Wasserversorgung unter Druck Wie lange reicht das Wasser noch?
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19. März 2021, 15:00 Uhr
Wie bereiten sich Wasserversorger auf schwindende Ressourcen vor? Wie beobachtet man den globalen Wasserhaushalt? Wir erklären, was Wasserversorger vor Ort machen und wie ForscherInnen weltweit den Weg des Wassers untersuchen.
Wasser kommt an seine Grenzen
Wasser ist bei uns immer verfügbar, so sind wir es gewohnt. Tagein. Tagaus. Doch die Klimakrise setzt auch hierzulande die Wasserversorgung unter Druck: Grundwasserleiter und Talsperren füllen sich nicht ausreichend genug wieder auf. Böden sind extrem ausgetrocknet und können das Regenwasser schlechter speichern. Und wenn die Trockenperioden in den nächsten Jahren anhalten, was die Klimaprognosen zeigen (siehe Klimakarte hierunter), dann könnte es auch in manchen Regionen in Deutschland Situationen der Wasserknappheit geben: "Das heißt, ich habe eine Ressource, die ist in der Region limitiert. Und wer bekommt sie dann? Das ist sicherlich kein einfaches Unterfangen, aber das ist ein denkbares Szenario, mit dem wir uns in den nächsten Jahren auseinandersetzen müssen", erklärt Martina Flörke, Professorin für Industriehydrologie und Wasserwirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum. Die Bundesregierung will bis zum Sommer eine Wasserstrategie erarbeiten, zu der auch eine "Wasser-Hierarchie" gehören soll.
Beispiel: Wasserversorgung in Leipzig
In Leipzig beschäftigen sich die Wasserwerke mit der zukünftigen Versorgungssicherheit: Vier Werke außerhalb der Stadt und ein Fernanbieter liefern das kostbare Nass für mehr als 660.000 EinwohnerInnen in der Stadt und der Region. Ungefähr 100.000 Kubikmeter Wasser am Tag. Bislang können die Versorger die Ansprüche erfüllen, doch gerade in den heißen Sommermonaten ist der Verbrauch enorm gestiegen: "Diese Tagesspitzen, die wir im letzten Jahr gemessen haben, die haben wir in den Jahren davor nicht gesehen", sagt Ulrich Meyer, technischer Geschäftsführer der Leipziger Wasserwerke.
Gerade im Sommer würden die Menschen vermehrt Gärten und Balkone bewässern, Pools befüllen oder Autos waschen – mit Trinkwasser aus dem Hahn. Gleichzeitig sind die Grundwasserstände historisch niedrig. Man sei auch bei den Leipziger Wasserwerken nicht mehr weit weg von der Maximalauslastung. In den nächsten Jahren erneuern sie daher rund um Leipzig die Wasserwerke und auch die Leitungen und Speicher, um die Versorgungssicherheit zu erhöhen. Doch auch das hat Grenzen: "Tiefer fördern geht so einfach nicht. Wir haben unterschiedliche Grundwasserleiter, die wir anzapfen können, die gehen bis 25 Meter Tiefe und damit müssen wir erst mal umgehen", so Meyer.
Deshalb müsse man zukünftig die Trinkwasserquellen stärker schonen und den Verbrauch überall da senken, wo es möglich sei. Dazu müsste es stärkere Diskussionen darüber geben, privat Regenwasser zu speichern und für die Bewässerung nutzen, wünscht sich Ulrich Meyer. Vor allem in den Sommermonaten hilft es den Versorgungsunternehmen, wenn VerbraucherInnen Wasser sparen. Langfristig könnte es auch Kooperationen zwischen Wasserversorgern geben, um Regionen in Notsituationen stärker zu unterstützen. Strategien gegen die Folgen des Klimawandels suchen derzeit alle Wasserversorger, sagt der Experte.
Der Blick vom Weltraum auf das Wasser
Was auf regionaler Ebene die Wasserversorger leisten, versuchen auf globaler Ebene ForscherInnen herauszufinden: Wie steht es um die weltweite Wasserversorgung? Wolfram Mauser, Professor für Geographie und geographische Fernerkundung an der Ludwig-Maximilian-Universität München, sucht Antworten mit Hilfe von Satelliten. Sie liefern hoch aufgelöste Bilder der Erde und damit auch des Wassers: "Die Bewegung des Wassers durch das Erdsystem kann man nicht direkt sehen. Aber man kann Indizien sehen: Pflanzen wachsen mit Wasser. Also man kann Pflanzen beobachten, indem sie wachsen und kann zurückschließen, wieviel Wasser sie für dieses Wachstum benötigen", so der Wissenschaftler.
In einem Projekt des Bundesforschungsministeriums hat er sich auf die weltweit wichtigste menschliche Nutzung des Wassers konzentriert: die Landwirtschaft. 70 Prozent des verfügbaren Süßwassers werden für die Bewässerung von Pflanzen für Mensch und Nutztier verwendet. "Wir wollen herausfinden, wo die Landwirtschaft Wasser verschwendet und wo sie weniger Wasser benutzen könnte, um die gleiche Menge an Produkten zu produzieren." Einerseits müssten in manchen Teilen der Welt – wie etwa im südlichen Afrika – die vorhandenen Wasserressourcen viel effizienter eingesetzt werden, etwa durch geringere und gezieltere Bewässerung. Andererseits müssten in anderen Regionen – etwa auch in Deutschland – die Böden durch geringeren Einsatz von Chemikalien geschützt werden. Dadurch würden sie ihre Fruchtbarkeit beibehalten und ihre Fähigkeit, Niederschläge in das Grundwasser zu leiten.
Extreme nehmen zu
Der Klimawandel verschärft die Wasserextreme: In Gegenden, die ohnehin zu trocken sind, wird es noch trockener. Feuchte Gebiete wie etwa Skandinavien dagegen werden feuchter. Aktuell würden die vorhandenen Wasserressourcen in einigen trockenen Regionen der Erde übernutzt, erklärt Wolfram Mauser. So gebe es Flüsse, die das ganze Jahr über die Ozeane nicht mehr erreichten. Perspektivisch könnten einige Regionen aus Wassermangel für die Landwirtschaft ausfallen, vermutet der Forscher: Südspanien und der Mittelmeerraum, Kalifornien, aber auch Argentinien und Paraguay und Staaten im südlichen Afrika. Das World Resources Institute (WRI) zählt vor allem den Nahen Osten und Nordafrika dazu. Hier ist die Gefahr eines "Day Zero" besonders hoch: also die Möglichkeit, dass sämtliche lokalen Wasserressourcen zeitweise versiegen. Um Versorgungskatastrophen zu verhindern, müsse laut WRI die Ressource Wasser weltweit besser eingesetzt und recycelt werden. Wolfram Mauser erklärt: "Andere Regionen könnten diese ersetzen und noch haben wir viele Reserven in den heutigen Regionen, um genügend Nahrungsmittel für die Menschheit zu produzieren. Aber es wird nicht einfacher. Der Klimawandel ist der landwirtschaftlichen Produktion aus globaler Sicht nicht förderlich."
Ein Label für den Wasserverbrauch
Als Einzelne haben wir unseren individuellen Wasserverbrauch in der Hand. Zum einen die alltägliche Nutzung beim Waschen, Kochen und Spülen – hier verbrauchen wir in Deutschland zwischen 120 und 130 Liter am Tag. Vor allem aber den Wasserfußabdruck: Denn in allen Produkten, die wir konsumieren – Nahrungsmittel, Kleidung, Elektronik und auch im Strom – steckt Wasser drin: "Da geht es dann um das gesamte in den Lieferketten versteckte Wasser. Wenn man das zusammenrechnet, dann liegen wir bei ungefähr 6.000 Litern pro Person und Tag", erklärt Markus Berger, Wissenschaftler an der Technischen Universität Berlin am Institut für Technischen Umweltschutz. WissenschaftlerInnen verschiedener Fachrichtungen arbeiten derzeit an einem Label für Alltagsprodukte, mit dem VerbraucherInnen den Wasserbedarf des jeweiligen Konsumguts auf einen Blick erkennen können.
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