Krebsforschung Wie sicher sind kurzzeitig kultivierte CAR-T-Zellen in der Krebstherapie?
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26. März 2024, 08:06 Uhr
Kurzzeitig kultivierte, individualisierte CAR-T-Zellen könnten eine zukünftige Therapieoption für Patientinnen und Patienten mit Blutkrebs bieten. Anderes als bei konventionell hergestellten CAR-T-Zellen soll eine Behandlung schon binnen weniger Tage möglich sein. Nun haben Forschende des Paul-Ehrlich-Instituts in ihren Untersuchungen herausgefunden, dass der Einsatz dieser Zellen ein erhebliches Risiko starker Entzündungsreaktionen birgt.
Für Menschen, die an Blutkrebs erkrankt sind, ist eine der möglichen Behandlungsmethoden die Therapie mit CAR-T-Zellen. Sie wird in der Regel eingesetzt, wenn andere Therapieformen nicht mehr den gewünschten Erfolg bringen. Doch die Herstellung der CAR-T-Zellen ist langwierig und verhindert oft eine zeitnahe Behandlung. Deshalb wurde eine Strategie entwickelt, bei der die CAR-T-Zellen nur kurzzeitig kultiviert werden.
So reduziert sich die Herstellungszeit von Wochen auf Tage, mit unter sogar Stunden. Die CAR-T-Zellen sind so schnell verfügbar und die Behandlung kann schnellstmöglich erfolgen. Forschende des Paul-Ehrlich-Instituts haben nun untersucht, wie sicher der Einsatz dieser kurzzeitig kultivierten Zellen ist.
Erhöhtes Risiko des Zytokinfreisetzungssyndroms
Die Forschenden wiesen anhand eines Mausmodells und einem zellbasierten Test nach, dass kurzfristig kultivierte CAR-T-Zellen (kultiviert innerhalb von drei Tagen) im Vergleich zu konventionellen CAR-T-Zellen ein signifikant höheres Risiko für das Auslösen des Zytokinfreisetzungssyndroms (CRS) aufweisen. Dabei handelt es sich um eine systemische Entzündungsreaktion, die zum Teil lebensbedrohlich sein kann, denn es werden große Mengen von Botenstoffen des Immunsystems freigesetzt, die zu einer Entgleisung des Immunsystems führen können. Auch die schnelle Auslösung typischer CSR-Symptome innerhalb von nur 24 Stunden nach der Verabreichung der kurzzeitig kultivierten T-Zellen werten die Forschenden als äußerst relevantes Sicherheitsproblem.
Überraschend für die Forschenden war, dass die Freisetzung von Zytokinen, die für CRS relevant sind, unabhängig von der Anwesenheit von Tumorzellen erfolgte. In ihrer Arbeit, die in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift EMBO Molecular Medicine erschien, stellten die Forschenden einen zellbasierten Test vor, der die Freisetzung von CRS-relevanten Zytokinen rekapituliert.
Wie genau funktioniert eine CAR-T-Zellen Therapie?
T-Zellen sind neben vielen anderen verschiedenen Zellen Teil unseres Immunsystems. Für die CAR-T-Zellen-Therapie werden sie vom jeweiligen Patienten oder der Patientin aus dem Blut entnommen und in einem Labor verändert. CAR steht für 'chimärer Antigenrezeptor'. Eine Chimäre ist ein Mischwesen - das heißt die Forschenden erschaffen im Labor ein Mischwesen, genauer gesagt eine Zelle, die aus verschiedenen Komponenten besteht.
Dafür hat sich die Wissenschaft einem Trick der Natur bedient, denn man weiß, dass Viren in der Lage sind, die Funktionsweise von Zellen zu beeinflussen. Im Labor werden die T-Zellen mit Viruspartikeln versehen, die der Zelle vermitteln, dass sie ab dem jetzigen Zeitpunkt auf ihrer Oberfläche einen neuen Rezeptor ausbilden soll – in diesem Fall einen Rezeptor für CD-19, einem Oberflächenmarker für Tumorzellen. So kann das Immunsystem später gezielter gegen diese Zellen vorgehen.
Die veränderten T-Zellen, also jetzt CAR-T-Zellen, vermehren sich dann unter Laborbedingungen und werden dem Patienten oder der Patientin anschließend wieder in den Körper injiziert.
Umwandlung bei kurzzeitig kultivierten CAR-T-Zellen nicht abgeschlossen
Die Forschenden des Paul-Ehrlich-Instituts stellten bei ihren Untersuchungen außerdem fest, dass die Umwandlung der CAR-T-Zellen bei den kurzzeitig kultivierten Zellen noch nicht vollständig abgeschlossen war. Sie fanden in ihren Proben mehr lentivirale Vektorpartikel, aber dafür weniger ausgebildete Antigenrezeptoren auf der Oberfläche der veränderten T-Zellen.
Hier identifizieren die Forschenden ein mögliches Sicherheitsrisiko, etwa die Übertragung von Genen auf Zellen, die nicht zum Ziel gehören. Die Ablösung von zelloberflächengebundenen Vektorpartikeln von kurzzeitig kultivierten CAR-T-Zellen oder die Bindung dieser an andere Zellen könnte zu einem unerwünschten Gentransfer führen. Tritt das bei Tumorzellen von Patienten oder Patientinnen auf, könnte das fatale Folgen haben.
Umfassende Sicherheitstests nötig
Aufgrund ihrer Studienergebnisse plädieren die Forschenden dafür, dass die kurzzeitig kultivierten CAR-T-Zellen besonderer Sicherheitstests bedürfen. Dazu zählt auch die genau Überprüfung der Dosierung, die bei kurzzeitig kultivierten CAR-T-Zellen möglicherweise niedriger sein sollte als bei konventionellen CAR-T-Zellen.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 30. Dezember 2023 | 19:00 Uhr
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