Deutsche Menopause Gesellschaft fordert mehr Aufklärung Hormone in den Wechseljahren? Ärzte müssen individuell beraten

15. November 2024, 09:57 Uhr

Viele Frauen fühlen sich mit ihren Wechseljahresbeschwerden alleingelassen. Die Deutsche Menopause Gesellschaft fordert eine bessere Versorgung und rückt das Thema Hormontherapie bei ihrer 28. Jahrestagung in den Fokus.

Etwa neun Millionen Frauen sind derzeit in Deutschland in den Wechseljahren. Das kann mit Beschwerden einhergehen, die viele Frauen stark belasten. In einer Studie gab 2023 fast ein Drittel der von Wechseljahresbeschwerden betroffenen Frauen an, dass sie deswegen krankgeschrieben waren oder sogar unbezahlten Urlaub nahmen. Fast ein Viertel der Betroffenen hatte bereits den Umfang an Arbeitsstunden reduziert. Die Studie zeigt, dass die Beschwerden das Leben von Frauen stark beeinflussen und sie sich mit den Symptomen oft alleingelassen fühlen.

Die medizinische Versorgung von Frauen in der Menopause soll besser werden

Die Frauenärztin Kathrin Schaudig fordert, die medizinische Versorgung von Frauen in der Menopause müssen sich verbessern. Das betreffe zum einen die Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten auf diesem Gebiet, aber auch die Aufklärung von Frauen selbst. Schaudig ist Präsidentin der Deutschen Menopause Gesellschaft und setzt sich in diesem Rahmen auch für eine bessere Versorgung ein. Dazu gehöre insbesondere eine nationale Menopause-Strategie. Großbritannien hat bereits eine solche Strategie beschlossen.

Teil dieser Strategie könnte beispielsweise sein, dass Beratungsgespräche zur Menopause, die Ärztinnen und Ärzte durchführen, speziell honoriert werden.

Die Entscheidung für oder gegen eine Hormonersatztherapie ist komplex

Die in der Menopause relevanten endokrinologischen Aspekte sollen außerdem präsenter werden in der Ausbildung von angehenden Gynäkologinnen und Gynäkologen, fordert Schaudig. "Das Thema Hormone ist eher ein ambulantes Thema, wenn Ärzte in der Klinik ausgebildet werden, kommt das Thema dort kaum vor", erklärt die Frauenärztin. Würden sich die Ärztinnen und Ärzte dann mit einer Praxis niederlassen, bräuchten sie zusätzliche Kenntnisse.

Konkret geht es in der Therapie von Frauen mit Wechseljahresbeschwerden dann regelmäßig um die Frage, ob eine Hormonersatztherapie, bei der die weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron ersetzt werden, immer Sinn ergibt. "Man muss das im Einzelfall entscheiden und die Situation ist sehr komplex", betont Kathrin Schaudig.

WHI-Studie brachte Hormone in Verruf

Hormonersatztherapien in den Wechseljahren gibt es schon länger. 2002 löste die umfangreiche "Womens Health Initiative"-Studie eine Diskussion über die potenziellen Risiken der Hormongabe aus, weil sie einen Zusammenhang zwischen einer bestimmten Hormontherapie und einem leicht erhöhten Krebsrisiko zeigte. Das führte damals dazu, dass viele Ärzte keine Hormone mehr verschrieben. Aus heutiger Sicht interpretiert man die Befunde allerdings nicht mehr so absolut. Die Studie hatte ursprünglich nicht zum Ziel gehabt, Befunde zum Krebsrisiko zu liefern, sondern sollte vielmehr zu Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems im Zusammenhang mit Hormontherapien Befunde liefern. Es wurde auch nur ein einziges Hormonpräparat getestet, das heute nicht mehr üblich ist. Auch die Autoren der Studie selbst schränken die Geltung ihrer Ergebnisse mittlerweile ein, was zu einer gewissen Rehabilitation für Hormontherapien in den Wechseljahren geführt hat.

Dennoch sei die Entscheidung, ob eine Hormontherapie im individuellen Fall Sinn ergibt oder nicht, sehr komplex, betont Kathrin Schaudig. "Ohne den entsprechenden Leidensdruck verschreibe ich in der Regel keine Hormone", erklärt die Frauenärztin. Selbstverständlich müsse man während der Hormontherapie regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen der Brust durchführen, um etwaigen Krebs frühzeitig zu erkennen.

Diverse Begleiterscheinungen der Wechseljahre können gemildert werden

Unter diesen Vorbedingungen kann die Hormontherapie allerdings auch Begleiterscheinungen der Wechseljahre in diversen Bereichen verbessern. Dazu gehört vor allem ein Schutz gegen Osteoporose, ein geringeres Risiko für Diabetes Typ 2 und teilweise ein Schutz gegen Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bestehen in diesen Bereichen Vorerkrankungen oder familiäre Häufungen, sollte das ebenfalls in die Beratung einfließen.

Generell werden Hormontherapien beispielsweise nicht zur Behandlung von Osteoporose empfohlen, "wenn jemand mit 50 schon eine sehr geringe Knochendichte hat, würde ich aber auf jeden Fall ein Gespräch zu dem Thema empfehlen", sagt Schaudig.

Östrogene sollten bestenfalls über die Haut aufgenommen werden

Ebenso stellt sich die Frage, wie die Hormone am besten zugeführt werden. Frauenärztin Kathrin Schaudig sagt: "Mir ist wichtig, dass ich ab 60 Jahren Östrogene nur noch über die Haut geben will, denn sonst steigen das Thromboserisiko und Schlaganfallrisiko extrem." Progesteron dagegen könne nicht transdermal, also als Pflaster oder Gel auf der Haut, gegeben werden. Die Patientinnen müssen es schlucken oder als Vaginalzäpfchen zuführen.

Gerade beim entsprechenden Leidensdruck könne eine Hormontherapie während der Wechseljahre für Erleichterung sorgen, betont die Frauenärztin. Dann lohne es sich unter Umständen auch noch viele Jahre nach Beginn der Wechseljahre, mit der Therapie zu beginnen.

Kathrin Schaudig bespricht auch regelmäßig mit MDR AKTUELL-Moderatorin Katrin Simonsen die vielfältigen Symptome der Wechseljahre im Podcast "Hormongesteuert".

Links/Studien

Die Studie zu Wechseljahressymptomen von Frauen am Arbeitsplatz finden Sie hier zum Nachlesen.
Die WHI-Studie und ihre Fehlinterpretationen sind hier Thema.
Die Deutsche Menopause Gesellschaft trifft sich vom 15. bis 16. November 2024 zu ihrem Jahreskongress in Frankfurt/M.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 11. November 2024 | 17:15 Uhr

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