Symbolbild: Mond mit Staubwirbel
Staubstrom zwischen Erde und Sonne. Er könnte laut den Simulationen als Sonnenschutz dienen, der die Erde abkühlt. Bildrechte: Ben Bromley/Universität von Utah

Klimawandel Gegen die Erderwärmung: Mit Mondstaub die Sonne verdunkeln

14. Februar 2023, 13:08 Uhr

Den Himmel verdunkeln, um die Erde zu kühlen. Diese Form des Geoengineerings gegen den Klimawandel wird schon lange kontrovers diskutiert. Jetzt haben Forscher die Idee erweitert – ins Weltall. Ihr Plan: Mondstaub soll die Sonnenstrahlen dämpfen.

Gewaltige Vulkanausbrüche haben es in der Geschichte der Menschheit mehrfach gezeigt: Wird der Himmel verdunkelt, in diesem Fall durch große Mengen Schwefeldioxid, sinken die Temperaturen, das Klima kühlt ab. Nicht selten mit anfangs verheerenden Folgen, wie etwa nach dem Ausbruch des Tambora 1815, auf den Missernten und Hunger folgten. Auch Wüstenstaub, so vor kurzem eine Studie von Forschern der University of California in Los Angeles, USA, hat einen zumindest kleinen, kühlenden Effekt.

Geoengineering: Technologien gegen die Erderwärmung

Wissenschaftler diskutieren daher bereits seit längerem, ob eine gezielte Freisetzung des Gases die Erderwärmung eindämmen könnte. Eine riskante Angelegenheit, sagen Forschende vom Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg. Prinzipiell sei das möglich, so Dr. Ulrike Niemeier. "Das Klima würde im weltweiten Durchschnitt milder bleiben. Allerdings würde es im globalen Mittel etwas weniger regnen." Nur die praktische Umsetzung wäre sehr schwierig, so die Meteorologin, denn "wenn wir bis zum Jahr 2100 trotz steigender CO2-Emissionen das Klima von 2020 allein mithilfe von Schwefeldioxid halten wollten, müsste die Menschheit jährlich fünf bis achtmal so viel Schwefeldioxid in die Stratosphäre bringen, wie 1991 beim Ausbruch des Pinatubo frei wurde".

Klimakrise? Schießen wir einfach Mondstaub an den Lagrange-Punkt

Jetzt haben Forschende einen noch viel waghalsigeren Plan entwickelt. Ein Team der University of Utah, USA, hat in Simulationen untersucht, ob man einen solchen Abkühlungseffekt auch mit Staub im Weltall erzielen kann. Die Idee stammt dabei aus der Planetenforschung. Bei der Bildung neuer Planeten – ein chaotischer Prozess – wird viel astronomischer Staub aufgewirbelt. Dieser kann sogar Ringe um den jeweiligen Stern bilden, die wir erkennen können, da sie das Licht zurückwerfen. Was wäre, so der Ausgangspunkt der Astronomen, wenn wir Staub zwischen Erde und Sonne bringen? "Wenn wir eine kleine Menge Material nehmen und es auf eine spezielle Umlaufbahn zwischen Erde und Sonne bringen und es aufbrechen würden, könnten wir mit wenig Masse viel Sonnenlicht blockieren ", so Ben Bromley, Professor für Physik und Astronomie und Hauptautor der Studie.

Vollmond hinter der Mattielli-Statue von Jean Francois Regis auf der Katholischen Hofkirche in Dresden 3 min
Bildrechte: imago/Robert Michael
3 min

Oben am Himmel sieht er gewaltig groß und zum Greifen nah aus. Wenn wir ihn fotografieren, ist er ein winziger Punkt. Wer oder was täuscht uns nun - der Mond oder unsere Wahrnehmung?

MDR AKTUELL Fr 05.06.2020 13:06Uhr 03:02 min

https://www.mdr.de/wissen/mond-mal-gross-mal-klein-citizen-science-moondiary100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Der Ort, an dem der Staub die Sonnenstrahlen blockiert, ist auch schon bekannt, es ist der "Lagrange-Punkt" zwischen Erde und Sonne (L1). Lagrange-Punkte haben die Eigenschaft, dass sich hier die Anziehungskräfte der Himmelskörper weitgehend aufheben. Deshalb befindet sich auch das James Webb Weltraumteleskop an so einem Punkt, in diesem Fall L2. Beide, L1 und L2, sind jeweils 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, nur in genau verschiedene Richtungen. Die Computersimulationen der Astronomen zeigten, dass es den größten Effekt hätte, wenn sie dafür Mondstaub verwenden würden. Den könnte man auf dem Mond abbauen, die Größenordnung eines Tagebaues wäre realistisch, so die Forscher.

Raketenwissenschaft? Wir untersuchen nur den Staub

Wie realistisch das Gesamtprojekt ist, darüber trafen sie jedoch keine Aussagen. "Wir sind keine Experten für den Klimawandel oder die Raketenwissenschaft", gibt Autor Bromley offen zu. Keine Ahnung, wie aufwändig der Abbau und der Transport ins All sind. Denn auch am Lagrange-Punkt würde der Staub immer wieder verweht und neuer müsste hinaufgeschossen werden. "Wir untersuchen nur verschiedene Arten von Staub auf verschiedenen Umlaufbahnen, um zu sehen, wie effektiv dieser Ansatz sein könnte", sagt Bromley. Und sein Ko-Autor Scott Kenyon, vom Zentrum für Astrophysik am Harvard & Smithsonian ergänzt: "Es ist erstaunlich, darüber nachzudenken, wie Mondstaub – dessen Erzeugung über vier Milliarden Jahre gedauert hat – dazu beitragen könnte, den Anstieg der Erdtemperatur zu verlangsamen, ein Problem, für dessen Entstehung wir weniger als 300 Jahre gebraucht haben."

 Links/Studien

Die Studie über Weltraumstaub als Sonnenschild der Erde ist im Journal PLOS-Klima erschienen.

Mehr zu den Ideen der Max-Planck-Forscher zum Geoengineering finden sie hier.

rr/pm

Wissen

Ansicht von Oben: Leeres Holzboot auf trocknem, erdigen Untergrund. Links etwas Wasser, rechts sandig mit Grasbüscheln. mit Video
Im August 2022 hat dieses Boot bei Waldhufen (Oberlausitz) kein Wasser mehr unterm Kiel – ein Bild wie vielerorts in Sachsen und Mitteldeutschland. Bildrechte: IMAGO/photothek

Dieses Thema im Programm: 3sat | nano | 19. Januar 2023 | 18:30 Uhr