Illustration: Strang von RNA-Erbinformation
Die US-Firma Arcturus hat erfolgreich einen neuen mRNA-Impfstoff gegen Corona getestet (Symbolbild) Bildrechte: imago images/Science Photo Library

Covid-19 Erfolg in klinischer Studie: Dieser mRNA-Impfstoff kann sich vermehren

28. April 2022, 11:18 Uhr

Eine neue mRNA-Impfung gegen Corona konnte 95 Prozent der Versuchspersonen vor schwerer Krankheit schützen. Der Unterschied zu Biontech und Moderna: Die mRNA wird in der Zelle kopiert, deshalb reichen kleinste Dosen aus.

Es könnte der mRNA-Technologie auch in ärmeren Ländern zum Durchbruch verhelfen: Das kalifornische Biotechunternehmen Arcturus Therapeutict hat zusammen mit seinem vietnamesischen Partner Vinbiocare die klinischen Studien für die Zulassung eines neuen mRNA-Impfstoffs gegen Corona abgeschlossen. Demnach konnten 95 Prozent der geimpften Versuchspersonen vor schwerer Erkrankung und Tod geschützt werden.

Dank hoher Effektivität reichen kleinste Dosen Wirkstoff – einfache Lagerbarkeit

Das Besondere an ARCT-154 ist dabei: Die als mRNA codierte Bauanleitung für das Spikeprotein des Virus wird zusammen mit Enzymen des Virus gespritzt. Diese Enzyme können die Impf-mRNA einige Male kopieren, bis ihre Kraft verbraucht ist. So verweilt die mRNA einerseits etwas länger im Körper. Andererseits stellen die Zellen mit weniger mRNA mehr Antigene her, gegen die das Immunsystem Antikörper und T-Zellen bildet. Dadurch reichen weit kleinere Dosen von mRNA aus und der Impfstoff kann deutlich günstiger hergestellt werden, als die bereits zugelassenen Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna. Der Mechanismus wirkt nicht endlos weiter, die Vermehrungsfähigkeit der Impf-mRNA ist von vornherein begrenzt.

Allerdings ist es durch diesen Ansatz nicht möglich, in der RNA die Aminosäure Uridin durch Pseudouridin zu ersetzen. Dieser Schritt galt unter Forschenden bislang als ein möglicher Grund für die hohe Effektivität der Biontech und Moderna Impfstoffe. Arcturus-Forscher glauben allerdings, dass es nicht auf diesen Tausch ankommt. Ein weiterer Vorteil ihres Impfstoffs ist dessen Lagerfähigkeit. Man könne ihn durch Gefriertrocknung in ein Pulver umwandeln, das bei Raumtemperatur haltbar ist und bei Bedarf durch Zusatz von Flüssigkeit wieder in Impfstoff rückwandelbar sein soll.

Klinische Studie lief während Delta und Omikron

An den zwischen August 2021 und April 2022 durchgeführten klinischen Studien hatten insgesamt 19.000 Versuchspersonen teilgenommen. Sie bekamen zwei Impfdosen mit jeweils fünf Mikrogramm mRNA im Abstand von 28 Tagen. Zum Vergleich: Erwachsene werden mit 30 Mikrogramm der Impfung von Biontech/Pfizer und 100 Mikrogramm des Impfstoffs von Moderna geimpft.

Der Schutz gegen eine symptomatische Erkrankung lag bei Arcturus zwar nur bei 55 Prozent. Die Studie wurde aber während der Delta- und der Omikronwelle in Vietnam durchgeführt. Gegen letztere, derzeit dominante Variante kann auch die Biontech-Impfung nur einen relativ kurz anhaltenden Schutz von 75 Prozent im Zeitraum von zwei bis zehn Wochen nach dem Booster bieten, der danach rasch abfällt und auch Hochrisikopatienten nach einiger Zeit nicht mehr vor schwerer Erkrankung und Klinikaufenthalten schützen kann.

Covid-19-RNA-Impfstoff, Illustration Veranschaulichung des Mechanismus, durch den der Covid-19-RNA-Ribonukleinsäure-Impfstoff Immunität hervorruft.
Schematische Darstellung der Wirkweise des mRNA-Impfstoffs: Die mRNA wird in einer Fetthülle in die Zelle gebracht (oben links) und dort abgelesen. Nach dieser Anleitung werden Spikeproteine hergestellt, die anschließend in gebunden in MHC-Komplexen dem Immunsystem präsentiert werden (oben rechts). Bildrechte: imago images/Science Photo Library

Milde bis moderate Nebenwirkung – keine Myokarditis

In der Studie von Arcturus kam es zu insgesamt 43 schweren Erkrankungen, davon hatten 41 Versuchspersonen nur das Placebo erhalten. Zehn Teilnehmer starben, davon waren neun nicht geimpft worden. Aus der Gruppe der Geimpften wiederum erkrankten zwei Personen schwer. Eine Person starb. Sie sei laut der Mitteilung an die Presse hochbetagt gewesen und habe damit zur Risikogruppe gehört.

Der Impfstoff sei insgesamt gut vertragen worden, die Nebenwirkungen fielen überwiegend mild bis moderat aus, heißt es in der Pressemitteilung. Fälle von Myo- oder Perikarditis traten in der Versuchsgruppe nicht auf. Das könnte aber daran liegen, dass die Nebenwirkung zu selten ist, um sich bereits bei 20.000 Impfungen zu zeigen. Auch bei Biontech und Moderna traten die Herzmuskelentzündungen erst beim Ausrollen des Impfstoffs in der Bevölkerung vereinzelt auf.

Vermarktung zunächst in Vietnam – Klinische Prüfung als Booster-Impfstoff

Was die Vermarktung angeht, so soll der Impfstoff zunächst in Vietnam eine Notfallzulassung erhalten und verimpft werden. Der vietnamesische Kooperationspartner Vinbiocare hat eine entsprechende Zulassung beantragt und baut aktuell eine Impfstofffabrik in Hanoi auf. Zwar liegt die Impfquote in dem südostasiatischen Land inzwischen bei 80 Prozent. Doch der mRNA-Impfstoff könnte dort und in anderen Teilen der Welt auch für Booster-Impfungen verwendet werden. Eine entsprechende Zusatzstudie mit 2.400 Versuchspersonen ist bereits geplant. Acturus steht nach eigenen Angaben in Austausch mit den Zulassungsbehörden der USA, der EU und dem Vereinigten Königreich.

Anmerkung: Da es Rückfragen zur Vermehrungsfähigkeit der mRNA in den menschlichen Zellen gab, haben wir eine Klarstellung eingefügt. Dieser Prozess ist selbstlimitierend. Die Erbinformation kann nicht unendlich kopiert werden.

(ens)

Person Schutzkleidung präsentiert eine Ampulle Novavax-Impfstoff 4 min
Bildrechte: imago images/Pixsell
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