von Organismen, wenn das Wasser dort acht Grad warm ist. Das würde bedeuten, das zum Beispiel aus dem Sediment verstärkt Nährstoffe und Metalle gelöst würden, Algen wachsen und Blaualgen sich vermehren könnten. Das alles würde einerseits die Wasserqualität verändern und bei der Wasserwirtschaft den Aufwand zur Wasseraufbereitung erhöhen.
An der Oberfläche der Talsperre könnte beim schlechtesten Szenario der Forscher die Temperatur im Mittel sogar um bis zu vier Grad ansteigen bis zum Jahr 2100. Aber das bedeutet nicht, dass die Wasserwirtschaft nicht mehr handlungsfähig ist. Sie könnte sich aus Sicht der Forschergruppe um Dr. Rinke auf diese Szenarien einstellen, und zwar bei der Wasserentnahme. Je nachdem, welches Wasser in die tieferliegenden Ausläufe der Talsperre geschickt wird, könnte man die Temperatur in der Tiefe stabil halten. Statt wie bisher Wasser von ganz unten an das darunter liegende Fließgewässer weiterzuleiten, müsste das wärmere, oberflächennahe Wasser unten aus der Talsperre fließen. So würde die Wärme abgegeben, bevor sie durch die Umwälzungsprozesse des Wassers den See auch tief unten erwärmt.
Die Studie wurde im Fachmagazin Science of the Total Environment veröffentlicht.
(lfw)
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