Podcast-Host Daniela Schmidt im Interview Einmal schwerelos sein, das ist mein Traum!
Hauptinhalt
10. Dezember 2021, 12:22 Uhr
Seit drei Jahren versucht Moderatorin und Reporterin Daniela Schmidt alle 14 Tage, Herausforderungen mit Hilfe der Wissenschaft zu bestehen. Im Podcast "Meine Challenge" probiert sie aus, ob sich ihre Höhenangst bezwingen lässt, wie sie zum Gedächtnis-Superbrain werden kann, ob ein Leben (fast) ohne Schlaf möglich ist und ob sie nur mit Flüssignahrung überleben kann. Doch wie verändern all die Selbstversuche das Leben und welche Challenge will sie unbedingt noch machen?
Daniela, hast du vor drei Jahren geahnt, worauf du dich da einlässt mit dem Podcast "Meine Challenge"?
Daniela Schmidt: Ganz ehrlich? Ich habe mir keine Vorstellung gemacht. Ich fand einfach, dass das wahnsinnig reizvoll klang. Aber ich habe nicht eine Sekunde darüber nachgedacht, was das bedeutet, was ich dann möglicherweise alles machen muss oder darf. Ich habe mir null bewusst gemacht, dass mich dieses Format wirklich alle zwei Wochen in eine neue Herausforderung stürzt und was das für mein Leben bedeutet, positiv wie negativ.
Und was bedeutet das jetzt?
Schmidt: Es ist ohne Frage sau-anstrengend, sich alle zwei Wochen wirklich einer neuen Herausforderung zu stellen! Normalerweise habe ich null Ehrgeiz im Leben. Aber bei "Meine Challenge" ist das anders: Ich will das dann durchziehen und schaffen. Und das ist dann natürlich ein gewisser Druck. Aber das ist ja auch die Idee: Wenn kein Druck dahinter wäre, hätte ich ja auch nicht das Bedürfnis, die Herausforderung durchzustehen. Außerdem habe ich das Gefühl, dass es mich total in Bewegung hält, mich alle zwei Wochen auf etwas Neues einzulassen, weil es so wahnsinnig unterschiedliche Gebiete und unterschiedliche Aufgaben sind. Und ich lerne irre viel, sowohl was Wissenschaft als auch was mich selbst und mein Umfeld angeht. Ich verstehe plötzlich besser, wie Sachen funktionieren, warum Dinge so sind, wie sie sind. Ich spüre wissenschaftliche Erkenntnisse am eigenen Leib, im eigenen Leben, in jeder Folge. Das ist ein Mega-Geschenk, das die meisten Menschen ja nicht haben.
Alle 14 Tage eine Herausforderung, eine Challenge. Zum einen bist du dankbar für diese Möglichkeit und die Erfahrungen, die du dabei machst. Zum anderen kann ich mir gut vorstellen, dass du manchmal denkst: Mein Gott, lasst mich doch endlich mal in Ruhe!
Schmidt: Ja, definitiv. Und manchmal möchte ich nach einer körperlich anstrengenden Folge am liebsten 'nen Cocktail mit Schirmchen trinken und erst mal Urlaub machen. Zum Beispiel nach der Folge, in der ich auf Schlaf verzichten musste. Tja, aber dann ruft schon der Kollege an, der für die nächste Folge zuständig ist und sagt: "So Dani, und jetzt darfst du eine Woche lang nur Flüssignahrung zu dir nehmen!". Da denke ich schon manchmal: Nee Leute, ich hab jetzt keinen Bock mehr. Aber irgendwie geht es dann doch immer. Ja, es ist manchmal viel und extrem stressig. Aber wenn ich mir so das Kosten-Nutzen-Verhältnis angucke, dann ist der Gewinn dieses Formats für mich wesentlich höher als das, was ich reingeben muss.
Was bedeutet die Podcast-Reihe "Meine Challenge" für dich? Das ist ja nicht nur ein journalistisches Produkt, sondern sie beeinflusst dein Leben ganz gewaltig.
Schmidt: Die Quintessenz ist für mich, so blöd das jetzt klingt, dass Wissenschaft voll geil ist. Ich finde Wissenschaft total super und spannend. Aber gleichzeitig ist sie natürlich manchmal nur schwer zu greifen. Deshalb finde ich es Wahnsinn, Wissenschaft auf eine praktische Ebene zu holen, eben ins richtige Leben. Dinge auszuprobieren und zu merken: Aha, so fühlt sich das also an, was die da mit ihrer Theorie meinen oder in dieser Studie herausgefunden haben! Dadurch wiederum wird dann die Wissenschaft noch interessanter. Und das ist wie so ein positiver Kreislauf, wahnsinnig toll. Dann ist Wissenschaft einfach so viel näher an mir dran und wird erlebbar und nachvollziehbar für mich – und natürlich hoffentlich auch für die Leute, die zuhören.
Hast du es jemals bereut, Ja gesagt zu haben, als vor drei Jahren das Angebot kam, "Meine Challenge" zu moderieren?
Schmidt: Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, es hat niemals Momente gegeben, wo ich gesagt habe: So, mir reicht's, ich bin raus aus der Nummer. Aber das waren immer nur Momente, abhängig von der Tagesform oder der aktuellen Gemengelage. Aber alles in allem habe ich das überhaupt nicht bereut. Im Gegenteil. Wir machen ja so viele unterschiedliche Arten von Challenges: Manche sind körperlich anstrengend, manche fordern geistig, manche fordern die eigenen Gewohnheiten und Routinen heraus.
Ich finde es immer ganz angenehm, wenn es so Aha-Momente gibt, in denen mir mein eigenes Fehlverhalten oder doppelmoralisches Denken bewusst werden. Ein Paradebeispiel war da die Folge "Ich sage nur noch die Wahrheit", ich durfte also eine Woche lang nicht schwindeln. Das fiel mir unglaublich schwer, obwohl ich von mir sage, dass ich eine total aufrichtige Person bin – und das auch von anderen verlange. Und dann darf ich eine Woche nicht lügen – und scheitere! Da denke ich: Mensch Schmiddn, du misst offenbar mit zweierlei Maß. Du erwartest von anderen Menschen Dinge, die du selbst nicht hinbekommst.
Auch deshalb ist "Meine Challenge" was ganz Besonderes: Einmal fühlst Du Dich ganz groß und bist total angetan von dem, was Du geschafft hast. Und in anderen Fällen hält sie mir so ein bisschen den Spiegel vor und entlarvt mich vor mir selbst. Das ist nicht immer schön, aber ich glaube, es bringt einen vorwärts. Das mache ich dann auch immer ganz transparent, weil auch das ja menschlich ist.
Was sind die "Meine Challenge"-Momente, an die du ewig, dein ganzes Leben lang denken und dich erinnern wirst?
Schmidt: Ganz krass fand ich die Challenge "Ich überwinde meine Höhenangst". Da musste ich mit meiner Höhenangst im Finale aus zehn Metern Höhe von einem Turm springen, an einem Seil natürlich. Das war ein ganz krasser Moment, dieser Angst-Flash, der Adrenalin-Flash und auch der Stolz hinterher, sich überwunden zu haben. Ein anderer Moment: Ich gehe mit einer Jägerin auf die Jagd und muss hinterher ein Rehkitz ausweiden. Ich war noch nie damit in Berührung gekommen, völlig ahnungslos – und plötzlich hängst Du bis zum Ellenbogen in dem Körper eines Rehkitzes drin, das noch warm ist, und schneidest die Organe frei. Als der Kollege und ich hinterher nach Hause gefahren sind, haben wir beide uns echt nur noch angeschwiegen, bis auf zwischendurch mal so ein "Oh, das war krass".
Dann denke ich immer noch viel an die allererste Folge: "Wie viel Nazi steckt in mir?". Da habe ich einen Assoziationstest gemacht. Ich dachte immer, ich habe überhaupt keine rassistischen Vorurteile. Und dann zeigt einem dieser Test, dass ganz tief in einem drin doch Vorurteile schlummern und Assoziationen, die man gar nicht bewusst kontrollieren kann. Das war natürlich ein Tritt vor den Latz. Und worüber wir bis heute im Podcast-Team reden, ist die Challenge, in der ich ausprobiert habe, ob man lernen kann, witzig zu sein: "Ich werd' Comedian". Zum Abschluss musste ich da einen Auftritt vor Publikum hinlegen – und wäre fast vor Lampenfieber gestorben.
Was bleibt von den Challenges, was bleibt an Erkenntnissen, verändert "Meine Challenge" dein Handeln?
Schmidt: Ich war vorher schon Klugscheißerin und Besserwisserin. Ich glaube, dass das noch schlimmer geworden ist mit der Challenge. Wenn Freundinnen und Freunde was erzählen, dann kommt von mir ganz oft: Da haben wir mal eine Podcast-Folge drüber gemacht, das hat mit folgendem wissenschaftlichen Prinzip zu tun! Oder: Da passiert gerade diese oder jene Geschichte in deinem Gehirn! Also ich behalte mir da inhaltlich ganz viel und trage das weiter.
Aber auch darüber hinaus gibt es ganz viele Challenges, aus denen wirklich was geblieben ist. Zum Beispiel, wenn es darum ging, welchen Fußabdruck ich in der Welt hinterlasse durch die Art, wie ich lebe. Da ging es zum Beispiel um CO2-Ausstoß, Mikroplastik, Ernährungsfragen. Und da sind bei mir ganz viele Dinge passiert: Ich esse heute zum Beispiel wirklich fast kein Fleisch mehr oder kaufe öfter Unverpacktes. Ganz, ganz viele Kleinigkeiten, die sich dann so nach und nach in meinen Alltag eingeschlichen haben. Wir haben zum Beispiel auch eine Folge gemacht über Achtsamkeit. Und wenn ich heute nicht schlafen kann, versuche ich tatsächlich, die Atemmeditation zu machen, die ich in dieser Folge gelernt habe.
Ich habe auch eine wahnsinnige Höhenangst. Was mich persönlich interessiert: Hast du mit der Folge deine Angst wirklich überwunden?
Schmidt: Ich habe neulich einer Freundin geholfen, ihre Wohnung zu streichen. Vor der Höhenangst-Challenge konnte ich nicht einmal zwei Sprossen eine Leiter hochklettern, ohne Panik zu kriegen. Und jetzt neulich beim Streichen war ich am Ende die, die die oberen Ecken der Küche gestrichen hat, mit einem Fuß auf der obersten Sprosse der Leiter und mit dem anderen auf der Küchenanrichte! Ich bin mir nicht sicher, ob das die Challenge war, die das möglich gemacht hat. Aber ich weiß halt noch, dass ich in diesem Moment dachte: Krass, das hätte ich früher nicht gemacht. Aber dank der Challenge habe ich eben gelernt, mich dieser Angst zu stellen und weiß, dass Angst immer irgendwann aufhört, weil der Körper irgendwann keine Angstreserven mehr hat. Vielleicht konnte ich das deshalb.
Gibt es eine bisher noch unerfüllte Challenge, die Du auf Deinem Wunschzettel hast?
Schmidt: Also es gibt auf jeden Fall aus dem Team immer wieder den Wunsch, die Challenge "Ich höre auf zu rauchen" umzusetzen. Da konnte ich mich bisher aber erfolgreich gegen wehren. Und ja, ich habe eine unerfüllte Wunsch-Challenge: Ich würde wahnsinnig gerne mal Schwerelosigkeit erleben. Da hatten wir auch schon ganz am Anfang mal überlegt: Könnte man da nicht was machen in Richtung Astronauten-Trainingszentrum, mit Parabelflügen? Das ist leider nur schwer machbar. Aber es wäre die Erfüllung eines Kindheitstraums für mich.
"Meine Challenge" ist ja im Moment ein Open-End-Projekt. Wie lange willst Du das noch machen?
Schmidt: Ich bin ja auch nicht mehr die Jüngste (lacht). Wenn es nach mir geht, geht das erst mal noch so weiter. Ich weiß nicht, ob ich das dann in fünf Jahren immer noch so sehe oder ob ich dann total runtergewirtschaftet bin. Aber es fehlt nicht an Ideen. Es fehlt nicht an Bock und Motivation. Deswegen kann ich mir vorstellen, dass das noch ein ganzes Stück weitergeht.
Liebe Dani, drei Jahre "Meine Challenge": Herzlichen Glückwunsch und Danke!
Schmidt: Wo ist eigentlich mein Kuchen?