Treibeis im polarmeer
Ewiges Eis? So jedenfalls stellt man sich die Antarktis vor. Bildrechte: imago/blickwinkel

Klimawandel & Küstenschutz Wenn Polareis schmilzt und Sandstrände ertrinken

24. September 2020, 09:42 Uhr

Fahren wir im Sommer Speiseeis nach Hause und es taut unterwegs leicht an, stecken wir es einfach wieder in die Gefriertruhe und es gefriert wieder ordentlich. In der Antarktis ist das anders: Was weg ist, bleibt weg, sagt die Forschung. Aber was, wenn mal so richtig viel wegtaut? Auf Hawaii sollte sich die Küstenbewirtschaftung dringend drauf einstellen, mahnen Forscher. Allein die Hautpinsel Oahu habe 2050 nur noch halb so viel Sandstrand wie jetzt.

Würde das Eis der Antarktis schmelzen, würde der globale Meeresspiegel um 58 Meter steigen, haben Londoner Forscher 2019 in einer Studie gewarnt. Seit 2012 hat der eisige Kontinent demnach jährlich etwa 219 Milliarden Tonnen Eis verloren. Die Schmelze hat den Meeresspiegel um 7,6 Millimeter steigen lassen. Sind solche Vorgänge wie in der Antarktis tatsächlich unumkehrbar oder könnten niedrigere Temperaturen Getautes aus der Arktis wieder vereisen lassen?

Die Forscher des Potsdamer Instituts für Klimaforschung (PIK) kommen anhand von Simulationen zu dem Schluss: Nein, was weg ist, ist weg. Schaffen wir es nicht, die globale Erwärmung deutlich unter 2° Celsius über den vorindustriellen Temperaturen zu senken, droht der Antarktis regional tatsächlich ein unwiederbringlicher Verlust des Eisschildes. Sogar wenn es in der Antarktis wieder kälter würde, geschmolzen bleibt geschmolzen. Welche ganz praktischen Folgen das haben kann, zeigt eine weitere heute veröffentlichte Studie.

Wenn der Strand im Meer versandet

Wellen ergießen sich sanft über den goldgelben Strand der Hawaii-Insel O'hao.
Ein Anblick auf Hawaii, den es 2050 möglicherweise nur noch selten gibt. Bildrechte: imago images/Design Pics

Den Anstieg des Meeresspiegels hat man auf Hawaii bisher noch nicht so recht im Blick, wenn es um den Küstenschutz geht. Das muss sich ändern, sagen Geologen der Universität Hawaii, denn sie sind schon jetzt um die Küsten und Strände des Archipels besorgt. Also genau um das, was wir gemeinhin beim Stichwort Hawaii vor Augen haben: Sandige Weite vor hellblauem Meer. Wer das einmal live sehen und sich mit den Füßen in den Sand eingraben will, sollte sich vermutlich ranhalten. Bis 2050 fehlt beispielsweise der Insel Oahu fast die Hälfte (40 Prozent) ihrer natürlichen Strände, besagt eine Studie der Universität Hawaii. 33 Kilometer Strand, so haben die Forscher errechnet, sind schon jetzt verloren. Aber wo ist er hin, wer oder was steckt dahinter?

Honolulu auf Hawaii-Insel O'hao
Bildrechte: imago images/imagebroker

Die Hauptrolle spielt derzeit noch das Küstenmanagement. Die Forscher erklären dessen Bausteine so: Theoretisch würde der Strand bei steigendem Wasserpegel landwärts wandern. Praktisch aber kollidiert er da mit dem Lebensraum der Menschen, Häuser, Straßen, Parks. Mit Dammbauten und Flächenversiegelung wird versucht das Land vor der Versandung zu sichern. Doch das hat Folgen: Die Dämme sorgen dafür, dass der Sand dem Wasser nicht ausweichen kann, der Strand "ertrinkt" regelrecht, wenn er nicht ins Landesinnere ausweichen kann. Auf benachbarten Grundstücken führt das ebenfalls zur Stranderosion, die Folge - weitere Schutzmaßnahmen wie Dammbauten.

Hawaii: Wenn der Strand ins Land wandern will

Strand mit Befestigung auf O'ahu
Der Strand ist schmaler - die Straße entlang der Küste soll nicht abgetragen werden. Der Damm hat ein Stück vom Strand "weggefressen". Bildrechte: Kammie Tavares
Strand mit Befestigung auf O'ahu
Der Strand ist schmaler - die Straße entlang der Küste soll nicht abgetragen werden. Der Damm hat ein Stück vom Strand "weggefressen". Bildrechte: Kammie Tavares
Erosion auf Hawaii-Insel O'ahu
Blick auf Rocky Point: Links und in der Mitte sieht man, wie Schutzdämme und -wälle Grundstücke vor dem Wasser schützen, der Strand ist verschwunden. Bildrechte: Shellie Habel
Wohnen mit Blick auf Meer auf Hawaii-Insel O'ahu
Schutzwall, statt Sandstrand hinterm Haus. Bildrechte: Kammie Tavares
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Wer die Strände nicht schützt, wird mit Dämmen leben

Die Forscher der Uni Hawaii fordern in ihrer Studie daher nachhaltiges Strandmanagement mit Weitblick. Die Studienautoren bemängeln, wie derzeit mit der Thematik umgegangen wird: Die Behörden erteilen Ausnahmegenehmigungen zum Bau von Schutzmaßnahmen gegen die Verstrandung von Grundstücken. Ganz ausgeblendet wird der Aspekt offenbar beim Verkauf von potentiell durch Verstrandung gefährdeten Grundstücken an Leute, die nichts davon wissen. Geologe Dr. Charles Fletcher sieht die Behörden in der Verantwortung: Einerseits kennen sie das Problem, andererseits zerstören sie mit ihrem Strandmissmanagement das, was sie von Rechtswegen eigentlich schützen und erhalten müssten, obwohl sie die Weichen für die Zukunft stellen:

Die Behörden entscheiden darüber, ob künftige Generationen eine gesunde oder durch Seemauern und andere Arten der Uferverfestigung ruinierte Küstenlinie vorfinden.

Dr. Charles Fletcher, Geowissenschaftler, Universität Hawaii

Nicht zuletzt sind die Strände Hawaiis auch wichtige Ökosysteme und Pufferzonen vor Stürmen, zum anderen auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Inselgruppe. Wenn dann langfristig auch noch der Meeres-Pegel steigt und Hawaiis Behörden weiter auf Dämme setzen, um die strandnahen Bebauungen zu schützen, sieht es langfristig vermutlich schlecht aus für Hawaiis Traumstrände. Dann kann man irgendwann schlimmstenfalls nur noch von ihnen träumen.

Honolulu auf Hawaii-Insel O'hao
Allein in Hawaiis Hauptstadt Honolulu leben 345.00 Menschen Bildrechte: imago images/imagebroker

(lfw)

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