Krebserregendes Gas Radon in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
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28. Juni 2023, 17:27 Uhr
Das Auftreten von Radon kann man in manchen Regionen nicht verhindern. Aber man kann sich gegen das krebserregende Gas schützen. Und es gibt eine neue Mitmach-Studie an Arbeitsplätzen.
Junge Bergarbeiter im Erzgebirge erkrankten schon im 16. Jahrhundert auffallend oft an der Lunge. Diese "Schneeberger Krankheit", wie sie damals genannt wurde, verlief tödlich. Heute weiß man, dass es Lungenkrebs war, hervorgerufen durch das Einatmen von Radon und seinen Folgeprodukten.
Grundlage des heutigen Wissens sind epidemiologische Studien an Bergarbeitern, die seit den 1960er Jahren durchgeführt wurden, zum Beispiel die sogenannte "Wismut-Studie" des Bundesamtes für Strahlenschutz, sie umfasst etwa 60.000 ehemalige Beschäftigte der Wismut, die im Uranerzbergbau der DDR zwischen 1946 und 1990 tätig waren. Alle solche Studien zeigten, dass Radon im Uranbergbau untertage das Lungenkrebsrisiko erhöht.
Radon in Wohnungen
Die Gefahr, wegen Radon Lungenkrebs zu bekommen, beschränkt sich aber leider nicht auf den Bergbau. Seit den 1980er Jahren wurden die Bergarbeiter-Studien durch Fall-Kontroll-Studien zum Lungenkrebsrisiko durch Radon in Wohnungen in Europa, Nordamerika und China ergänzt.
Eine gemeinsame Auswertung von 13 europäischen Studien mit 7.148 Lungenkrebspatienten und 14.208 Kontrollpersonen zeigte, dass Radon auch in Wohnungen das Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, erhöht. Das gilt zwar insbesondere für diejenigen, die rauchen oder geraucht haben, aber auch nachweislich für Menschen, die ihr Leben lang nicht geraucht haben. Und je höher die Radon-Konzentration, der man sich lange Zeit aussetzt, desto stärker steigt das Krebsrisiko, so die Studie.
Heute werden etwa fünf Prozent aller Lungenkrebsfälle in Deutschland Radon zugeschrieben. Umgerechnet kann man deshalb sagen, mehr als 2.000 Deutsche sterben jedes Jahr an Radon-Lungenkrebs, denn bei mehr als 40.000 Sterbefällen jährlich ist Lungenkrebs die Ursache.
Der Zerfallsprozess
Radon, genauer gesagt Radon-222, ist ein Zerfallsprodukt. In einer lang andauernden Zerfallsreihe entstehen aus Uran auf natürlichem Wege Stoffe wie Thorium, Protactinium, Radium und eben Radon. Dieses zerfällt dann wiederum in "Nachfolgestoffe" wie Polonium, Astat, Bismut und schließlich zu stabilem Blei. Die hauptsächliche Gefahrenquelle für den Menschen ist letztlich nicht das Radon selbst, sondern seine Zerfallsprodukte, wobei Polonium-Isotope am meisten zur Belastung der Lunge durch Alphastrahlung beitragen.
Diesen Zerfall vom Uran zum Radon und vom Radon zum Polonium kann man nicht verhindern. Weil das gasförmige Radon durch kleine Risse in der Erde nach oben in die Luft strömt, ist die Radon-Konzentration in Gebieten mit Uran im Boden immer höher als anderswo. Vor allem betrifft das die Mittelgebirge.
Das Bundesamt für Strahlenschutz hat aus Messungen, Berechnungen und der Bodenbeschaffenheit eine Karte für ganz Deutschland erstellt, auf der ersichtlich wird, wie hoch das Radon-Potenzial an einem Ort schätzungsweise ist. Es handelt sich also um eine Art Gefahrenprognose, die besagt: In Gebieten mit hohen Werten ist auch das Risiko höher, dass Radon in Gebäuden eine Rolle spielt. Für Mitteldeutschland sieht das dann so aus:
Schutz vor Radon
Man weiß, dass Radon im Freien und in höheren Etagen von Gebäuden kaum eine Rolle spielt. In Keller- und Erdgeschossräumen hingegen schon. Die in den Bundesländern zuständigen Strahlenschutzbehörden mussten laut Gesetz bis zum 31. Dezember 2020 festlegen, für welche Gebiete erwartet wird, dass die über das Jahr gemittelte Radon-222-Aktivitätskonzentration in einer beträchtlichen Zahl von Gebäuden mit Aufenthaltsräumen oder Arbeitsplätzen den Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter Luft überschreitet.
Die Maßeinheit Becquerel (Bq) ist die Einheit der Aktivität einer bestimmten Menge einer radioaktiven Substanz.
Angegeben wird die mittlere Anzahl der Atomkerne, die pro Sekunde radioaktiv zerfallen.
In den auf diese Weise festgelegten Radonvorsorgebieten sind Verantwortliche für Arbeitsplätze in Keller- oder Erdgeschossräumen zu Messungen und, bei Überschreitung des Referenzwertes, zu Maßnahmen verpflichtet.
Da das Gas durch Risse im Fundament von Häusern oder durch schlecht isolierte Rohrschächte in die Gebäude gelangen kann, müssen bei Neubauten zum Beispiel dickere Bodenplatten aus wasserundurchlässigem Beton und Sperrfolien eingebaut werden. Das ist natürlich teurer als die herkömmliche Bauweise. Und auch Sanierungen bei Bestandsgebäuden mit nachgewiesen hoher Radon-Konzentration gehen ins Geld.
Klagen vor Gericht
Und all das wiederum war vor kurzem ein Motiv, warum sich vier Thüringer Gemeinden gegen ihren Status als Radonvorsorgegebiet gewehrt haben. Die Stadt Ronneburg und die Gemeinden Kauern, Korbußen, Paitzdorf fühlten sich zu Unrecht ausgewählt und befürchteten als Radonvorsorgegebiet einen Imageverlust. Außerdem seien die zugrunde liegenden Mess- und Prognose-Daten nicht gut genug.
Das Verwaltungsgericht Gera hat die vier Klagen allerdings in erster Instanz als unbegründet abgewiesen. Das Gericht konnte im wissenschaftlichen Messverfahren des Landesamtes keine Fehler erkennen. Die vier Gemeinden bleiben Radonvorsorgegebiete mit allen Auflagen und Pflichten.
Neue Studie außerhalb der Vorsorgegebiete
Genaue Messdaten sind besser als Prognosen. Das weiß man auch beim Bundesamt für Strahlenschutz. In den Radonvorsorgegebieten muss nun ohnehin regelmäßig gemessen werden. Um aber auch in anderen Gebieten an exakte Messdaten zu kommen, wird jetzt vom BfS eine neue Studie begonnen, bei der etwa 2.000 Arbeitsplätze untersucht werden sollen.
Das BfS ruft dabei Arbeitgeber und Selbstständige auf, mitzumachen. Der Vorteil, wenn man teilnimmt: Man muss die Messungen nicht selbst bezahlen und weiß anschließend, wie es um die Radon-Belastung an seinen Arbeitsplätzen bestellt ist. Voraussetzungen zur Teilnahme sind, dass die Arbeitsplätze im Erdgeschoss oder im Keller liegen und dass nicht ohnehin schon eine Messpflicht in den Räumen besteht, wie eben zum Beispiel in den Radonvorsorgegebieten.
Alle weiteren Informationen finden Sie auf dieser Seite des Bundesamts für Strahlenschutz.
(rr)
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