Verhaltensbiologie Überleben im Klimawandel: Das Timing entscheidet über Leben und Tod
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07. Oktober 2020, 14:48 Uhr
Tiere können sich an den Klimawandel anpassen, doch das bedeutet nicht, dass sie ihn auch überleben. Das Max-Planck-Institut für Verhaltensforschung und die Cornell-Universität haben Alarmierendes beobachtet.
Tiere sind mitunter zähe Kreaturen und haben sich über Jahrmillionen immer wieder erfolgreich an ihre Umgebung angepasst. Das ist ein oft gehörtes Argument in der Diskussion über die Folgen des Klimawandels. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn selbst, wenn sich Tiere getreu dem Motto "Yes, we can" an die Veränderungen des Klimawandels anpassen, heißt das noch lange nicht, dass sie am Ende auch überleben. Viele Faktoren spielen eine Rolle und wenn die nicht alle ineinander greifen, kann es für manche Arten schwierig werden.
Eine Frage des Timings
Zu diesem Schluss kommen Dr. Ryan Shipley und sein Team vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie und von der Cornell-Universität in einer neuen Studie. Sie haben festgestellt, dass die Sumpfschwalbe ein ernstes Timing-Problem hat. Der Vogel hat sich im Laufe der Zeit an den immer früheren Frühlingsbeginn und die wärmeren Temperaturen angepasst. Die Forscher stellten fest, dass er seine Brutzeit alle zehn Jahre um drei Tage nach vorn verlegt hat.
Den Bruttermin einfach auf einen früheren Zeitpunkt zu verschieben, um mit dem Klimawandel Schritt zu halten, ist nicht unbedingt risikofrei.
Denn früher im Jahr kommt es häufiger zu ungünstigen Wetterereignissen. Das wirkt sich zum Beispiel direkt auf die Nahrung der Sumpfschwalben aus. Sie ernähren sich von Insekten, und so früh im Jahr bedeutet das für die Vögel, dass sie unter Umständen an einem Tag ordentlich schlemmen können und am anderen Tag plötzlich gehungert werden muss.
Vertrauen wird nicht immer belohnt
Wenn die Schwalben also in einem ungewöhnlich warmen Frühling früher mit der Eiablage beginnen, tun sie das im Vertrauen darauf, dass sie ähnlich günstige Bedingungen auch später bei der Aufzucht ihrer Jungtiere vorfinden. Doch die Chance, dass dieses Vertrauen belohnt wird, ist früher im Jahr kleiner als später.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass Tiere, die auf Nahrung angewiesen sind, deren Häufigkeit sich wetterbedingt schnell ändern kann, durch den Klimawandel ganz besonders gefährdet sein könnten.
Doppelt harte Bedingungen für die kleine Sumpfschwalbe, denn nicht nur die Veränderungen der Insektenpopulationen an sich sind ein Problem, sondern auch die Veränderung der Verfügbarkeit über eine kurze Zeit. Und auch Schwalben, Mauersegler oder Fliegenschnäpper könnten davon betroffen sein. Das wäre zumindest ein Hinweis darauf, warum die Populationen von Fluginsekten fressenden Vögeln in weiten Teilen Nordamerikas und in Europa stärker zurückgehen als bei anderen Vogelgruppen.
Langzeitstudien wie diese sind unerlässlich, um zu verstehen, wie und warum Arten von Klimaveränderungen betroffen sind. Sie können auch wertvolle Erkenntnisse darüber liefern, wie Organismen funktionieren, in komplexen ökologischen Netzwerken interagieren und sich entwickeln.
Länger als 30 Jahre haben die Forscher die Sumpfschwalben beobachtet. Dabei konnten sie Daten zur Fortpflanzung der Vögel mit dem täglichen Insektenaufkommen der vergangenen 25 Jahre und dem Wetter der vergangenen 100 Jahre analysieren.
JeS
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Dieses Thema im Programm: MDR WISSEN | 12. Juli 2019 | 12:23 Uhr
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