Raumstation
Könnte so die Raumstation der Zukunft aussehen? Vielleicht. Bis dahin werden die Stationen aber eher der ISS ähneln. Bildrechte: imago images/icetray

Zukunft der Raumfahrt Aufbruch ins All: Diese Raumstationen sollen die Erde bald umkreisen

02. September 2021, 08:46 Uhr

In Zukunft soll die Erde von jeder Menge neuer Raumstationen umkreist werden. Die ersten befinden sich bereits im All, an weiteren wird gerade gebaut und geplant. Sogar eine geheime private Raumstation und eine kilometergroße Raumstation sollen entstehen. Lassen Sie sich in die Zukunft der mensch-gemachten Raumstationen entführen.

Ultragroßes Raumschiff, kommerzielle Raumstationen, staatliche Außenposten. Egal ob Amerika, Russland, Europa oder China: Die Menschheit wird das All bevölkern. Wir entführen Sie in die nahe Zukunft der menschlichen Außenposten im erdnahen Orbit. Doch alles fängt im Hier und Heute an.

Die Internationale Raumstation ISS gerät immer wieder wegen Lecks in die Schlagzeilen. Zudem will die russische Regierung die Zusammenarbeit an der ISS langsam einstellen. Der internationale Vertrag läuft vorerst noch bis 2024. Diesen April hatte der russische Vize-Regierungschef Juri Borissow im Staatsfernsehen jedoch verkündet, dass Russland bereits 2025 die Partnerschaft beenden könnte: "Es ist mehr als fair, sie (die Partner) rechtzeitig zu warnen."

Die Internationale Raumstation schwebt in 400 Kilometern Höhe über der Erde. Das Bild wurde 20. Februar 2010 vom Spaceshuttle "Endeavour" aufgenommen.
Die Internationale Raumstation schwebt seit über 20 Jahren in einer Höhe von 400 Kilometern über der Erde. Bildrechte: NASA

Bis 2025 erwartet der Leiter des russischen ISS-Segments, Wladimir Solowiew, eine "Lawine an Mängeln" auf der Station. Ob die russische Raumfahrtbehörde Roskosmos sich tatsächlich von der Kooperation verabschieden wird, steht noch in den Sternen. Immerhin ist ihr neues Forschungsmodul Nauka ein Lichtblick für den längeren Erhalt der ISS – auch wenn der Start des Moduls einige Probleme mit sich gebracht hatte.

Chinas erdnahe Raumstation Tiangong

Neben der ISS befindet sich auch die "Tiangong"-Station (chin. Himmelspalast) der chinesischen Raumfahrtbehörde CNSA im All. Auf ihr befinden sich bereits die ersten chinesischen Raumfahrer. Die werden übrigens Yuhang yuan (chin. Mitglied der Raumfahrt) und nicht Taikonauten genannt – wie es oft in den Medien zu lesen ist. Bis zu elf Raumfahrtmissionen sollen auf der Station absolviert werden. Gegenüber dem Fachmagazin Nature haben chinesische Wissenschaftler von über 1.000 möglichen Experimenten gesprochen. Zum Vergleich: Auf der ISS wurden bisher über 3.000 Experimente durchgeführt.

Bereits 2022 soll die nächste Ausbaustufe der Station ins All gebracht werden. Daran, dass die Chinesen nun in eigener Sache ins Weltall vordringen, sind zum Teil die Amerikaner schuld. Diese wollen nämlich keine Zusammenarbeit mit den Chinesen auf der ISS zulassen. Für das Reich der Mitte und seine Ambitionen im Weltraum ist dies natürlich eine Motivation mehr.

Mondstationen und ein Gateway in der Mondumlaufbahn

Immerhin werben sie damit, dass internationale wissenschaftliche Kooperationen auf dem chinesischen Außenposten durchgeführt werden können. Besonders die Russen scheinen von dieser Idee angetan zu sein. Die gemeinsame Kooperation der beiden ehemals kommunistischen Länder sieht auch eine Station auf dem Mond vor, auf der auch andere Partner willkommen sind.

Den Erdtrabanten wollen auch die Amerikaner gemeinsam mit den Europäern erschließen. Irgendwann soll dort eine Bodenstation gebaut werden. Zunächst startet Ende 2021 die Artemis 1 Mission, die eine Raumstation in der Mondumlaufbahn platzieren soll: das Lunar Gateway. Diese soll als Zwischenstopp für zukünftige Mondlandungen dienen. Ab 2024 sollen die erste Frau und der nächste Mann auf der Mondoberfläche landen. 

Eine Illustration zeigt, wie die Raumstation Gateway im All aussehen wird, im Hintergrund ist die Milchstraße zu sehen.
Eine Illustration zeigt, wie die Raumstation Gateway im All aussehen wird, im Hintergrund ist die Milchstraße zu sehen. Bildrechte: NASA

Kommt Ihnen das irgendwie bekannt vor? Ein bisschen erinnert es an die Raumstation in Stanley Kubricks Film "2001: Space Odyssey", in dem Dr. Heywood Floyd für einen Zwischenfall zum Mond gerufen wird. Zunächst befindet er sich in einer großen, im Bau befindenden Raumstation, die um die Erde kreist. Anschließend fliegt er mit einem Raumschiff zum Mond. Dort befindet sich eine riesige Bodenstation, von der er zu einem schwarzen Monolithen gebracht wird, der einfach aufgetaucht ist. Aber zurück in die Gegenwart.

Die erdnahe Raumstation aus dem Film "Space Odyssey 2001" von Stanley Kubrick.
Die erdnahe Raumstation aus dem Film "Space Odyssey 2001" von Stanley Kubrick. Bildrechte: IMAGO / Prod.DB

Russland plant eigene Raumstation für 2025

Neben einer chinesisch-russischen Kooperation arbeitet Roskosmos ebenfalls an einer eigenen Raumstation. Diese soll 2025 entstehen und laut offiziellen Pressemeldungen könnte dies "ein evolutionärer Schritt in der Entwicklung des Programms zur Erforschung des Mondes, zu Flügen zum Mars und zur Umsetzung innovativer wissenschaftlicher und technischer Raumfahrtprogramme" werden: die Servicestation ROSS (Russian Orbital Service Station).

Laut dem Chefkonstrukteur Wladimir Solowjow soll ROSS über ein Modul mit einer externen Plattform zur Wartung, Betankung und Reparatur von Raumfahrzeugen verfügen: "Wenn einem Raumfahrzeug etwas zustößt, würde sich ein kleiner Schlepper nähern, um es abzuschleppen und zur Station zu bringen." Außerdem soll "ein Geschwader von Satelliten" die zukünftige Raumstation umkreisen. 

Wir glauben, dass dies etwas Neues in der Weltraumtechnologie sein wird, wenn eine Wolke von Raumfahrzeugen in einer Entfernung von 100 bis 200 Kilometern von der Station mit ihren spezifischen Aufgaben fliegen wird.

Wladimir Solowjow, Chefkonstrukteur von der russischen Raumstation ROSS

Die Finanzierung soll im Januar 2022 beginnen, erklärt Solowjow über die russische Nachrichtenagentur TASS am 30. August. Das erste Basismodul, eine Forschungs- und Energieeinheit, die ursprünglich für den Start zur Internationalen Raumstation im Jahr 2024 vorgesehen war, soll bis 2025 fertiggestellt werden. 

Private Raumstation für Superreiche

Neben staatlichen Raumstationen könnte auch eine kommerzielle Station entstehen. Ein Befürworter dieses Vorhabens ist die NASA. Bis zum Ende des Haushaltsjahres 2025 soll die Phase der vorläufigen Entwurfsprüfung für eine kommerzielle Raumstation beginnen. Die möglichen Stationen sollen im erdnahen Orbit (LEO) die Erde umkreisen, erklärte Phil McAlister, Direktor für die Entwicklung der kommerziellen Raumfahrt im NASA-Hauptquartier, im März dieses Jahres.

So wie wir den Übergang [von der ISS] sehen, werden wir nicht einfach eines Tages die Lichter ausschalten. Wir werden einen Überlappungszeitraum haben, in dem wir den Betrieb der ISS über einen gewissen Zeitraum zurückfahren, während wir den Betrieb für LEO-Ziele erhöhen. Das gibt uns also etwas Zeit.

Phil McAlister, NASA-Direktor für die Entwicklung der kommerziellen Raumfahrt

An einer kommerziellen Station arbeitet derzeit das US-Unternehmen Axiom Space. Bis diese fertig ist, will die Firma Touristen zur ISS schicken. Die ersten Module dafür sollen ab 2024 an die Internationale Raumstation angebaut werden – quasi die Generalprobe für die eigene Raumstation. Laut dem Unternehmen wird die Axiom Station nach dem vollständigen Zusammenbau das Nutzvolumen der Internationalen Raumstation fast verdoppeln.

Eine künstliche Darstellung der kommerziellen Raumstation von Axiom Space.
Eine künstliche Darstellung der kommerziellen Raumstation von Axiom Space. Bildrechte: Axiom Space

Geheimnisvoll wird es beim US-Unternehmen Collins Aerospace. Am 23. August gab es bekannt, von einem ungenannten Kunden einen Auftrag in Höhe von 2,6 Millionen Dollar für die Lieferung von Lebenserhaltungssystemen für einen geplanten "privat betriebenen Außenposten in einer niedrigen Erdumlaufbahn" erhalten zu haben.

Shawn Macleod, Direktor für Geschäftsentwicklung bei Collins Aerospace, verrät, dass der Vertrag für eine lange Aufenthaltsdauer im Orbit abgeschlossen wurde. Alles andere hänge nun vom Kunden ab. Die gewünschte Hardware könnte das Unternehmen in wenigen Jahren liefern.

China plant gigantische Raumstation

So sehr das nach Science-Fiction klingt, es wird noch fantastischer: Laut der South China Morning Post will die chinesische Regierung ein "ultragroßes Raumschiff" bauen. Die Nationale Akademie der Wissenschaften hat dafür eine Machbarkeit-Studie in Auftrag gegeben. Damit soll in den nächsten fünf Jahren ein Plan für das kilometergroße Raumschiff, dass eher einer Raumstation gleichen dürfte, entstehen. Wichtig dabei: Die einzelnen Komponenten müssen deutlich weniger wiegen als bei heutigen Stationen. Somit wären weniger Raketenstarts nötig und gerade die sind bei Raumfahrtmissionen besonders teuer. 

Künstlerische Darstellung einer ultragroßen Raumstation.
Künstlerische Darstellung einer ultragroßen Raumstation. Wie die chinesische Station aussehen soll, ist noch nicht bekannt. Bildrechte: IMAGO / agefotostock

Die Station soll im All zusammengebaut werden, ihre Komponenten müssen aber weiterhin stabil bleiben. Immerhin soll die Super-Raumstation Platz für viele Menschen bereithalten. Ob es tatsächlich zu diesem monströsen Außenposten im All kommen wird, bleibt abzuwarten. In der Projektskizze steht, dass die Station für die "künftige Nutzung von Weltraumressourcen, die Erforschung der Geheimnisse des Universums und die langfristige Besiedlung der Erdumlaufbahn" strategisch wichtig sei.

Neue "Sterne" am Nachthimmel

Es wird also voller im All und heller am Nachthimmel. Denn eins ist klar. Werden die großen Station Realität, werden wir sie am Nachthimmel mit bloßem Auge sehen können, wenn ihre Flugbahn sie über Mitteldeutschland führt und sie die Strahlen der auf- oder untergehenden Sonne reflektieren. So wie es jetzt schon bei der ISS funktioniert, die wir in diesen Tagen am Morgenhimmel wieder von West nach Ost fliegend beobachten können.

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