Biodiversität Natur im Holzberg-Steinbruch: Lebensraum für Fledermäuse, Vögel und Kröten
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22. Dezember 2022, 08:25 Uhr
Der ehemalige Steinbruch Holzberg zwischen Eilenburg und Wurzen ist ein wahrer Hotspot der Biodiversität. Das Naturparadies ist allerdings bedroht, weil ein Tiefbauunternehmen das Gelände als Deponie nutzen möchte.
Wahrscheinlich ohne es je geplant zu haben hat der Mensch ein Naturparadies geschaffen: Im ehemaligen Steinbruch Holzberg nahe Böhlitz zwischen Eilenburg und Wurzen in Sachsen tummeln sich heute Vögel, Fledermäuse, Insekten, Kröten, Schlangen und andere Spezies. Viele davon finden außerhalb solcher brach gefallener Abbaugebiete kaum noch Lebensräume. Allein neun Fledermausarten leben in dem nur rund 50 Hektar großen Gebiet. Acht davon werden auf der roten Liste geführt, zwei sind als stark bedroht eingestuft.
Doch während sich die Länder der Welt im kanadischen Montreal gerade darauf geeinigt haben, bis 2030 weltweit mindestens 30 Prozent der Landfläche für den Erhalt der Artenvielfalt auszuweisen, ist das Kleinod in Sachsen bedroht. Ein Tiefbauunternehmen will den Steinbruch als Deponie nutzen und das Gebiet nach und nach mit dem Abraum von anderen Baustellen verfüllen. Gegen diese Pläne kämpft ein Bündnis aus Naturschützern, Kletterern und Anwohnern. Gutachten zeigen, warum ein Erhalt des Steinbruchs in seiner heutigen Form im Sinn des Montreal-Abkommens wäre.
Die stark bedrohte Schlingnatter findet im Holzberg optimale Bedingungen
Der Holzberg ist einer von vielen ehemaligen Steinbrüchen in Sachsen, hat aber eine Besonderheit. Anfang der 2000er Jahre wurde ein Teil des Abbaulochs aufgefüllt. Dadurch entstand eine flache Talsohle. Durch Regen und vermutlich auch durch aufsteigendes Grundwasser bildeten sich einige Teiche und feuchte Wiesen. Es entwickelte sich "ein Mosaik aus Wasserflächen und Röhrichtzonen", wie es die Untersuchung des Umweltgutachters Dr. Martin Seils aus Halle festhält. Zusammen mit der durch die Brucharbeiten entstandenen offenen Felskante und dem alten Laubmischwald oberhalb davon entstand eine Vielzahl verschiedener Biotoptypen auf engstem Raum.
Seils Büro war im Jahr 2018 damit beauftragt worden, die im Steinbruch lebenden Arten neu zu erfassen und so ein fundiertes Bild über den Wert des Naturraums zu erstellen. Über mehrere Monate kartierten Seils und seine Mitarbeiter Nist- und Jagdplätze von Fledermäusen, suchten nach Brutplätzen von Vögeln, beobachteten selten Krötenarten und fanden Schlangen, wie die Schlingnatter, die auf der roten Liste als stark bedroht eingestuft wird und die im ehemaligen Steinbruch geradezu ideale Bedingungen findet.
Fledermäuse finden Domizil in ehemaligem Werksgebäude am Steinhang
Die Gutachter fanden ein Nest einer einzelnen Schlange und einen Rest einer abgestreiften Haut. Wahrscheinlich sei aber, dass es im Steinbruch noch weitere Individuen der Art gebe. Denn die reichlich vorhandenen Zaun- und Mauereidechsen bieten reiche Beute für die Tiere, die in kleinen Spalten und Höhlen in der offenen Felskante leben und dort genügend Sonne abbekommen, um ihre Körpertemperatur regulieren zu können.
Ein an die Felskante gebautes ehemaliges Werksgebäude wiederum hat sich zum Domizil für Fledermäuse entwickelt. Die Gutachter beobachteten ein und ausfliegende Vertreter der stark bedrohten Mopsfledermaus. An ihren Rufen erkannten sie auch Langohren, darunter wahrscheinlich Vertreter der Grauen Langohren, die ebenfalls als stark bedroht eingestuft sind. Die Tiere flogen unter der Decke und riefen sich gegenseitig Soziallaute zu. Zudem stellten die Experten fest, dass die feuchte Felswand an der Rückseite der Halle praktisch perfekte Bedingungen für eine Überwinterung vieler Fledermäuse bietet.
Holzberg spielt bei bis zu 100 Vogelarten eine Rolle als Brut-, Rast- und Jagdgebiet
Dass einzelne Tiere noch spät in der Nacht zu ihrem Schlafquartier zurückkehrten, führte die Experten zu der Schlussfolgerung, dass die Fledermäuse einen weiten Flug zurückgelegt hatten. Möglicherweise habe der Steinbruch eine überregionale Bedeutung für die Tiere. Dank der Feuchtwiesen und kleinen Teiche findet auch diese Gattung reichlich Nahrung im Holzberg. Die Gutachter beobachteten einzelne Tiere bei der Jagd über den Wasserflächen und im Feuchtgrünland.
In den Schilfwiesen brütete zu diesem Zeitpunkt auch ein Rohrweihe-Paar. Die Greifvögel zählen neben Dorngrasmücke, Drosselrohrsänger, Fitis, Gartengrasmücke, Grünspecht, Kuckuck, Pirol, Teichralle und Zwergtaucher zu den insgesamt zehn bedrohten Vogelarten, die im Steinbruch heimisch sind. Für weitere 90 Arten spielt der Holzberg zumindest als Jagd- und Rastgebiet eine Rolle, etwa für die Uhus, die aus einem benachbarten Steinbruch herüberkommen. Auch die Rohweihen finden in der Umgebung ein großes Nahrungsangebot für die Aufzucht ihrer Brut.
Vielzahl unterschiedlicher Habitate begünstigt Artenvielfalt
Unter den Amphibien fielen den Gutachtern vor allem die relativ umfangreichen Bestände der Knoblauchkröte als "bemerkenswert" auf. Allerdings: Auch für diese Art herrschen praktisch optimale Bedingungen, denn es gibt ein breites Angebot an Laichgewässern für die Eiablage. Zudem können sich die Kröten in den Feuchtwiesen und an Steinhaufen gute Winterquartiere schaffen. Wahrscheinlich bietet der Steinbruch so ein Habitat für das ganze Jahr.
Das Gesamturteil über den Naturraum Holzberg fällt entsprechend positiv aus.
Insgesamt betrachtet bietet das Steinbruchgelände im jetzigen Zustand ein optimales Gefüge aus unterschiedlichen Habitatelementen (verzahnte Röhricht-/ Wasserflächen und Flachwasserbereiche, Felsen, halboffene Strukturen, Gehölzbestände), was eine hohe Artenvielfalt begünstigt. Es besitzt nicht nur eine große Bedeutung als Bruthabitat, sondern bietet auch für einzelne durchziehende Wasservögel gute Rastplatzbedingungen und Jagdmöglichkeiten für Greife und Eulen. Da die Steinbrüche im Umland entweder trocken liegen oder gänzlich mit Wasser geflutet sind, stellt der Steinbruch genau mit diesem Strukturmosaik in der weiteren Umgebung ein einzigartiges Trittsteinbiotop dar. Insbesondere von im Röhricht brütenden Arten (Rohrsänger, Rallen, Zwergtaucher, Rohrweihe) haben sich im Steinbruch die einzigen lokalen Populationen im weiteren Umfeld etabliert.
Petition hat bereits über 30.000 Menschen erreicht
Wie es mit dem Steinbruch weitergeht, ist indes noch nicht abschließend entschieden. Die Baufirma, der das Gelände gehört, hat einen Verkauf bisher zwar abgelehnt. Doch es laufen Verhandlungen mit dem Land und den Naturschützern. Die haben zudem eine Petition gestartet, bei der bereits über 30.000 Menschen unterschrieben haben. Ein Erhalt des Holzbergs wäre für Sachsen eine große Chance, einen echten Beitrag zum Erhalt der Biodiversität zu leisten.
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