Astronaut:innen-Ausbildung Die ESA sucht Astronaut:innen
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16. Februar 2021, 19:00 Uhr
Bereits auf der Jahrespressekonferenz des Generaldirektors hat die Europäische Raumfahrtbehörde ESA angekündigt, dass sie wieder Astronauten ausbilden will. Anfang Februar war dann klar: Die ESA ermutigt vor allem Frauen, sich für die Astronautenausbildung zu bewerben. Am 31. März startet die Bewerbungsphase. Doch es gibt noch eine weitere Überraschung.
Der Weltraum ist ein hartes Pflaster, nur wenige Menschen haben es erreicht. Vor allem aus Deutschland haben es bis jetzt nur Männer geschafft. Der nächste deutsche Mann im All wird Matthias Maurer werden, der mit seiner Mission Comic Kiss im Herbst zur Internationalen Raumstation ISS aufbrechen soll. Er ist der einzige Astronaut des aktuellen Kaders der Europäischen Raumfahrtbehörde ESA, der noch nicht im Weltraum war.
Der Mangel an europäischen Frauen im Weltraum soll sich nun ändern. Mit ihrer neuen Ausschreibung ermutigt die ESA ausdrücklich Frauen, sich zu bewerben. "Diversität ist für die Weltraumagentur von größter Wichtigkeit", heißt es seitens der ESA in der Pressemitteilung vom 8. Februar. Auf der Pressekonferenz vom 16. Februar wurde dann klar, was das genau heißt.
Zwei verschiedene Ausbildungsprogramme
Es wird zwei Arten von Ausbildungen geben, erklärt David Parker. Er ist der ESA-Direktor für menschliche und robotergestützte Exploration. Zum einen gibt es die reguläre Ausbildung zum Karriere-Astronaut und zur Karriere-Astronautin. Diese unterscheidet sich nicht großartig von der bisherigen Ausbildung. Die kandidierenden Personen sollen für komplexe Missionen zur ISS oder später sogar zum Mond trainiert werden. Vier bis sechs dieser Karriere-Astronauten und -Astronautinnen werden derzeit gesucht.
Dann gibt es zum ersten Mal die Reserve-Astronauten und -Astronautinnen. Diese sollen für einfache Missionen ausgebildet werden, die aber auch auf der ISS stattfinden können. Eine weitere Möglichkeit wäre die Unterstützung bei kommerziellen Flügen. In diesem Ausbildungsprogramm sucht die ESA sogar 20 Personen.
Erste Para-Astronauten-Ausbildung
Zwar will die Behörde mehr Frauen dazu ermutigen, sich zu bewerben. Eine Diversity-Quote wird es aber nicht geben, erklärt Chiara Manfletti. Sie ist die Leiterin der Abteilung Politik und Programmkoordination bei der ESA:
Wir setzen viel Wert auf Chancengleichheit, auf ein inklusives Arbeitsumfeld. In dieser Hinsicht begrüßen wir Kandidatinnen und Kandidaten mit den jeweiligen Qualifikationen – unabhängig von Geschlecht, ethischem Hintergrund und so weiter.
Die ESA geht aber noch einen Schritt weiter: "Zum ersten Mal in der Geschichte der Menschheit möchten wir als ESA Leute bewegen, an unserem Disability-Projekt teilzunehmen", so Manfletti. Die Raumfahrtbehörde wird somit eine Vorreiterrolle in der Ausbildung von der ersten Para-Astronautin oder dem ersten Para-Astronaut einnehmen.
Rüdiger Seine, der Leiter des Space Training Teams, erörtert, was das genau bedeutet: "Wir sind der Ansicht, dass nicht die körperlichen Anforderungen den Astronauten definieren. Die intellektuellen und sozialen Kompetenzen sind uns wichtig und wir wollen die Grenze mit diesem Projekt ein Stück weiter schieben." Die ESA will gemeinsam mit ihren Partnern versuchen, eine solche Mission zu meistern, solange der wissenschaftliche Zweck einer Weltraummission nicht in den Hintergrund gerät.
Wir wollen sehen, was notwendig ist, um einen Menschen mit körperlichen Einschränkungen auf eine Raumstation zu bringen. Wir können im Moment nicht versprechen, dass wir zu einem bestimmten Zeitpunkt einen Astronauten mit Behinderung zur Raumstation fliegen können.
Für das Pilotprojekt heißt das zunächst, dass Personen mit einer körperlichen Beeinträchtigung unterhalb des Knies, extrem unterschiedlichen Beinlängen und einer Körpergröße von unter 1,30 Meter zur Ausbildung zugelassen werden. Die Raumfahrtbehörde möchte jeden ermutigen, der die Grundvoraussetzungen erfüllt, sich an der Ausschreibung zu beteiligen.
Wer darf sich bewerben?
Bewerben dürfen sich Personen aus den 22 Mitgliedsstaaten der ESA, die zum Bewerbungszeitpunkt nicht älter als 50 Jahre sind. Außerdem muss ein Master- oder gleichwertiger Abschluss in den Fächern Physik, Biologie, Chemie, Mathematik, Ingenieurwesen oder Medizin vorliegen, dazu mindestens drei Jahre Berufserfahrung. Darüber hinaus müssen die Bewerber und Bewerberinnen die englische sowie eine weitere Sprache beherrschen.
Mitgliedsstaaten der ESA
Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Großbritannien, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, Schweiz, Spanien, Tschechische Republik,Ungarn.
Die Voraussetzungen, um in die engere Auswahl zu kommen, sind bereits eine Herausforderung. Für den schwierigen und gefährlichen Beruf des Raumfahrers oder der Raumfahrerin ist dies aber angebracht. Immerhin verbringen die meisten ESA-Astronauten und -Astronautinnen mehrere Wochen und Monate in einer Raumstation, die sich im stetigen freien Fall befindet. Die ISS fliegt in über 400 Kilometer Höhe über den Globus hinweg und muss dabei immer wieder Korrekturmanöver einleiten. Auf dem äußersten menschlichen Außenposten wird man mit einer Handvoll weiteren Raumfahrern viel Zeit in Isolation verbringen. Bereits in der Ausbildung wird man Wochen und Monate fernab von Familie und Freunden arbeiten.
Es ist ein weites Feld von Dingen, die einen interessieren müssen. Sonst hat man die Energie nicht, das durchzuhalten. Diese Ausbildung ist schon lang und hart, und so eine Vorbereitung für einen Raumflug, da gibt es schon Momente, wo man auch mal zweifeln kann. Und wenn man keinen Spaß bei der Arbeit hat, dann hält man das, glaube ich, nicht wirklich durch.
Im Gegenzug verpflichtet sich die Raumfahrtbehörde, jedem ihrer Astronauten und Astronautinnen mindestens zwei Mission zu gewähren. Zwei Missionen, in denen sie das Wunder Erde von oben betrachten dürfen. Der deutsche ESA-Astronaut Alexander Gerst sagte einst:
Wer da oben ehrlich ist, sieht, wie fragil das Ökosystem der Erde ist, mit einer hauchdünnen Atmosphäre drum herum.
Der aktuelle Astronautenkorp der ESA
Vor zwölf Jahren hatte die ESA das letzte Mal zur Astronauten-Ausbildung aufgerufen. Damals bestand die ESA aus 17 Mitgliedstaaten, aus denen 8.413 Bewerbungen eingegangen waren. Nur 1.430 Frauen hatten sich beworben und in dem noch bestehenden Astronautenkorps hatte es nur eine Frau geschafft: Die Italienerin Samantha Cristoforetti, die insgesamt fast 200 Tage im Weltall verbracht hat.
Die anderen sechs Astronauten sind allesamt Männer. Zwei von ihnen kommen aus Deutschland. Alexander Gerst war bereits zweimal auf der ISS, Matthias Maurer hat seinen Jungfernflug noch vor sich. Neben Cristoforetti gehört noch ein weiterer Italiener zu den aktiven Mitgliedern: Luca Parmitano, der mit fast 367 Tagen im All den europäischen Rekord hält.
Der Franzose Thomas Pesquet war bereits einmal auf der ISS. Im April wird er ein zweites Mal zur Raumstation aufbrechen. Er wird der erste europäische Astronaut sein, der mit der „Crew Dragon“-Kapsel vom privaten Raumfahrtunternehmen SpaceX ins All fliegen wird.
Dann gibt es noch den Briten Timothy Peake, der 2015 mit einem Sojus-Raumschiff zur ISS gebracht wurde und den ersten Dänen im Weltall: Andreas Mogensen, der 2015 neun Tage und 20 Stunden im All verbracht hatte.
Eine weitere ESA-Ausschreibung endet am 1. März
Neben der Astronaut:innen-Ausbildung gibt es noch eine weitere Ausschreibung der ESA, deren Bewerbungsfrist am 1. März endet. Sie richtet sich an junge Hochschulabsolventen mit Masterabschluss. Für das "Young Graduate Trainee"-Programm (engl. für "Junge Hochschulabsolvent:innen als Trainee") sucht die ESA Personen aus den Bereichen Technik, IT, Wissenschaft und Business Services.
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