Krank vor Hitze Der Klimawandel kostet Menschenleben
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03. Dezember 2020, 13:14 Uhr
Die Auswirkungen des Klimawandels machen ernsthaft krank und stellen die Gesundheitssysteme vor große Herausforderungen. Für diesem Zusammenhang hat der Lancet Countdown Report 2020 mehr als 40 Indikatoren identifiziert. Auch die Pandemie wurde dabei beleuchtet. Deutschland ist besonders stark betroffen.
Corona, Krebs, Übergewicht, neue Pandemien? Was bedroht unsere Gesundheit am meisten? Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weltweit sind sich einig: Die Klimakrise ist die größte Gesundheitsgefahr des 21. Jahrhundert. Es ist dringend notwendig, dass wir dieser Bedrohung entgegentreten. Deutlich macht das auch der fünfte Jahresbericht des Lancet Countdown on Health and Climate Change.
Der Verbund von weltweit renommierten Forscherinnen und Forschern identifizierte in seinen Untersuchungen, dass es mehr als 40 Indikatoren zu Zusammenhängen zwischen dem Klimawandel und der Gesundheit gibt. Und die Zukunftsaussichten sind düster, wenn sich die Bedingungen weiterhin verschlechtern. Sie befürchten, dass die Gesundheitssysteme darauf nicht vorbereitet sind.
Hitze, Fluten, Luftverschmutzung
Bereits jetzt macht sich der Klimawandel stark bemerkbar. Extreme Wetterlagen sind keine Seltenheit mehr. Die Menschen kämpfen mit starken Regenfällen, Stürmen oder extremer Hitze. Diese Hitze führt zu einer Erhöhung der hitzebedingten Sterbefälle. Laut Lancet Countdown Report verzeichnete Deutschland allein 2018 rund 20.200 Todesfälle bei über 65-Jährigen, die mit Hitze in Verbindung gebracht wurden. Weltweit waren es 296.000 Fälle. Vor allem ältere Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen wie Asthma oder Diabetes sind davon betroffen. Im weltweiten Vergleich liegen wir damit auf Platz drei.
Damit einher gehen erhebliche wirtschaftliche Einbußen. In Deutschland, so die Forschenden, wäre das vergleichbar mit dem Verlust der durchschnittlichen Einkommen von 1,75 Millionen Menschen. Hitze und Trockenheit erhöhen darüber hinaus das Risiko von Waldbränden, die widerum Verursacher von Verbrennungen, Herz- und Lungenschäden und auch der Umsiedlung ganzer Bevölkerungsgruppen sein können.
Zeitgleich könnte der Anstieg des Meeresspiegel bis zum Ende des Jahrhunderts dafür sorgen, dass bis zu 565 Millionen Menschen in küstennahen Regionen ihr Zuhause verlieren und umsiedeln müssen.
Flammen, Fluten und Hungersnöte respektieren keine Staatsgrenzen oder Bank-Accounts: Der Wohlstand einer Nation bietet keinen Schutz vor den gesundheitlichen Auswirkungen, die schon allein ein globaler durchschnittlicher Temperaturanstieg um 1,2 Grad bringen wird.
Ein weiterer Punkt, den die WissenschaftlerInnen aufführen, ist die Luftverschmutzung. Allein 2018 wurden weltweit 3,01 Millionen vorzeitige Sterbefälle verzeichnet, die mit Luftverschmutzung zusammenhängen, die durch die Verbrennung von fossilen Energieträgern verursacht werden. In Deutschland sind die Zahlen im Vergleich zu den Vorjahren zurückgegangen. 2015 sind durch Kohleverbrennung rund 9.280 Menschen frühzeitig gestorben. 2018 waren es 8.140 Menschen.
Zusammenhang Pandemie
Zusätzlich zu diesen Beobachtungen sehen die Forschernden außerdem eine Verbindung zwischen dem Klimawandel und zoonotischen Pandemien, denn beide teilen gemeinsame Verursacher. Laut dem Lancet Countdown Report wird die Umwelt durch Urbanisierung, intensive Landwirtschaft, nicht nachhaltige Ernährungssysteme, Tourismus, Flugverkehr, fossile Brennstoffe etc. zerstört. All das schafft den Rahmen, der Zoonosen fördern kann – also Infektionskrankheiten, die von Tieren auf den Menschen übergehen können bzw. umgekehrt. Ähnlich wie das Coronavirus Sars-CoV-2, von dem auch ausgegangen wird, dass es einen tierischen Ursprung hat.
Wenn wir das Risiko zukünftiger Pandemien reduzieren wollen, müssen wir den Kampf gegen die Klimawandel priorisieren. Er ist eine der mächtigsten Kräfte, die Zoonosen heutzutage vorantreiben. Jetzt ist die Zeit für uns, die Umweltfaktoren, die auf unsere Gesundheit einwirken, ernst zu nehmen. Wir müssen uns mit dem Klimanotstand befassen, die Biodiversität schützen und die natürlichen Systeme, von denen unsere Zivilisation abhängt, stärken. Wir können das nicht mehr ignorieren. Wir haben bei Covid-19 gesehen, dass zu spätes Handeln vermeidbare Tode verursacht.
Auch die Ausbreitung anderer gefährlicher Infektionskrankheiten wie Malaria oder Dengue-Fieber werden durch den Klimawandel begünstigt.
Gesundheitssysteme vor dem Kollaps
Der Lancet Countdown Report macht deutlich, dass die Kapazitäten der Gesundheitssysteme nicht ausreichen, um mit den zukünftigen Gesundheitsbelastungen fertig zu werden, wenn nicht schnellst möglich gehandelt wird.
Die diesjährigen verheerenden Waldbrände in den USA und die Tropenstürme in der Karibik gepaart mit der gleichzeitigen Pandemie haben auf tragische Weise gezeigt, dass die Welt nicht den Luxus hat immer nur eine Krise nach der anderen zu bewältigen.
Besorgniserregend ist dabei, laut der AutorInnen des Reports, dass nur die Hälfte aller untersuchten Länder nationale Gesundheits- und Klimapläne aufgestellt haben. Das heißt aber nicht, dass diese auch umgesetzt werden können. Fehlende Finanzierungsmöglichkeiten werden hier als Hauptgrundangegeben. Nur neun Prozent der Länder, die solche Pläne haben, verfügen auch über die finanziellen Mittel. Auch das ist für die WissenschaftlerInnen ein Grund den Ländern den Spiegel vorzuhalten und mit dem Lancet Countdown Report sehr deutliche Signale zu setzen. Es ist essentiell, dass finanzielle Mittel für diese Art Vorsorge von Regierungen bereitgestellt und Kooperationen der Länder eingegangen werden, um den Kampf gegen den Klimawandel führen zu können.
In Hinblick auf den 5. Jahrestag des Pariser Abkommens ist es nötig uns mit dem schlimmsten Ausblick für die öffentliche Gesundheit zu konfrontieren, die diese Generation je gesehen hat. Das Versagen unsere Klimaziele einzuhalten, könnte dafür sorgen, dass wir nicht in der Lage sind entscheidende UN-Nachhaltigkeitsziele und die Verringerung der Erderwärmung zu erreichen.
Die AutorInnen des Reports mahnen, dass das Zeitfenster, in dem noch etwas getan werden kann, um diese Entwicklung aufzuhalten, sehr klein ist. Sie sehen in der UN-Klimakonferent 2021 eine Chance endlich konkret ins Handeln zu kommen.
Link zur Studie
"The 2020 report of The Lancet Countdown on health and climate change: responding to converging crises" ist am 2. Dezember in The Lancet erschienen.
(JeS)
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