Übergewicht Männlich, jung und dick: hohes Risiko für Krankheiten
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04. Oktober 2021, 18:00 Uhr
Über die Hälfte aller Erwachsenen sind in Deutschland übergewichtig. Das ist mit einem hohen Risiko für Krankheiten verbunden. Jedoch gibt es große Unterschiede zwischen Frauen und Männern. Trotz eines niedrigeren Körperfettanteils sind Männer mehr durch Begleiterkrankungen gefährdet als adipöse Frauen. Das hat auch einen ganz einfachen Grund.
Adipositas gilt als Zivilisationskrankheit mittlerweile epidemischen Ausmaßes. Mehr als die Hälfte der Erwachsenen in Deutschland sind übergewichtig, fast ein Viertel sogar krankhaft übergewichtig. Doch offenbar gibt es hier auch große Unterschiede. Wie Wissenschaftler des Universitätsklinikums Regensburg in einer Studie herausfanden, haben stark adipöse Männer ein höheres Risiko zu erkranken als adipöse Frauen mit ähnlichem Gewicht. Die Studie wurde im Rahmen der Herztage 2021 der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie vorgestellt.
Übergewicht besonders für junge Männer riskant
Demnach wiesen Männer deutlich häufiger Zucker- und Fettstoffwechselstörungen sowie Bluthochdruck – zusammen das metabolische Syndrom – auf als Frauen. Besonders stark waren die Unterschiede bei Menschen unter 40 Jahren. Insgesamt 73 Prozent der Männer und nur 37 Prozent der Frauen waren in dieser Altersgruppe betroffen.
Fast keine gesunden adipösen Männer
Die Forschenden klassifizierten Adipöse, die abseits des Körperfettanteils keine weiteren Kriterien des Metabolischen Syndroms erfüllten, als "gesunde Adipöse". Die Gruppe der "gesunden Adipösen" war bei den adipösen Männern quasi nicht vorhanden. Lediglich vier Prozent der Männer erwiesen sich tatsächlich als "nur" adipös, hingegen erfüllten 16 Prozent der Frauen die Kriterien.
Adipositas (Fettleibigkeit) Laut Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) liegen die BMI-Werte bei Normalgewicht zwischen 18,5 und 24,9. Ab einem Body-Mass-Index von 25 spricht man von Übergewicht und ab 30 von Adipositas (Fettsucht).
Welche Rolle spielt das Körperfett?
Doch warum ist das Risiko für Begleiterkrankungen bei Frauen so viel geringer, obwohl sie einen höheren Körperfettanteil haben? Die Forschenden vermuten verschiedene Gründe. Erstens setzt das Fett bei Frauen und Männern an unterschiedlichen Körperstellen an. Bei Frauen sind dies eher die Hüften und das Gesäß, bei Männern eher der Bauch.
"Obwohl Frauen einen höheren Körperfettanteil aufweisen, haben sie ein geringeres Risiko zu erkranken als Männer im gleichen Alter – die Gründe hierfür sind bisher noch nicht vollständig geklärt", erklärte Christina Strack, Mitautorin der Regensburger "Weight Reduction and Remodeling" Studie. Die Akkumulation des Fetts am Bauch scheine jedoch eine wichtige Rolle zu spielen.
Frauen und Männer speichern Fett verschieden
Ein relevanter Faktor ist den Forschenden zufolge auch die Art, wie unterschiedlich Männer und Frauen ihre Fettreserven speichern. Während Frauen ihr Fett vor allem unter der Haut (subkutan) anlegen, speichern Männer eher in der Nähe ihrer Organnähe (viszeral). Die ist aber weitaus gefährlicher, weil das viszerale Fett nicht nur Auswirkungen auf den Stoffwechsel hat, sondern auch Entzündungen fördert.
Weitere Studien notwendig
Um alle Gründe für das unterschiedliche Risiko bei adipösen Männern und Frauen zu ergründen, sind den Forschenden zufolge noch weitere Untersuchungen erforderlich. Für die aktuelle Studie wurden 356 Adipositas-PatientInnen und 76 Personen einer nicht adipösen Vergleichsgruppe auf Körperform, Alter, Alkoholkonsum, Bewegung und Ernährung untersucht.
Millionen Tote jedes Jahr
Weltweit sterben etwa 2,8 Millionen Menschen jährlich an den Folgen von Übergewicht und Fettsucht. In Deutschland sind nach Angaben der Deutschen Adipositas Gesellschaft zwei Drittel (67 Prozent) der Männer und die Hälfte (53 Prozent) der Frauen übergewichtig. Ein Viertel der Erwachsenen (23 Prozent Männer, 24 Prozent Frauen) wird sogar Fettleibigkeit attestiert.
Arme besonders gefährdet
Den Angaben zufolge laufen besonders Personen mit einem niedrigen sozioökonomischen Status Gefahr, an Adipositas zu erkranken. Das Gewicht kann also als Zeichen des gesellschaftlichen Status und auch als Indikator für gerechte und auch ungerechte Gesellschaften gesehen werden. Nach einer Prognose des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung könnte im Jahr 2050 fast die Hälfte der Weltbevölkerung (45 Prozent) übergewichtig sein. Gleichzeitig leiden Millionen Menschen an Untergewicht.
(kt)