Forschungsprojekt Uni Leipzig Wie die Arktis das mitteldeutsche Wetter bestimmt
Hauptinhalt
15. November 2022, 14:44 Uhr
Am Polarkreis wirkt der Klimawandel doppelt und dreifach. Und das bleibt nicht ohne Folgen für uns und unser Wetter auch in Mitteldeutschland. Wie genau, das hat ein Leipziger Forschungsteam hat das in arktischen Lüften erkundet.
Wie wird das Wetter morgen? Das wollen alle gern wissen, nicht nur Meteorologen. Allerdings sind die für uns immer auch auf der Suche nach Antworten und Zusammenhängen und dazu sind Leipziger Wetter-Experten in die Arktis geflogen. Denn wie das Wetter bei uns wird, hängt mit dem Polarkreis zusammen. Zur Weltklimakonferenz ist oft die Rede von 1,5 Grad Celsius, denn so viel und nicht mehr soll sich die Erde nur noch erwärmen. Das zumindest haben die Staaten im Pariser Klimaabkommen für die Zeit bis zum Ende des Jahrhunderts 2015 beschlossen. Aber eine Region der Welt hat sich längst doppelt so stark aufgeheizt – die Arktis. Das "ewige" Eis schmilzt. Was das für unser Wetter und den Klimawandel bedeutet, wird bei der Forschungskampagne HALO-(AC)3 untersucht. Nach 40 Starts und 150.000 Flug-Kilometern wurden eine Unmenge Daten über die Arktis gesammelt. Muss man dafür wirklich so viel fliegen? Tatsächlich geht das nur so, erklärt Benjamin Kirbus, Doktorand am Institut für Meteorologie der Uni Leipzig (LIM): "Die Arktis ist bis heute schwer zugänglich. Man ist auf solche Kampagnen mit solchen Flügen angewiesen, wo vor Ort vom Flugzeug aus hochaufgelöst gemessen werden kann."
Ziele des Forschungsprojektes HALO
Zurück in Leipzig am Institut für Meteorologie wird seither die Datenbeute ausgewertet. Die Ergebnisse sollen helfen, die Geheimnisse der Arktis zu entschlüsseln. Zu Beispiel ist es bis heute ein Rätsel, warum der Klimawandel um den Nordpol extrem stark wirkt. In den vergangenen hundert Jahren hat sich die Welt um rund ein Grad erwärmt, aber die Arktis dagegen sogar dreimal so stark: Plus drei Grad! Das Phänomen nennt sich Arktische Verstärkung. Was steckt dahinter? Die höheren Temperaturen beeinflussen natürlich den Lebensraum in der Polarregion. Aber diese Veränderung hat auch Folgen in den mittleren Breiten. Prof. Dr. Manfred Wendisch, Direktor des Leipziger Instituts für Meteorologie schildert einige: "Da gibt es Studien, dass zum Beispiel in Nordamerika die schweren Stürme im Winter dort zugenommen haben. Für Europa erwarten wir das auch." Eines der Forschungsziele sei deshalb auch, genau diese Verbindung mit Mitteleuropa und auch Mitteldeutschland nachzuweisen bzw. zu untersuchen, also die ganz konkrete Verbindung zwischen den arktischen Prozessen und dem Wetter bei uns.
Wilde Wetterkapriolen – Grüße aus der Arktis?
Das Wetter spielt immer häufiger verrückt: Milde Wintertage, aber auch plötzliche Kälte im Frühling … Das könnte also mit dem Wandel in der Arktis zusammenhängen. Aber wie genau? Ein internationales Team untersuchte im März 2022 die Jet-Streams, die mächtigen Luftmassen, die um die Welt zirkulieren und auch für das Wetter bei uns in Mitteleuropa mitverantwortlich sind. Zu Beginn der Forschungskampagne trug der Jet-Stream warme Luft nach Norden, in der die Wissenschaftler mitflogen. Eine einmalige Aktion mit neuer Strategie, die es in der Art noch nicht gab, sagt Prof. Dr. Manfred Wendisch: "Wir wollten versuchen, eine Luftmasse – man kann das auch als Luft-Paket betrachten – auf ihrem Weg aus den mittleren Breiten in die Arktis zu verfolgen."
Messungen in 10 Kilometer Höhe
Dazu bewegte sich das Flugzeug HALO Mitte März, gegen Ende der Polarnacht, in zehn Kilometern Höhe durch die Luftmassen. An Bord wurden permanent Wetterdaten wie Niederschlag, Luftdruck und Temperatur gemessen. Doktorand Benjamin Kirbus erinnert sich: "Da konnten wir beobachten, das in der Nähe der Oberfläche teilweise Temperaturen über 20 Grad über dem klimatologischen Durchschnitt vorliegen." Außergewöhnliche Wärme – und das Meereis ist weit aufgerissen. "Wir haben gemessen, dass es quasi durch diese Warmluft-Massen auf Meereis geregnet hat. Nicht geschneit, sondern geregnet. Das ist absolut untypisch – und ein trauriger Rekord." Die Forscher können dabei zusehen, wie das Eis schwindet. Ein Prozess, der sich in den vergangenen Jahrzehnten ebenfalls verstärkt hat. Das Meereis schrumpft. Unterwegs wurden die Meteorologen von Wolken überrascht. Ihre Klima-Modelle hatten zwar berechnet, dass es welche geben sollte. Aber deren Ausmaße verblüfften selbst Forscher wie Prof. Dr. Manfred Wendisch: "Wir haben Wolken in der Arktis bis in 12-13 Kilometer Höhe beobachtet, was äußerst ungewöhnlich ist. Das sind Wolken-Oberkanten, die wir normalerweise in den Tropen erwarten."
Hinter dem Forschungsprojekt stecken zwölf deutsche Forschungs-Institute und weitere Partner. Die Daten sind noch lange nicht ausgewertet, sie sollen Stoff für mindestens 20 Doktorarbeiten bieten. All dies soll helfen, das arktische Klima zu verstehen und damit meteorologische Modelle zu verbessern.
rk
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/1f19912b-d6f5-4b6b-a19f-16af97a2a890 was not found on this server.