Beziehungen Family-Talk: Die besten Orte zum Reden
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09. Juni 2024, 05:59 Uhr
Alle Eltern kennen das: Auf die Frage "Wie war es in der Schule?" folgt oft die einsilbige Antwort: "Gut.", oder: "Nicht gut." Um mehr zu erfahren, braucht es Gelegenheit, Zeit und offensichtlich kommt es auch auf den richtigen Ort für Gespräche an, zeigt jetzt eine Studie.
Welche Eltern wünschen sich nicht, nah dran zu sein an ihren Kindern und zu wissen, was sie bewegt? Im Alltag ist das oft gar nicht so einfach. Doch gerade wenn eine einschneidende Veränderung ansteht, Mädchen und Jungen zum Beispiel von der Grundschule in die weiterführende Schule wechseln, sind sie mit vielen Herausforderungen konfrontiert. Sie müssen sich in einer neuen Klasse behaupten, den neuen Anforderungen im Unterricht gerecht werden. Das kann Druck erzeugen und Stress mit sich bringen. Umso wichtiger ist es dann, dass sie mit ihren Eltern darüber sprechen können.
Doch wo lässt es sich am besten reden? Das wollten Forschende der University of Illinois wissen. Deshalb luden sie 100 Fünftklässler verschiedener Ethnien und ihre Mütter zur Studie ein. Dabei gingen die Wissenschaftler davon aus, dass die weiblichen Elternteile die Hauptbezugspersonen seien und daher die meisten Alltagsroutinen mit ihrem Nachwuchs teilten. Die Teilnehmenden bekamen die Aufgabe, Probleme aus Schule und Freundeskreis zu besprechen, die sie gerade bewegten. Anschließend wurden sie getrennt voneinander danach befragt, wo sie darüber am besten miteinander reden konnten.
Vertraute Umgebung: Sieben Orte für gute Gespräche in der Familie
Die Kinder gaben am häufigsten an, generell zu Hause am besten mit ihren Eltern sprechen zu können. "Es ist ein vertrauter, ein sicherer Ort und eine angenehme Umgebung fördert gute Gespräche", so Co-Autorin Kelly Tu, außerordentliche Professorin am Department of Human Development and Family Studies (HDFS). In der Küche und im Wohnzimmer besprechen sie der Studie zufolge gern Themen mit mehreren Familienmitgliedern, für Vieraugengespräche ziehen sie sich lieber in ihr Kinderzimmer zurück.
Mütter reden mit ihren Töchtern und Söhnen am liebsten in der Küche, im Kinderzimmer und im Auto. "Dort können sie Seite an Seite mit ihrem Kind sprechen, was ihrer Einschätzung nach das Gespräch einfacher macht. Denn es ist gerade im Konfliktfall weniger einschüchternd, wenn man sich dabei nicht direkt ansieht", erklärt Tu. Außerdem ergebe sich beim täglichen Bringen zur Schule und beim Abholen Zeit zu zweit, in der man ungestörter sprechen könne.
Auch im Freien und in Bewegung lässt es sich gut reden
Vor allem Jungen gaben an, dass es ihnen im Freien leichter falle, Probleme anzusprechen, zum Beispiel beim Gassigehen mit dem Hund oder beim Ballspielen im Hof. Das gibt ihnen die Möglichkeit, aufkommende Gefühle durch die Bewegung auszuagieren und sich leichter zu öffnen.
Grundsätzlich sind also das vertraute Zuhause allgemein, die Küche, das Wohnzimmer, das Kinderzimmer, das Schlafzimmer der Eltern, das Auto und Freizeitbereiche im Freien die Orte, an denen es sich am besten reden lässt.
Gemeinsame Routinen geben Gesprächen Raum
Vertrauen und das Gefühl von Verlässlichkeit entstehen auch durch feste Rituale und Routinen. Und an Orten, die damit verknüpft sind, fällt es vor allem Kindern leichter, Gespräche anzustoßen, erklärt Dina Izenstark, außerordentliche Professorin an der San José State University und Hauptautorin der Studie. Ein gemeinsames Abendessen zum Beispiel bietet jedem Familienmitglied Gelegenheit, über seinen Tag zu sprechen, während sich das Zu-Bett-bringen für Themen eignet, die mehr Ruhe und auch Diskretion erfordern.
"Mütter nutzen solche Rituale schon seit langer Zeit dafür, um ihre Kinder zu fragen, wie ihr Tag war, vor allem wenn sie klein sind. Das kann sich im Teenageralter ändern, aber die Familien haben dann eine Grundlage dafür, dass diese Gespräche weiterhin stattfinden", erklärt Izenstark.
Prekäre Arbeitsverhältnisse machen Gespräche schwieriger
Die Forschenden räumen ein, dass an der Studie überwiegend Familien mit höherem Einkommen teilgenommen hatten und die Ergebnisse möglicherweise nicht direkt auf andere Gruppen übertragbar seien. Wie sieht der Alltag aus, wenn ein Elternteil beispielsweise in drei Schichten arbeitet, das Zuhause klein ist oder mehrere Geschwister da sind? Wo ist dann Zeit und Raum dafür, über den Alltagsstress und Sorgen zu sprechen? Das müsse individuell betrachtet werden, so die Hauptautorin, besonders in der Familienberatung.
Doch die Ergebnisse der Studie zeigte aus ihrer Sicht klar, dass es wichtig sei, überhaupt einen vertrauten Ort zu haben, an dem Kinder und Eltern offen ins Gespräch kommen könnten.
Was darüber hinaus wichtig ist
Dem Gespräch nicht nur Raum, sondern auch Zeit zu geben. Kinder brauchen die Gelegenheit, das Erlebte reflektieren zu können, bevor sie darüber reden wollen.
Ruhig bleiben, wenn es emotional wird.
Klar sein in den Botschaften: Was will ich meinem Gegenüber vermitteln? Was erwarte ich von ihm?
Möglichst vorher einige Szenarien im Kopf durchdenken: Wie läuft das Gespräch wenn es gut läuft? Auf welche Reaktion muss ich mich schlimmstenfalls einstellen?
Anklagende Du-Botschaften vermeiden. Stattdessen schildern, was das Verhalten des anderen bei einem selbst bewirkt. Statt: "Immer lässt du alles herumliegen." besser: "Es macht mich traurig zu sehen, wie es in unserer Wohnung aussieht."
Den anderen aussprechen lassen und nachfragen, zum Beispiel: "Was hat das, was Du erlebt hast mit Dir gemacht."
Den anderen spiegeln und ihm damit zeigen, dass man ihn in seiner Situation sieht.: "Ich sehe, dass dich das traurig macht. Und das ist auch in Ordnung so."
Erst dann Lösungen vorschlagen und Perspektiven aufzeigen und auch dafür Zeit geben.
Links/Studien
Die Studie "Orte, an denen denen Mütter und ihre heranwachsenden Kinder am liebsten Gespräche über tägliche Stressfaktoren führen."
Dieses Thema im Programm: Das Erste | Mittagsmagazin | 15. Mai 2024 | 12:10 Uhr
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