Zwei ältere Männer mit Halbglatze und weißem Resthaar sitzen in mitten eines riesigen Gerätes, einer Spule, die Magnetfelder erzeugt.
Physiker Dr. Thomas Herrmannsdörfer und Mediziner Prof. Richard Funk führten ihr Experiment am Hochfeld-Magnetlabor Dresden durch. In solch einer Spule wurden die gestörten Motoneuronen von ALS Patienten und Patientinnen stimuliert. Bildrechte: HZDR/Amac Garbe

Interdisziplinäres Forschungsteam aus Dresden Möglicher neuer Therapieansatz zur Heilung neurodegenerativer Erkrankungen wie ALS

16. Juni 2023, 08:56 Uhr

Ein interdisziplinäres Forschungsteam vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) und der Dresden International University hat im Zellversuch nachgewiesen, dass Magnetfelder gestörte Motoneuronen wiederherstellen können.

Motoneuronen senden Signale an die Skelettmuskulatur. Bei neurodegenerativen Krankheiten wie Amyotrophe Lateralsklerose (ALS) sind diese gestört und können deshalb keine Signale übermitteln. Die Muskeln erhalten keine Anweisungen, können nicht mehr arbeiten und schwinden. Bislang ist die Krankheit unheilbar und führt in der Regel innerhalb von zwei bis fünf Jahren zum Tod. Die neuen Studienergebnisse könnten die Grundlage für einen neuen Therapieansatz zur Heilung neurodegenerativer Krankheiten sein.

Das interdisziplinäre Team besteht aus Forschenden aus den Bereichen Physik, Medizin, Biologie und Biotechnologie. Sie haben die therapeutische Wirkung von Magnetfeldern auf gestörte Motoneuronen untersucht. Im ersten Schritt haben die Forschenden Hautzellen von Gesunden und ALS-Patientinnen und -Patienten zu Motoneuronen umprogrammiert. Diese verfügen über bis zu einem Meter lange Fortsätze (Axone), über die der Stofftransport und die Informationsübertragung erfolgen. Die Motoneuronen wurden dann in einer Petrischale über unterschiedlich lange Zeiträume unterschiedlichen Magnetfeldern ausgesetzt. Die Forschenden stellten fest: Der bei ALS-Zellen gestörte axonale Transport der Mitochondrien, welche die Kraftwerke der Zelle sind, und anderer Organellen wird durch die Stimulation mit Magnetfeldern reaktiviert. Außerdem kann die axonale Regeneration – also die Fähigkeit, wieder zu wachsen und sich zu vernetzen – wiederhergestellt werden. Darüber hinaus werden gesunde Zellen durch die Stimulierung nicht geschädigt.

Zwar ist diese Erkenntnis laut den Forschenden ein Meilenstein und ein sehr ermutigender Ansatz auf dem Weg zu einer möglichen ALS-Therapie, doch sie betonen auch, dass es detaillierte Folgestudien braucht. Dazu gehören zum Beispiel Langzeit- und In-vivo-Studien, sowie die Untersuchung der Reaktion der Zellveränderungen anderer neurodegenerativer Krankheiten wie zum Beispiel Parkinson, Chorea Huntington oder Alzheimer