Von wegen alt und schwach Senioren kommen psychisch gesund durch Corona-Lockdown
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24. Juli 2020, 15:50 Uhr
Sie lassen sich nicht so schnell erschüttern. Senioren sind in der Corona-Pandemie krisenfest. Eine aktuelle Studie aus Leipzig weist jetzt nach, dass ältere Menschen eine gute psychische Widerstandskraft haben.
Senioren haben den Corona-Lockdown psychisch mehrheitlich stabil erlebt. Obwohl sie zur Risikogruppe für schwere Infektionsverläufe zählen, hat die Pandemie sie seelisch nicht erschüttert. Die Mehrheit der Senioren hat sich krisenfest gezeigt, ohne besondere - durch den Lockdown hervorgerufene - psychosoziale Folgen. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Studie des Instituts für Sozialmedizin der Universität Leipzig.
Wir wussten, dass jüngere Menschen durch die Pandemie psychosozial belastet sind. Dass alte und hochaltrige Menschen psychisch so stabil im Lockdown waren, hat uns überrascht.
Corona machte Senioren nicht depressiv
Forscher des Instituts für Sozialmedizin und Public Health (ISAP) befragten dafür über 1.000 Personen im Alter zwischen 65 und 94 Jahren zu ihren persönlichen Einstellungen zur Pandemie, zur psychosozialen Gesundheit und zu den Maßnahmen des Gesundheitsschutzes. Das Ergebnis ist verblüffend: Die Senioren fühlten sich im Lockdown nicht ängstlicher, depressiver oder einsamer als vor der Pandemie. Ihre Angaben unterschieden sich nicht von denen der deutschen Allgemeinbevölkerung vor Corona. Von den Befragten lebten 33 Prozent allein, davon waren 40 Prozent Frauen und 25 Prozent Männer.
Die psychosoziale Gesundheit älterer Menschen in Deutschland erwies sich während des COVID-19-Lockdowns insgesamt überraschenderweise als wenig verändert. Es wurde eine große Akzeptanz und auch Resilienz gegenüber der herausfordernden pandemischen Situation deutlich.
Unter den Teilnehmern der repräsentativen Studie seien allenfalls leichte psychologische Effekte bei bestimmten Subgruppen beobachtet worden, die "gegebenenfalls mehr Schwierigkeiten mit der Anpassung an die neue Situation hatten".
Lebenserfahrung als hilfreiche Stütze
Einen Grund für die Fähigkeit relativ gelassen mit der Pandemie umzugehen, sehen die Forscher in der Lebenserfahrung der Älteren. "Sie haben einen langen Lebensweg hinter sich, in der sie viel erlebt haben und auch immer wieder Lebenskrisen meistern mussten - sowohl im Beruf als auch privat oder auch Krankheiten", sagte Steffi Riedel-Heller, die Direktorin des Instituts für Sozialmedizin an der Universität Leipzig. Auch Untersuchungen, die auf eine ganze Lebensspanne angelegt seien, würden immer wieder zeigen, dass Belastungen von jüngeren Menschen intensiver empfunden werden.
Bessere soziale Unterstützung
Die Forscher fanden einen weiteren überraschenden Aspekt: Die soziale Unterstützung wurde sogar insgesamt als besser empfunden. Senioren, die telefonisch oder virtuell in engem Austausch mit Personen jenseits des eigenen Haushalts standen, fühlten sich der Studie zufolge besonders sozial unterstützt. Diejenigen, wo dies nur partiell der Fall war, wiesen hingegen mehr Stresssymptome auf. Insgesamt gaben 13 Prozent der befragten Senioren an, sich sozial isoliert gefühlt zu haben.
Senioren unterstützten Gesundheitsschutz
Die Studie zeigt außerdem, dass Senioren die Maßnahmen zum Gesundheitsschutz in sehr hohem Maße unterstützten: "Die älteren Menschen nahmen es dabei keineswegs auf die leichte Schulter, die Mehrheit war besorgt", erklärte Forscherin Susanne Röhr vom Isap Leipzig. "90 Prozent der Senioren waren mit den von der Regierung getroffenen Maßnahmen des Gesundheitsschutzes einverstanden und unterstützten diese."
Bislang wenige Kenntnisse über ältere Menschen in Corona-Zeiten
Bereits veröffentlichte internationale Studien über SARS-Virus-Ausbrüche fokussierten vielfach auf jüngere Menschen. Sie zeigen im Ergebnis klare negative psychosoziale Folgen von Isolations- und Quarantänemaßnahmen. Über die Reaktion älterer Menschen war dagegen bisher wenig bekannt. Das veranlasste das Forscherteam vom Institut für Sozialmedizin der Frage nach der Krisenfestigkeit der Älteren nachzugehen. Um den langfristigen Einfluss des Lockdowns auf die psychische Gesundheit älterer Menschen nachzuweisen, bedürfe es jedoch wiederholte Erhebungen im Verlauf der Pandemie, schreiben die Forscherinnen, die auch im Kompetenznetz "Public Health Covid-19" organisiert sind.
Weitere Untersuchungen geplant
In Zukunft wollen sich die Wissenschaftler das Befinden einzelner Gruppen von Senioren erforschen. Ein Fokus soll dabei auf den sozial isolierten Senioren liegen. Für neue Studien sei bereits Geld beantragt worden - unter anderem von der VW-Stiftung. "Wir hoffen, dass wir Befragungen in einer ganzen Zeitreihe durchführen können", sagte Riedel-Heller. "So können wir sehen, wie sich das psychische Befinden über einen längeren Zeitraum entwickelt. Manche Belastungen - das wissen wir aus der Literatur - wirken sich erst nach einiger Zeit aus."
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