Insektenforschung Wozu sind eigentlich Mücken gut?
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20. März 2024, 13:31 Uhr
Werden Sie auch oft von Mücken gestochen? Dann haben Sie sich bestimmt auch schon oft gefragt: Wozu überhaupt Mücken? Die verbreiten doch nur Krankheiten und wollen unser Blut!
2024 können wir uns auf eine Mückenplage einstellen. Das sagte der Dresdner Insektenforscher Matthias Nuß kürzlich. Die feuchte Witterung bietet dafür die Grundlage. Wir ärgern uns über das Gesumme und versuchen, uns vor Mückenstichen zu schützen. Dabei fragt man sich oft: Wozu sind Mücken überhaupt nützlich? Die Antworten in Kurzform:
• Für viele Tiere sind Mücken wichtige Nahrung.
• Mücken bestäuben Pflanzen, wichtige Pflanzen!
• Es gibt viele verschiedene Mückenarten, nur ein paar davon wollen unser Blut.
• Und das schon mal vorweg: Kalte Winter machen Mücken nichts.
Wenige Mücken versauen das Image
Die vorherrschende Meinung zum Thema Mücken lautet: Diese blutsaugenden Viecher braucht kein Mensch! Sie ärgern uns, rauben den Schlaf, vermiesen den Aufenthalt im Freien und verursachen Juckreiz oder sogar Schmerz an der Einstichstelle der Haut. Also: Wofür sind diese Plagegeister nützlich? Dr. Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) in Müncheberg bei Berlin ist ausgewiesene Mückenexpertin und sagt:
Wenn Sie an Mücken denken, dann denken Sie an Stechmücken. Wenn ich an Mücken denke, dann geht bei mir eine ganz große Bandbreite auf.
Denn allein in Deutschland gibt es 28 Mückenfamilien, so Werner. "Und die Stechmücken sind nur eine dieser Familien. Das heißt, es gibt viele unterschiedliche Mückenfamilien, die alle ökologischen Nischen besetzen." Vögel, Fledermäuse, auch räuberisch lebende Insekten ernähren sich von ausgewachsenen, fliegenden Mücken. Mückenlarven wiederum gehören zum Speiseplan von Wassertieren – vor allem Fischen und Amphibien. Und die fressen bevorzugt eine Stechmückenart, die wir nicht leiden können: Kriebelmücken.
Die Kriebelmücken-Larven stellen 70 bis 80 Prozent der Fischnahrung. Das ist schon ein beachtlicher Anteil.
Fische brauchen die stechenden Kriebelmücken also dringend für ihr Überleben. Dass diese Kriebel-, aber auch die Stechmücken und Gnitzen wiederum Säugetiere anzapfen, gehört zum Kreislauf des Lebens. Denn sie brauchen ja eine Blutmahlzeit für ihre Reproduktion. Aber die Stechmücken geben uns auch etwas zurück, denn sie sind nicht nur Teil der Nahrungskette, erläutert Mückenexpertin Dr. Doreen Werner:
"Letztendlich findet die Ernährung von Nektar bzw. Pflanzensäften statt. Und während dieses Blütenbesuches bestäuben sie die unterschiedlichsten Pflanzen. Und die Palette ist so groß – es ist aber nicht untersucht, weil bei uns Mücken mit so negativen Kriterien behaftet sind, dass wir vergessen haben, auch das Positive im Blick zu behalten." Gleiches gilt übrigens für Fliegen, die auch Bestäuber und uns lästig sind.
Ohne Mücken keine Schokolade?
Speziell die Stechmücken betreffend haben Forscher unlängst entdeckt, dass wir ohne ihre Hilfe bald weniger Schokolade genießen könnten. Denn Stechmücken und Gnitzen leisten, beispielsweise in Indonesien, großartige Arbeit. Das hat Yann Clough, Professor für Umweltwissenschaften an der Uni Lund in Schweden, herausgefunden:
Diese Mücken sind klein genug, um an die kleinen Blüten des Kakaos ranzugehen und übertragen dort den Pollen von anderen Kakaobäumen. Dadurch kommt es zu der Kreuzbefruchtung und es bildet sich eine Kakaofrucht.
Mücken sind besser als ihr Ruf
Nun erledigen diesen wichtigen Job ja nicht unsere, sondern verwandte südost-asiatischen Stechmückenarten. Professor Yann Clough zieht dennoch eine Parallele: "Es zeigt natürlich, dass auch Insekten oder Insektentypen, die wir für nur schädlich halten, dass sie auch einen gewissen Nutzen haben können. Und, dass die Mücken – generell als Gruppe – nicht nur lästig sind, sondern auch interessant sein können. Und, dass wir dann auch einen Nutzen davon haben – mit der Schokolade zum Beispiel, aus dem Kakao."
Deutschlands Mückenexpertin Dr. Doreen Werner vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung kann auch für unsere Breiten Pflanzenfamilien benennen, auf die sich Mückenarten spezialisiert haben: "Das sind zum Beispiel Doldenblütler, oder Bäume, die doldenähnliche Frucht- oder Blütenstände haben, auf denen wir sehr häufig Stechmücken finden. Aber, wie gesagt, da steckt die Forschung noch in den Kinderschuhen und da ist in den nächsten Jahren noch sehr viel zu tun."
Werden Sie Mückenjäger – für die Wissenschaft
Jede und Jeder kann dabei helfen und Mückenjäger werden. Das heißt nicht, verärgert zuzuschlagen, sondern beim Erstellen des Mückenatlas helfen, den Dr. Doreen Werner zusammen mit Dr. Helge Kampen vom Friedrich-Loeffler-Institut ins Leben gerufen hat und bis heute betreut. Sie bittet darum: "Mit einem kleinen Gläschen sollen die Mücken eingefangen werden – egal, ob die an der Wand sitzen oder beim Grillabend anfliegen. Dieses Gläschen dann über Nacht in das Gefrierfach legen, damit die Mücke abgetötet wird. Und dann kann man am nächsten Tag das Tierchen – ohne es anzufassen – in eine Streichholzschachtel umschütten und zusammen mit dem Einsendeformular an uns einschicken."
Neben der Bestimmung der Stechmückenart erhalten Einsendende Tipps, wie sie sich speziell gegen diese Mücke schützen können. Wer übrigens glaubt, dass ein nächster harter Winter, ähnlich wie der Gefrierschrank, das private Mückenproblem löst, irrt sich. Eher sind es Temperaturen um den Gefrierpunkt und damit auftretende Pilzsporen, die der Mückenpopulation schaden.
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