ein Hochlandrind, im Hintergrund Vögel, die auf einer Weide sitzen.
In den USA zirkuliert das H5N1-Vogelgrippevirus unter Milchkühen. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Pond5 Images

Studie Vogelgrippevirus H5N1 steckt Säugetiere zunehmend effizienter an

08. Juli 2024, 17:00 Uhr

Das bei Milchkühen in den USA zirkulierende Vogelgrippevirus H5N1 wird offenbar besser darin, andere Säugetiere anzustecken. Das zeigt eine in Nature erschienene Studie. Experten sehen aber noch keine Pandemie-Gefahr.

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Das hochgefährliche Vogelgrippevirus H5N1 wird offenbar besser darin, auch Säugetiere anzustecken. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie, die jetzt im Fachblatt Nature erschienen ist. Laut den US-Forschern um Yoshihiro Kawaoka von der Universität von Wisconsin-Madison kann das Virus zunehmend besser an Sialinsäurerezeptoren andocken, die auch in den menschlichen Atemwegen vorkommen. Diese Rezeptoren fungieren wie Ankerstellen, die dem Virus den Eintritt in die Zellen ermöglichen. Experimente mit Frettchen zeigen allerdings auch, dass diese Übertragung in Säugetieren noch nicht effizient abläuft. Experten sehen daher aktuell noch keine Gefahr einer neuen Pandemie.

H5N1: Infektionen von Säugetieren werden effizienter

Seit März ist bekannt, dass H5N1 zwischen Milchkühen in den USA übertragen wird. Bisher bekannt sind Ausbrüche in insgesamt 138 Milchbetrieben in zwölf Bundesstaaten. Dokumentiert sind auch vier Fälle von Ansteckungen, bei denen Mitarbeiter der Betriebe betroffen waren. Die Forscher wollten daher genauer wissen, wie gut sich das Virus inzwischen an Säugetiere angepasst hat.

"Die gewonnenen Ergebnisse fügen dem aktuellen Wissensstand zu H5N1-Infektionen von Säugern wichtige neue Erkenntnisse hinzu", sagt der nicht an der Studie beteiligte deutsche Forscher Stephan Pleschka von der Justus-Liebig-Universität Gießen in einem Statement. "Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass das bovine HPAI-H5N1-Virus Merkmale aufweist, die eine Infektion und Übertragung bei Säugetieren erleichtern könnten."

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In der Milch übertragenes Virus kann auch Atemwege befallen

H5N1 wird wie alle Grippeviren vornehmlich über kleine Partikel in der Luft (Aerosole) auf die Atemwege eines Zielwirts übertragen. Solche Zielwirte waren bislang vor allem Vögel. Doch das ändert sich nun offenbar schrittweise.

Seit dem Bekanntwerden der Übertragungen zwischen Milchkühen haben Forschende bereits nachgewiesen, dass sich das Virus im Körper der infizierten Kühe verbreitet und so unter anderem die Milchdrüsen befällt. In der neuen Studie zeigen die Wissenschaftler jetzt, dass dieses durch die Milch übertragene Virus auch an Rezeptoren binden kann, die in den menschlichen Atemwegen vorkommen.

"Die Studie zeigt deutlich, dass das H5N1-Virus sich, wie alle Influenzaviren, stetig weiterentwickelt. Mit der beschriebenen veränderten Rezeptorbindungseigenschaft, die man bei den bislang bekannten H5N1-Viren so nicht gesehen hat, scheint es einen weiteren Schritt hin zum Säuger gemacht zu haben", schätzt Stephan Pleschka ein.

Frettchenmodell: Übertragung zwischen Säugetieren noch ineffizient

Eine Reihe anderer Experten beruhigt allerdings mit Blick auf die Ergebnisse weiterer Experimente. So konnte das Virus nur sehr begrenzt in einer Gruppe von Frettchen weitergegeben werden. Frettchen dienen als Versuchsmodelle. "Die Infektion von Frettchen, besonders die Übertragungsversuche, sind wichtig, um das Risiko einer möglichen Übertragung von Mensch zu Mensch abschätzen zu können. Humane Influenzaviren, die an den Menschen angepasst sind, sind sehr leicht zwischen Frettchen übertragbar, aviäre Influenzaviren hingegen nicht", erklärt Martin Schwemmle von der Universität Freiburg.

Auch Martin Beer vom deutschen Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit kommt zu dem Ergebnis: "Besonders die Übertragungsexperimente von Frettchen zu Frettchen, die keinen effizienten Virustransfer ergaben, bestätigen eine noch eingeschränkte Anpassung und das geringe zoonotische Potenzial des verwendeten H5N1-Isolates aus Kühen." Ein Übersprung des Erregers auf Menschen steht nach aktuellem Wissensstand also nicht unmittelbar bevor.

Martin Schwemmle fasst zusammen: "Die Studie zeigt sehr deutlich, dass dieses H5N1-Virus aus Kuhfarmen, aber auch andere H5N1-Viren bisher nicht die Eigenschaften besitzen, um für die Bevölkerung sehr gefährlich zu werden. Das H5N1-Risiko für die Bevölkerung kann daher nach wie vor als gering eingestuft werden, eine Einschätzung, die unter anderem auch vom amerikanischen Center of Disease Control (CDC) und dem europäischen Center for Disease Prevention and Control (ECDC) geteilt wird."

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Weitere Meldungen | 08. Juli 2024 | 17:15 Uhr

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