Klima-Psychologie Klimaschutz: Was uns wirklich motiviert
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22. Mai 2024, 11:48 Uhr
Regionale Produkte einkaufen, das Auto stehen lassen, reparieren statt neu anschaffen und auf Flugreisen verzichten – all das gibt uns das gute Gefühl, etwas für den Klimaschutz zu tun. Doch große Unwetter, Flutkatastrophen und Dürren zeigen immer wieder: Das allein reicht nicht. Was wir brauchen, um größere Räder zu drehen, fasst jetzt ein Buch aus Leipzig zusammen.
Entscheidungen zu treffen, erfordert Überlegungen und kostet Kraft, auch wenn es um klimafreundliches Handeln geht. Welches Produkt soll ich kaufen? Wie will ich reisen? Stehen Aufwand für mich und Nutzen fürs Klima im Verhältnis? Karen Hamann, Sozialpsychologin am Wilhelm-Wundt-Institut der Universität Leipzig kennt das. Aber sie weiß auch: Es wäre viel einfacher, wenn es zur jeweiligen Frage bereits einen kollektiven Konsens oder neue Strukturen gäbe, denen wir uns ganz einfach anschließen könnten.
Ein Beispiel: der Verbrauch von Plastiktüten. War es viele Jahrzehnte lang ganz selbstverständlich, den Einkauf im Gratisbeutel mitzunehmen, erforderte der Verzicht darauf eine ganz bewusste Entscheidung des einzelnen und die Konsequenz, stattdessen mit eigener Tasche in den Supermarkt zu gehen. Mit einer EU-Richtlinie von 2015 und dem Verbot dicker Plastiktüten in Deutschland ab 2022 wurde die Verfügbarkeit neu geregelt und der Verbrauch sank.
Drei Säulen, die uns zur Veränderung motivieren
"Wenn eine Gruppe es schafft, dass sich Strukturen verändern, beeinflusst das gleich so viel mehr Individuen, die dann viel einfacher ihre Entscheidung treffen können", so Karen Hamann. Das Gefühl der Wirksamkeit und die Aussicht, dass wir als Gemeinschaft etwas erreichen können und man als Individuum einen wichtigen Beitrag leiste, sei eine der drei Motivationssäulen, die uns dazu bewegen, uns für etwas einzusetzen.
Die zweite Säule bestehe aus Moral und Wut: "Wenn es mich wütend macht, dass es Ungerechtigkeiten gibt in der Bevölkerung oder dass die junge Generation irgendwie benachteiligt ist, dann bin ich eher bereit, auf die Straße zu gehen und mich zu engagieren", erklärt sie. Die dritte und stärkste Säule von allen sei die Identifikation mit sogenannten politisierten Gruppen: mit Fridays for Future, mit der Letzten Generation oder mit einer lokalen Nachbarschaftsinitiative, die sich für Ökostrom einsetzt.
Um aktiv zu werden, braucht es mehr als Angst.
Es sind also das Gefühl der Zugehörigkeit und die Aussicht auf Erfolg, die uns zur Veränderung bewegen und nicht die Angst. Doch sie ist da und sogar nachweisbar: "Wenn wir Leute fragen, ob sie Angst vor der Klimakrise haben, dann sehen wir hohe Zustimmungsraten, insbesondere bei Jugendlichen. Wenn wir aber zum Beispiel eine klinisch angelehnte Skala anlegen, die misst, ob Menschen emotional und verhaltensbezogen durch die Klimakrise stark belastet sind, ist das meistens weniger der Fall. Klimaangst in diesem Sinne ist also kein psychisches Störungsbild, aber sie hat Anteile, die einer leichten Depression ähneln können", so Hamann.
All das reiche jedoch nicht aus, um ins Handeln zu kommen, was Protest und Engagement angeht. Es brauche eben die drei Motivationssäulen und es brauche Gemeinschaft. Wie begeistert man andere für das Anliegen? Wie entsteht daraus eine resiliente, kollektive Bewegung? Diesen Fragen und dem aktuellen Stand der Forschung dazu aus psychologischer Sicht widmet sich das Buch "Klimabewegt: Die Psychologie von Klimaprotest und Engagement", das Karen Hamann gemeinsam mit anderen Forschenden herausgegeben hat.
Links/Studien
Klimaangst: Wie aus Besorgnis Handeln wird.
Umgang mit der Klimakrise: Ein Wir-Gefühl entstehen lassen
Klimawandel als neue Herausforderung für die Psychologie
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 24. April 2024 | 17:30 Uhr
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