Internationale Analyse Uni Leipzig: Babymilch-Werbung enthält falsche Versprechen
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28. Februar 2023, 05:00 Uhr
Eine internationale Studie hat mit Beteiligung der Uni Leipzig die Angaben auf Ersatzprodukten für Muttermilch erfasst und überprüft, wie viel Wissenschaft hinter den Zutaten von Muttermilch-Ersatzprodukten steckt.
Ein internationales Forschungsteam hat die Gesundheitsversprechen auf Muttermilch-Ersatz-Produkten und den dazugehörigen Internetseiten in 15 Ländern auf verschiedenen Kontinenten untersucht. Die Behauptungen auf den Ersatzprodukten sind Forscher und Studienmitautor Jon Genuneit zufolge insgesamt schlecht belegt. Genueit ist Professor für Pädiatrische Epidemiologie an der Universität Leipzig.
Babymilch: Wie werben die Hersteller dafür?
In der Studie wurden alle Angaben erfasst, die sich auf die Gesundheit und den Nährwert der Produkte oder ihrer Inhaltsstoffe bezogen und positiv mit Wachstum, Entwicklung oder Gesundheit der Säuglinge zusammenhängen sollen. Die Werbeversprechen von 757 Produkten wurden zunächst identifiziert sowie 1.884 Gesundheits- und Nährwertversprechen.
Für die detaillierte Analyse wurden dann 608 Produkte genutzt, die mit mindestens einem oder mehreren Versprechen angepriesen wurden. 53 Prozent dieser Produkte versprachen den Käufern beispielsweise, das Produkt "hilft/unterstützt die Entwicklung des Gehirns und/oder der Augen und/oder des Nervensystems". Bei 39 Prozent hieß es, das Produkt "stärkt/unterstützt ein gesundes Immunsystem" bzw. bei 37 Prozent, die Ersatzmilch "hilft/unterstützt Wachstum und Entwicklung".
Säuglingsnahrung: Viel Behauptung, wenig Beweise
161 von 608 Muttermilchersatz-Produkten belegten der Studie zufolge ihre Angaben mit einem Ergebnis aus der Forschung. Wenn tatsächlich auf Studien verwiesen wurde, waren es dann aber nur bei 14 Prozent klinisch registrierte Untersuchungen. 84 Prozent der Arbeiten, die die Wirksamkeit der Ersatzmilch belegen sollte, waren von der Nahrungsmittelindustrie finanziert oder waren mit ihr verbunden. Bei 74 Prozent der Ersatzprodukte, die mit gesundheitsbezogenem Nutzen warben, geschah dies ohne Hinweise auf wissenschaftliche Hintergründe. Für die Forschungsgruppe ergibt sich daraus eine klare Forderung: Der Rechtsrahmen für Muttermilchersatzprodukte müsse überarbeitet werden, um Verbraucher besser vor der aggressiven Vermarktung solcher Produkte und für sie nicht nachvollziehbaren oder geltenden Gesundheitsversprechen zu schützen.
Zweite große Untersuchung zum Thema Baby-Nahrung
Wie für diese Vermarktung die Industrie weltweit lügt und manipuliert, hatte erst Anfang Februar eine große Untersuchung von Forschenden aus Australien, Europa, Südafrika und den Vereinigten Staaten offengelegt. Auch deren Forderungen waren nach Analyse der Daten sehr klar. David McCoy, Professor an der United Nations University, formulierte sie so: "Wir brauchen einen strengeren internationalen Rechtsvertrag über die Vermarktung von Milchnahrung, der weltweit in das Gesetz aufgenommen wird."
Links/Studien
Die Forschungsarbeit wurde von einem internationalen medizinischen Netzwerk ohne gesonderte Forschungsförderung erstellt.
Die Studie "Health and nutrition claims for infant formula: international cross sectional survey" lesen Sie hier im Original.
lfw
Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | THÜRINGEN JOURNAL | 07. Juli 2022 | 19:00 Uhr