Gentechnik Fiese Mücken einfach wegzüchten?

26. Juli 2024, 10:53 Uhr

Der milde Winter und viel Regen im Frühsommer – das sind vermutlich die Hauptursachen für die vielen Mücken, die wir gerade erleben. Forscher arbeiten daran, Mückenplagen mit Gentechnik einzudämmen.

Es summt und piekt überall. Die Mücken sind los. Was Sie dagegen tun können, das haben unsere Kollegen in Sachsen-Anhalt bereits aufgeschrieben. Es hat viel mit Geruch zu tun. Aber selbst die Auswahl unserer Kleidung kann beeinflussen, ob wir gestochen werden. Die Grundregel lautet: Vermeiden Sie Rot!

Dass es uns in diesem Jahr wieder erwischt, ist kein Zufall. Schon im Frühjahr hatte Insektenforscher Matthias Nuß vom Senckenberg Museum für Tierkunde in Dresden erklärt, dass die milden Winter und höheren Jahrestemperaturen für die meisten Stechmückenarten günstige Bedingungen schaffen. Der Regen in den vergangenen Wochen war ein idealer Nährboden. Es gab genug Pfützen, Tümpel, überschwemmte Wiesen, in denen Mücken ihre Eier ablegen konnten. Jeder Sonnentag nach dem Regen wirkte wie ein Brutbeschleuniger. Und schon kamen die Mücken – nur die Weibchen – und zapften uns an. Denn sie brauchen unser Blut für ihren Nachwuchs. Erst, wenn die Tümpel alle trocken liegen, kommt die Entwicklung der Mücken zum Erliegen, so Forscher Nuß.

In Deutschland gibt es 28 Mückenfamilien

Bei den Mücken ist es übrigens wie so oft: Es sind nicht alle schlecht, aber ein paar wenige versauen das Image. Allein in Deutschland gibt es 28 Mückenfamilien, erklärt Mückenexpertin Doreen Werner. "Und die Stechmücken sind nur eine dieser Familien. Das heißt, es gibt viele unterschiedliche Mückenfamilien, die alle ökologischen Nischen besetzen." Vögel, Fledermäuse, auch räuberisch lebende Insekten ernähren sich von ausgewachsenen, fliegenden Mücken. Mückenlarven wiederum gehören zum Speiseplan von Wassertieren – vor allem Fischen und Amphibien. Und die fressen bevorzugt eine Stechmückenart, die wir nicht leiden können: Kriebelmücken.

Dass die Mücken der Zukunft gefährlicher werden, erleben wir heute schon. Das beste Beispiel ist die Tigermücke, die sich immer weiter nach Norden ausbreitet. Noch sind die Populationen überschaubar. Aber die Tigermücke ist eine ernste Gefahr, denn sie überträgt mehr als 20 Viren, sagt Insekten- und Infektionsforscher Helge Kampen. "Darunter finden sich das Dengue-Virus, das Chikungunya- Virus und auch das West-Nil-Virus. Alle Krankheiten sind in Südeuropa in letzter Zeit wiederholt ausgebrochen und es gab zahlreiche Einzelfälle."

Mücken: Kontrolle durch Züchtung

Kann man der Mückenplage Herr werden, indem man die Insekten genetisch verändert? Die Idee ist nicht neu und auch nicht unumstritten. So gab es Versuche in Brasilien, die dazu führen sollten, dass die Nachkommen der Mücken nicht überlebensfähig sind.

Forschende der Virginia Polytechnic Institute and State University, kurz Virginia Tech, in den USA haben jetzt einen neuen Ansatz für die Mückenkontrolle gefunden. Ausgangspunkt ihrer Untersuchung war die Idee, genetische Ziele zu finden, die "für die Kontrolle von Mückenpopulationen nützlich sind und möglicherweise eine Alternative zu Insektiziden bieten", so die Forscher in ihrer Mitteilung. Denn Insektizide hätten sich in der Vergangenheit bei der Kontrolle der Mückenpopulation zwar als relativ wirksam bewährt, würden jetzt aber neu bewertet, da ihre Wirksamkeit deutlich nachlasse und sie nicht umweltfreundlich seien.

Nur die Männchen bleiben übrig

Das Virginia Tech-Team kreuzte die Gelbfiebermückje Aedes aegypti, eine der weltweit wichtigsten Viren-Überträgerinnen, mit ihrer Schwesterart Aedes mascarensis aus dem Indischen Ozean. Bei der Rückkreuzung zeigte sich, dass etwa zehn Prozent der Nachkommen nicht fortpflanzungsfähig waren. "Diese Studie kann dazu beitragen, neue Gene für Geschlechtsbestimmungswege zu identifizieren, die in Strategien zur Moskitobekämpfung eingesetzt werden können", wertet Igor Sharakhov, einer der Forscher des Projekts die Ergebnisse. Denn das Verständnis dieser genetischen Faktoren könnte helfen, Strategien zur Schaffung rein männlicher Mückenpopulationen zu entwickeln.

Dass solche Methoden bei der nächsten Mückenplage in Mitteldeutschland eingesetzt werden, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Denn erstens befindet sich die Forschung noch am Anfang und zweitens würden die Ergebnisse vermutlich zuerst in Regionen angewandt, wo Mücken eine wirkliche Plage sind und überall lebensbedrohliche Krankheiten wie Krankheiten wie Zika und Dengue-Fieber verbreiten.

Links/Studien

Die Studie "Hybridisierung zwischen Aedes aegypti und Aedes mascarensis führt zur Störung der männlichen Geschlechtsbestimmung" ist in communications biology erschienen.

gp

 Die Asiatische Tigermücke - hier unter dem Mikroskop. 3 min
Die Asiatische Tigermücke - hier unter dem Mikroskop - ist inzwischen auch in Teilen Deutschlands verbreitet. Sie ist gefürchtet, denn sie ist ein Vektor - also Überträger - für rund 20 Tropenkrankheiten, dazu gehören das Chikungunya- und das Dengue-Fieber, sowie das West-Nil-Virus. Bildrechte: MDR/Heike Dickebohm

Mo 09.11.2020 13:24Uhr 03:27 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/aktuell/asiatische-tigermuecke-102.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

 Die Asiatische Tigermücke - hier unter dem Mikroskop. 3 min
Die Asiatische Tigermücke - hier unter dem Mikroskop - ist inzwischen auch in Teilen Deutschlands verbreitet. Sie ist gefürchtet, denn sie ist ein Vektor - also Überträger - für rund 20 Tropenkrankheiten, dazu gehören das Chikungunya- und das Dengue-Fieber, sowie das West-Nil-Virus. Bildrechte: MDR/Heike Dickebohm
3 min

Mo 09.11.2020 13:24Uhr 03:27 min

https://www.mdr.de/wissen/videos/aktuell/asiatische-tigermuecke-102.html

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Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | 18. Juli 2024 | 06:50 Uhr

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