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Der Klimawandel ist schon für Erwachsene komplex und frustrierend. Wie also kann man ihn Kindern erklären?

MDR KULTUR - Das Radio Fr 15.11.2024 11:54Uhr 03:14 min

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Psychologie Wie wir Kindern den Klimawandel erklären können

18. November 2024, 05:00 Uhr

Der Klimawandel bedroht die Zukunft unseres Planeten und ist gleichzeitig so komplex und überwältigend, dass viele resignieren. Wie also sollen Kinder verstehen, was Erwachsene schon kaum fassen können? Und wo fangen Eltern an?

Junge Frau mit langen, braunen Haaren gelben Mantel, lacht und blickt mit leicht gesenktem Kopf in Kamera
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Die amerikanische Präsidentschaftswahl hat es noch einmal deutlich gezeigt: Wir leben in einer Zeit, in der Unsicherheiten und Krisen die Gesellschaften spalten und in der immer wieder Konflikte drohen, einen Flächenbrand auszulösen. Dazu kommen große weltweite Herausforderungen wie der Klimawandel, der so komplex und unkontrollierbar scheint, dass selbst Erwachsene sich ohnmächtig fühlen. Wie also können diese Erwachsenen ihren Kindern erklären, was passiert, ohne ihnen Angst zu machen?

Ein unvermeidbares Zusammentreffen: Warum Eltern vorbereitet sein sollten

Spätestens ab dem Grundschulalter werden Kinder höchstwahrscheinlich mit vielen Herausforderungen wie Klima- und Umweltthemen auch ohne ihre Eltern konfrontiert – sei es in der Schule, in Vereinen, in den Nachrichten oder Social Media, meint Christian Klöckner, Umweltpsychologe an der Universität Trondheim. Er hat schon 2010 untersucht, welche Gefühle 9-14-Jährige mit dem Klimawandel verbinden: Von Wut, Frust, Trauer über Motivation, selbst etwas ändern zu wollen, sei alles dabei gewesen – wie bei Erwachsenen auch. Anders als wir Erwachsenen müssten Kinder aber erst noch lernen, diese Gefühle zu erkennen und damit umzugehen. Eltern sollten deshalb die Reaktion ihrer Kinder ernst nehmen: "Nicht sagen: 'Das Problem ist nicht so schlimm.' Oder: 'Jetzt mach‘ dir darüber mal keine Gedanken oder das verstehst du nicht.'" Stattdessen: Gefühle ansprechen und konstruktiv überlegen, was man tun kann.

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Klingt einfach, mit den verunsichernden Nachrichten der letzten Zeit aber auch utopisch. Julia Asbrand, Professorin für klinische Psychologie des Kindes- und Jugendalters in Jena, rät deshalb Eltern, erst einmal dazu vorzuverdauen – etwa mit anderen Erwachsenen über die Gefühle zu sprechen: "Das müssen wir vorschalten, bevor wir mit Kindern darüber reden." Nicht etwa, um die Dinge dann schönreden zu können, im Gegenteil: Eltern sollten die Wahrheit sagen, aber eben in einem Rahmen, den das Kind versteht und verkraftet: "Kinder lernen ja auch an uns, wie wir zum Beispiel mit solchen komplexen Situationen umgehen. Das heißt, unsere Kinder müssen wir auch auf eine Welt vorbereiten, die komplex ist, die positive Dinge beinhaltet, aber auch negative Dinge." Die Wörter Klima, Artenschutz oder Biodiversität muss man dabei nicht unbedingt in den Mund nehmen.

Altersgerecht und objektiv: Die richtigen Werkzeuge für ein Kind

Denn um proaktiv zu werden, muss ein Kind nicht das große Ganze verstehen. Im Gegenteil: Es hilft, die große komplexe Herausforderung namens Klimaschutz in kleine lösbare Einzelteile zu brechen, meint Christian Klöckner. Das fängt schon im Kleinen an: "Wenn das Kind von sich aus jetzt zum Beispiel Müll entdeckt und darauf reagiert, ist das ja ein guter Ansatz, das aufzugreifen und zu sagen: 'Ja, es ist blöd, wenn hier Müll herumliegt, weil: das könnte ja ein Effekt haben auf Tiere, die da leben.'" Mit älteren Kindern könne man beim Einkaufen überlegen, wo die Sachen herkommen oder den Fleischkonsum gemeinsam einschränken. Wichtig sei, dass Kinder Möglichkeiten hätten, die in ihrem eigenen Handlungsspielraum liegen. Das helfe auch insgesamt der psychischen Gesundheit, ergänzt Julia Asbrand.

Dabei muss nicht jede Handlung auch immer gleich einen großen, für alle messbaren Effekt haben. Vielmehr geht es darum, Dinge erfahrbar zu machen. Für einen Dreijährigen, der gerne Blumen abpflückt, hat die Psychologin ad hoc folgende Experiment-Idee: "Dass sie sagen: Okay, jetzt haben wir die Blumen gepflückt. Die stellen wir zu Hause in die Vase. Und dann gucken wir immer mal auf der Wiese vorbei und gucken, welche länger blühen." Dass die Blumen auf der Wiese länger blühen, sei dann wiederum ein Ansatz, um zu erklären, dass es nicht nur Wasser, sondern auch Erde für die Blumen brauche. Und so könne man sich nach und nach herantasten.

Wichtig sind Julia Asbrand zufolge hier zwei Dinge: Erstens soll jedes Kind 'Nein' sagen dürfen. Wenn es die Information nicht hören will, keine Lust auf Experimente hat oder einfach für sich selbst andere Prioritäten setzt, sei das vollkommen in Ordnung. "Für Kinder gibt es ständig neue Informationen, neue Gefühle, neue Herausforderungen, mit denen sie umgehen können müssen." Das Klima sei, wenn überhaupt, nur eine davon. Und zweitens sollten Eltern nichts verteufeln: Weder das Blumenpflücken, noch den Nachbarn, der mit einem großen SUV herumfährt. Das schaffe Feindseligkeit, dabei gehe es doch explizit darum, "gemeinsam auch wertzuschätzen, dass wir eine Welt um uns herum haben, die für uns wichtig ist, von der wir abhängen".

Eine Botschaft, von der auch wir Erwachsenen uns – gerade mit Blick auf die spaltende Wahl in den USA – eine Scheibe abschneiden könnten.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 15. November 2024 | 17:40 Uhr

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