Eine Fläche, auf der rechts und links Bäume wachsen und in der Mitte trennt sie ein Streifen Wiese.
Bildrechte: Loreen Alshaabi, TROPOS

Der Duft der Wälder Besser fürs Klima: Artenreiche Wälder stoßen weniger Duftstoffe aus

17. Dezember 2023, 04:59 Uhr

Es ist der Duft der Wälder: Pflanzen "kommunizieren" mithilfe von Duftstoffen, die sie abgeben. Doch die landen auch in der Atmosphäre, wo sie sich negativ auf das Klima auswirken können. In einer neuen Studie hat ein interdisziplinäres Leipziger Forschungsteam jetzt untersucht, wie die Artenvielfalt den Ausstoß dieser Stoffe beeinflusst, und konnten erstmals zeigen, dass artenreiche Wälder weniger von diesen Gasen in die Atmosphäre abgeben als Monokulturen.

Sie wehren Fressfeinde ab, reagieren auf veränderte Umweltbedingungen oder "kommunizieren" miteinander: Pflanzen geben aus vielen Gründen Duftstoffe in die Luft ab. Sie können zahlreiche dieser organischen Verbindungen produzieren. Diese Duftstoffe sind sogenannte biogene flüchtige organische Verbindungen (BVOCs) wie zum Beispiel Terpene, schreibt das Leipziger Forschungsteam. Sie geben den Pflanzen ihren charakteristischen Duft und helfen bei der Abwehr von Schädlingen.

Pflanzen-Emissionen wirken auch in der Atmosphäre

Das interdisziplinäre Team der Universität Leipzig, des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) und des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) hat jetzt in einer Studie untersucht, wie die Artenvielfalt in einem Wald den Ausstoß dieser Stoffe beeinflusst. Das zentrale Ergebnis war, dass die artenreichen Wälder tatsächlich weniger Gase in die Atmosphäre abgeben als Monokulturen. Bisher dachte man, es sei genau andersherum.

Aber warum ist das wichtig? Die Stoffe riechen leider nicht nur angenehm, sondern sie spielen auch eine Rolle bei der Regulation des Klimas, der Luftqualität und der Atmosphärenchemie, erklären die Forschenden. Denn wenn die BVOCs der Pflanzen in die Luft gelangen, dann entstünden sekundäre organische Aerosole (BSOAs). Das sind Partikel in der Atmosphäre und die wiederum wirken sich auf die Luftqualität und die Wolkenbildung aus sowie letztlich auf das Klima.

Experiment mit Wald-Parzellen in Bad Lauchstädt

Um herauszufinden, wie der Ausstoß der Stoffe und die Konzentration der sich bildenden Aerosole in der Luft von der Artenvielfalt abhängt, haben die Forschenden ein aufwendiges Experiment gemacht. Dafür haben sie die MyDiv-Versuchsfläche für Baumvielfalt in Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt genutzt. Dort haben Forschende des iDiv auf einer rund zwei Hektar großen Fläche auf 80 Parzellen insgesamt 10 Baumarten in Monokulturen und unterschiedlich artenreichen Mischkulturen angepflanzt.

Ein Messgerät steht auf einem großen Stativ. Im Hintergrund sind Aufbauten zu sehen, die wie Gewächshäuser aussehen.
Ein Messpunkt auf dem iDiv-Gelände in Bad Lauchstädt. Bildrechte: Loreen Alshaabi, TROPOS

Auf den untersuchten Parzellen standen den Forschenden zufolge insgesamt vier Baumarten in unterschiedlichen Kombinationen: Vogelbeere, Vogelkirsche, Gemeine Esche und Bergahorn. Das Forschungsteam sammelte hier knapp zwei Wochen lang Luftproben aus zehn Parzellen. Das Besondere dabei: Durch die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen konnten die Forschenden atmosphärische und biologische Messungen kombinieren, was zu aussagekräftigeren Daten geführt habe.

Je weniger Duft, desto besser

Die Messungen zeigten, dass die Menge der ausgestoßenen BVOCs in den meisten Fällen bei höherer Biodiversität abgenommen habe, erklärt Erstautor Anvar Sanaei von der Universität Leipzig. Es gebe Schätzungen, dass der Ausstoß der Pflanzenduftstoffe sich infolge der globalen Erwärmung weltweit erhöhen werden, von bis zu einem Drittel mehr Emissionen ist die Rede. Das berge Unsicherheiten, sagt Hartmut Herrmann vom TROPOS. "Aus diesen Vorläufergasen können sich Partikel bilden, die wiederum zu Wolkentropfen werden können. Ob die BVOCs dann am Ende die Atmosphäre eher kühlen oder eher erwärmen, hängt von sehr vielen Faktoren ab und ist schwer vorherzusagen." Mehr Artenvielfalt und weniger Emissionen würden die Veränderungen in der Atmosphäre demnach verringern und damit auch die Risiken des Klimawandels – einschließlich veränderter Niederschläge, ergänzt der TROPOS-Forscher.

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Das Forschungsteam hat bei seiner Untersuchung aber auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt. Denn tatsächlich sei es schwer, diese komplexen Prozesse im Freiland zu untersuchen. Deshalb habe das Team auch für die BSOAs – also die sekundären organischen Aerosole – keine eindeutigen Zusammenhänge festgestellt. Das könne aber auch an den Einflüssen aus der Umgebung liegen, denn die Umwandlung der BVOC-Gase in die BSOA-Partikel dauere eine gewisse Zeit. Außerdem seien die zwei Wochen Messzeit vergleichsweise kurz gewesen. Das Forschungsteam will seine Untersuchungen deshalb auch noch fortsetzen.

Offenbar ist der Stress der wichtigste Faktor

Die Forschenden stellen mit ihrer Studie auch eine bisherige Annahme auf den Kopf. Denn eigentlich hat man bisher gedacht, dass artenreiche Wälder und Wiesen mehr gasförmige Stoffe an die Atmosphäre abgeben als artenarme. Artenreiche Systeme könnten nämlich mehr Biomasse produzieren, weil sie Ressourcen wie Licht, Wasser oder Nährstoffe effizienter nutzen könnten. Und mehr Biomasse bedeute mehr Blattoberfläche und die wiederum könnte mehr Gase abgeben.

Aber das war offenbar ein Fehlschluss. "Unsere neuen Ergebnisse sprechen aber eher dafür, dass es daran liegen könnte, dass die Pflanzen in artenreichen Wäldern und Wiesen weniger Stress haben", sagt Nico Eisenhauer vom iDiv. "Sie leiden unter weniger Fressfeinden, weniger Hitze oder Trockenheit als in Monokulturen." Allerdings sei auch das nur eine Hypothese, erklärt der Forscher. Um die Prozesse besser zu verstehen, wie die Biodiversität die Atmosphäre beeinflusse, seien noch weitere Untersuchungen in Langzeitexperimenten nötig.

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Link zur Studie

Sanaei, Anvar et al.: Changes in biodiversity impact atmospheric chemistry and climate through plant volatiles and particles. In: Communications Earth & Environment 4, 445 (2023). DOI: 10.1038/s43247-023-01113-9.

(kie)

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