Zwei Männer sitzen einzeln auf zwei Bänken mit großem Abstand zueinander
Wenn Menschen Abstand zueinander halten, kann die Ausbreitung des Virus verlangsamt werden. Viele Menschen leiden dann aber psychisch unter sozialer Isolation. (Symbolbild). Bildrechte: imago images/Ralph Peters

Kontaktbeschränkungen Soziale Isolation schädigt psychische Gesundheit

08. Mai 2020, 14:07 Uhr

Forscher der Uni Leipzig haben Studien zu den Folgen von Social Distancing und Quarantäne bei früheren Ausbrüchen von SARS und MERS ausgewertet. Häufig traten Depressionen und posttraumatische Belastungen auf.

Menschen brauchen die Beziehungen zu anderen Menschen, um psychisch gesund zu bleiben. Die Kontaktbeschränkungen und Quarantänemaßnahmen helfen zwar gegen die Ausbreitung des Coronavirus, sie haben aber negative Folgen für die Seele, können beispielsweise in Depression oder posttraumatische Belastungen münden. Das zeigen Daten aus Untersuchungen zu vergleichbaren Maßnahmen bei der ersten SARS-Epidemie und bei einzelnen MERS-Ausbrüchen.

Forscher unter der Leitung von Steffi Riedel-Heller von der Uni Leipzig haben im Rahmen des Kompetenznetzes zu Public Health Covid-19 Studien ausgewertet und zu einem Dossier zusammengefasst.

Jeder vierte Deutsche lebt allein und ist damit Teil der Risikogruppe

Besonders allein lebende Menschen werden oft hart von Kontaktbeschränkungen getroffen. In Deutschland betrifft das rund 27 Prozent aller Haushalte. Bei ähnlichen Maßnahmen während der SARS-1- und MERS-Ausbrüche berichteten Betroffene unter anderem über Depressionen, Ängste, Wut, Stress, gestörten Schlaf, Sorgen und Einsamkeit. "Diese erhöhten psychosozialen Belastungen treten während der Isolations- und Quarantänemaßnahmen auf, können aber auch noch Monate und gar Jahre nachwirken“, sagt Riedel-Heller, die Direktorin des Instituts für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) an der Uni Leipzig ist. Depressionen und posttraumatische Belastungssymptome gehörten zu den langfristigen Folgen.

Stark betroffene Risikogruppen waren unter anderem Menschen mit psychischen Vorerkrankungen und Mitarbeiter im Gesundheitswesen. Verstärkt wurden die Symptome, je länger die Quarantäne dauerte, wenn Einkommen verloren wurden oder sich die Versorgungslage verschlechterte. Milderung hingegen brachte eine klare Information über solche möglichen psychischen Folgen und soziale Unterstützung der Betroffenen.

Infektionsschutz und Schutz der psychischen Gesundheit schließen sich nicht aus

Viele Fragen konnten die gesichteten Studien allerdings nicht beantworten. "Dringender Forschungsbedarf besteht zu den psychosozialen Folgen von Isolations- und Quarantänemaßnahmen für ältere und hochbetagte Menschen“, sagt Susanne Röhr von der Uni Leipzig.

Die Infektionsschutzmaßnahmen seien richtig und müssten konsequent umgesetzt werden, sagt Professorin Riedel-Heller. Allerdings sollten die psychosozialen Folgen nicht außer Acht gelassen werden. "Der Schutz der psychischen Gesundheit sollte integraler Bestandteil im COVID-19 Krisenmanagement sein."

Methoden zum Schutz der psychischen Gesundheit

Dieser Schutz könnte durch drei Maßnahmen erreicht werden:

  1. Es müsse besser aufgeklärt werden über die Folgen von sozialer Isolation. Dadurch könnten Betroffene und Angehörige sensibilisiert werden und mögliche Symptome besser einordnen.
  2. Auch vorbeugende Maßnahmen gegen Depressionen seien hilfreich, etwa Tagesstrukturierung, Bewegungserhalt und gesunde Ernährung.
  3. Besonders gefährdete Gruppen, etwa Personen mit psychischen Vorerkrankungen, sollten mit psychotherapeutischen Angeboten unterstützt werden. Solche Therapieangebote könnten auch telemedizinisch erfolgen.

Im Kompetenznetz Public Health zu Covid-19 haben sich 25 wissenschaftliche Fachgesellschaften und Verbände zusammengeschlossen, um Expertise bereitzustellen zu den Folgen der Epidemie.

(ens)

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