Bananenplantage
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Pilzkrankheit Supermarkt-Banane vom Aussterben bedroht, Forscher entdecken möglichen Ausweg

16. August 2024, 16:36 Uhr

In Deutschland und weltweit dominiert eine einzige Bananensorte, die Cavendish-Banane. Praktisch alles, was Sie bei uns im Supermarkt oder Obstladen finden, ist diese Sorte. Wegen eines Pilzes, der sich schnell verbreitet, droht sie auszusterben. Forscher haben nun entdeckt, wie man dem Pilz seine schädliche Kraft nehmen könnte. Dazu muss man bei ihm zwei Gene "ausschalten".

Mann mit Brille und Kopfhörern vor einem Mikrofon
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Supermarkt-Banane vom Aussterben bedroht – das kann doch gar nicht sein, möchte man denken. Aber doch, es ist sogar schon mal passiert, in den 1950er-Jahren. Bis dahin dominierte weltweit die Sorte "Gros Michel" (auch "Dicker Michael", "Big Mike" oder "Jamaika-Banane" genannt). Ein Großteil ihrer Bestände wurde dann von der sogenannten Panama-Krankheit dahingerafft, die durch einen Pilz hervorgerufen wurde, gegen den die "Gros Michel" nicht resistent war. Er hört auf den wohlklingenden Namen "Fusarium oxysporum forma specialis cubense".

Dieser Pilz wird, abhängig von der Wirtspflanze, die er befällt, in verschiedene Rassen eingeteilt. "Gros Michel" fiel damals Rasse 1 zum Opfer. So kam die heute allseits bekannte, verkaufte und gegessene Cavendish-Banane zum Zug. In Deutschland essen wir rund eine Million Tonnen davon, pro Jahr. 99 Prozent davon sind Cavendish. Denn sie vereinte ähnlich gute Eigenschaften in Sachen Geschmack, Preis und Lagerungsfähigkeit, und vor allem war sie gegen Rasse 1 des Pilzes resistent.

Das Problem: Seit den 1990er-Jahren gibt es eine Rasse 4 des Pilzes, gegen die Cavendish nicht resistent ist. Diese Rasse (meist "Tropical Race 4" oder kurz "TR4" genannt) trat zuerst in Südostasien auf, wurde später aber auch auf anderen Kontinenten nachgewiesen. Sie breitet sich also nach und nach aus. Und wenn TR4 eine Bananenplantage befällt, dann ist dort Schluss mit Cavendish. Zuerst welken die Blätter, dann werden die Früchte ungenießbar, dann stirbt die Pflanze. Auf befallenen Plantagen können auch keine neuen Cavendish-Bananen mehr angebaut werden, denn der Pilz bleibt bis zu 50 Jahre im Boden.

Ausschalten zweier Pilz-Gene könnte die Banane retten

Bananen sind ein Milliarden-Geschäft und für sehr viele Menschen weltweit ein Hauptnahrungsmittel oder Existenzgrundlage. Also wird viel geforscht, wie man Cavendish retten kann. Und nun gibt es ein Ergebnis, das aufhorchen lässt.

Wissenschaftler der Universität von Massachusetts Amherst (USA) haben die vergangenen zehn Jahre damit verbracht zu untersuchen, was TR4 ausmacht. "Wir wissen, dass sich der die Cavendish-Banane zerstörende Erreger TR4 nicht aus der Rasse entwickelt hat, die die Gros-Michel-Bananen dezimierte", sagt Li-Jun Ma, Professorin für Biochemie und Molekularbiologie und Erstautorin der Studie. Das Genom von TR4 enthält demnach einige zusätzliche Gene, die mit der Produktion von Stickstoffmonoxid zu tun haben. Und dieses Stickstoffmonoxid sei wiederum der Schlüsselfaktor, warum TR4 so eine große Virulenz habe, also die Fähigkeit, in einen Wirt einzudringen, sich zu vermehren und Schäden zu verursachen.

Diese Virulenz von TR4 sank dagegen beträchtlich, als Li-Jun Ma und ihr Team zwei Gene, die die Stickoxidproduktion kontrollieren, ausschalteten. "Die Identifizierung dieser akzessorischen Gensequenzen eröffnet viele strategische Möglichkeiten, die Ausbreitung von TR4 einzudämmen oder sogar zu kontrollieren", sagt Li-Jun Mas Kollege Yong Zhang. Mit anderen Worten: Die Rettung der Cavendish-Banane ist noch keineswegs sicher, aber man weiß nun zumindest, wo man ansetzen kann, die Grundlage ist geschaffen.

Anderer Ansatz zur Rettung der Banane: Gentechnische Veränderung in der Banane selbst

Eine natürliche Bananensorte zu finden und zu etablieren, die alle Vorzüge von Cavendish vereint, aber auch Resistenz gegen TR4 aufweist, ist bislang nicht gelungen. Zwar sind inzwischen mehr als 1.500 Bananensorten registriert. Doch nur sehr wenige haben die nötigen Resistenzen und sonstigen Eigenschaften sowie überhaupt für den Verzehr geeignete Früchte, wie Pflanzenpathologe Remco Stam von der Uni Kiel vor einigen Monaten im Gespräch mit der Deutschen Presseagentur erklärte. Eine Sorte, die bei Ertrag, Transportfähigkeit und Geschmack halbwegs mit Cavendish mithalten könne, gebe es bisher wohl nicht.

Aber dafür wurde eine gentechnisch veränderte Sorte entwickelt, auf die nun große Hoffnung gesetzt wird. QCAV-4 wird sie genannt und ist in Australien schon für den Verzehr zugelassen. "Ich glaube, dass das die Lösung sein wird", sagt Remco Stam. Ein Team um James Dale von der Queensland University of Technology (QUT) hatte dafür ein Gen – das Resistenzgen RGA2 aus einer Wildbanane – in Pflanzen der Sorte Cavendish eingefügt. Die erste gentechnisch veränderte Banane war geschaffen. Jahrelang wurde der Anbau in Feldversuchen getestet. Anfang 2024 folgte die Freigabe in Australien als für den menschlichen Verzehr geeignet.

Im Supermarkt gibt es die neuen Bananen noch nicht

In Supermärkten erhältlich sind QCAV-4-Bananen dort aber trotzdem nicht – und das soll vorerst auch so bleiben. QCAV-4 wurde mit älteren Gentechnik-Methoden geschaffen – solche Lebensmittel müssen häufig eine spezielle Kennzeichnung tragen, die Verbraucher abschrecken kann. Mit der Genschere Crispr hergestellte Pflanzen und ihre Früchte brauchen eine solche Kennzeichnung hingegen in vielen Ländern nicht, wie Remco Stam sagt. Dales Ziel ist deshalb nun zunächst die Schaffung einer Crispr-Banane: Das Gen RGA2 ist prinzipiell auch in Cavendish vorhanden, aber nicht aktiv, wie Stam erklärt. Mit einem Crispr-Verfahren könnte RGA2 reaktiviert und die Sorte damit resistent gegen TR4 gemacht werden.

Alle Hoffnungen liegen also in der Genetik, und das ist auch logisch. Denn Cavendish kann sich nicht natürlich vermehren, die Früchte enthalten keine Samen. Cavendish-Stauden werden ausschließlich aus Stecklingen gezogen, alle sind genetisch exakt identisch. So gut wie jede heutige Supermarkt-Banane ist also letztlich ein Klon der einen Bananenstaude, die William Cavendish, 6. Duke of Devonshire um 1830 herum in seinem Gewächshaus anpflanzen ließ. "Die Cavendish ist ein absolut unnatürliches Gewächs", fasst Remco Stam zusammen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 16. August 2024 | 13:15 Uhr

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