Illustration einer Kuh mit Insektenfutter
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MDR KLIMA-UPDATE | 13. Januar 2023 Kennen Sie die Globalstrahlung?

Ausgabe #70 vom Freitag, 6. Januar 2023

13. Januar 2023, 11:00 Uhr

Brauchen wir die Kohle von Lützerath wirklich? Das ist eine der großen Fragen in dieser Woche, die uns aber auch gute Nachrichten beschert. Und die haben auch etwas mit Globalstrahlung zu tun. Was das ist?

Gerald Perschke
Bildrechte: Frank Laudan

Liebe Klima-Freunde,

was für eine Woche! Die neuen Wetterdaten des "Copernicus Climate Change Service" zeigen, dass nicht nur Deutschland einen Wetterrekord nach dem anderen aufstellt. Rekordverdächtig ist auch der fehlende Schnee, dafür fliegen die Pollen schon, und Lützerath wird abgebaggert, nicht nur wegen der Kohle. Klimaforscher finden das zwar katastrophal für das Image Deutschlands als Klimaschützer, sagen aber gleichzeitig, dass das unterm Strich nicht mehr CO2-Ausstoß bedeutet, dem Emissions-Handel sei Dank.

Gleichzeitig gibt es – wie jede Woche – auch gute Nachrichten für den Planeten. Also für uns, denn der Planet … aber das wissen sie ja. Fangen wir also an mit der


Zahl der Woche:

3,4

... diese 3,4 sind kWh je Quadratmeter. Genau um diesen Wert steigt die Globalstrahlung in Deutschland seit Anfang der 1980er-Jahre jährlich an, meldet der Deutsche Wetterdienst. Und das ist in mehrfacher Hinsicht positiv. Denn die Globalstrahlung gibt an, wie viel Energie der kurzwelligen Strahlung von der Sonne auf der horizontalen Erdoberfläche ankommt. Daher ist sie wichtig für die Planung und den Betrieb von Photovoltaik-Anlagen. Deren Ausbeute könnte besonders in Nordrhein-Westfalen, Brandenburg und Sachsen entlang der polnischen Grenze wachsen, denn dort gab es die größten positiven Veränderungen. Gründe für die höhere Globalstrahlung sind neben Veränderungen in der Bewölkung laut DWD "verbesserte Luftqualität durch den starken Rückgang der Emissionen in den genannten Regionen".

Recycling mit Sonnenenergie

Bleiben wir gleich bei der Sonne. In letzter Zeit haben wir mehrfach über künstliche Photosynthese berichtet und wie wir einfach mit Sonnenlicht zum Beispiel Wasserstoff gewinnen können. In dieser Woche melden Forschende aus Cambridge, dass sie ein solarbetriebenes System entwickelt haben, das Plastik und Treibhausgase in nachhaltige Kraftstoffe umwandeln kann. Und wenn wir von etwas zu viel haben, dann Kohlendioxid und Plastemüll.

In Tests wurde CO2 in Synthesegas umgewandelt, ein wichtiger Baustein für nachhaltige flüssige Kraftstoffe, und Plastikflaschen wurden in Glykolsäure umgewandelt, die in der Kosmetikindustrie weit verbreitet ist. Jetzt will die Forschungsgruppe von Prof. Erwin Reisner den Reaktor weiterentwickeln, um komplexere Moleküle herzustellen. "Die Entwicklung einer Kreislaufwirtschaft, in der wir aus Abfällen nützliche Dinge machen, anstatt sie auf Mülldeponien zu werfen, ist von entscheidender Bedeutung, wenn wir die Klimakrise sinnvoll angehen und die Natur schützen wollen", sagte Reisner. "Und diese Lösungen mit der Sonne zu betreiben bedeutet, dass wir es sauber und nachhaltig tun."

Methan aus Stauseen ernten

Kommen wir zu einem anderen Treibhausgas: Methan. Der "böse Zwillingsbruder von CO2", wie er gelegentlich genannt wird, entsteht nicht nur in der Landwirtschaft oder in Mülldeponien. Auch unsere Stauseen produzieren in ihren Tiefen jede Menge davon.

Aber Methan ist nicht nur ein Treibhausgas, sondern auch ein Energieträger. Könnte man das dann nicht einfach aus den Stauseen "ernten". Ja könnte man. Und diesen Prozess zu optimieren, daran arbeiten Forschende aus Köln und Koblenz. Mit ihrem verbesserten Prototyp an der Wupper-Vorsperre konnten sie die Gasernte pro Betriebsstunde von 41 Litern auf ein Gasvolumen von 96 Liter pro Stunde steigern. Spannend ist dabei, dass hier gleich zwei Prozesse laufen. Beim Absaugen wird nämlich vor allem Sediment aus der Talsperre entfernt und in den Flusslauf zurückgegeben. Diese Sedimente sind ein weltweites Problem, so eine UN-Studie, da sie die Speicherkapazität dramatisch sinken lassen, was wiederum Folgen für die Wasserversorgung hat.

Insekten als Tierfutter

Dass unser Hunger nach Fleisch das Klima anheizt, daran besteht in der Wissenschaft kein Zweifel. Mehr pflanzliche Ernährung ist also das Gebot der Stunde. Oder Insekten. Die können wir selbst essen (Ja, das geht, und Insektenproduktion ist weniger ressourcenintensiv und wirtschaftlicher) oder als Viehfutter nutzen. Darüber diskutieren Forschende in zwei wissenschaftlichen Veröffentlichungen in dieser Woche. Wo Insekten Fischmehl oder Soja als Viehfutter ersetzen, wird es nachhaltiger, so die Argumentation. Außerdem bietet diese Umstellung einzigartige Nährstoffe und gesundheitliche Vorteile für die Tiere. Und ein weiterer Punkt: Insektenzucht könnte die Wirtschaft in ländlichen oder Entwicklungsregionen ankurbeln.

Beide Perspektiven sind in Science erschienen.
Arup Kumar Hazarika, Unmilan Kalita, Verzehr von Insekten durch den Menschen
Arnold van Huis, Insekten als Futtermittel für die Viehzucht


🗓 Klima-Termine

Sonnabend, 14. Januar – Dresden

Letzte Chance für die Ausstellung im Zentrum für Baukultur Sachsen. Am Sonntag endet die von der Universität Kassel (Fachgebiet Städtebau) erarbeitete Exposition: Die Bodenfrage. Klima, Ökonomie, Gemeinwohl. Mehr Infos

Montag, 16. Januar – Borna

Ressourcen sparen, Plastikmüll vermeiden. Das Mitmachseminar beim Nabu zeigt, wie man preiswerte Alltagshelfer aus wenigen Grundstoffen selber herstellen kann. Dazu gibt es Tee und Kekse.

Mittwoch, 18. Januar – Schmalkhalden

Klimagerecht und gesund: Anders essen macht Spaß. Unter Anleitung von Dipl.-Ökotrophologin Jennifer Dehen wird ein vegetarisches Essen mit Wintergemüse gekocht.

Donnerstag, 19. Januar – Online

Staus sind schlecht fürs Klima. Keine Frage. Aber wie kann man sie verhindern? Das haben das Bundesumweltministerium (BMUV), das Umweltbundesamt und ein Forschungskonsortium untersucht und stellen die Ergebnisse online vor: Flüssiger Verkehr für Klimaschutz und Luftreinhaltung.

Sonnabend, 21. Januar – Berlin

60 Organisationen aus Landwirtschaft und Gesellschaft rufen zum Auftakt der Messe "Grüne Woche" zur "Wir haben es satt!"-Demonstration auf. Die Agrarwende-Demo steht 2023 unter dem Slogan "Gutes Essen für alle – statt Profite für wenige". Alle Infos


📰 Klimaforschung und Menschheit

Ölkonzern Exxon kannte die Klimafolgen fossiler Brennstoffe genau

Forscher haben erstmals die internen Studien des Ölkonzerns Exxon zu den Klimafolgen fossiler Brennstoffe systematisch ausgewertet. Demnach wusste der Konzern bereits 1977, dass der vom Menschen verursachte Klimawandel spätestens ab dem Jahr 2000 deutlich messbar sein und "die Nutzung fossiler Brennstoffe ein 'kohlendioxidinduziertes Superinterglazial' verursachen würde". Gemeint ist damit laut Rahmstorf eine Warmzeit, die nicht nur deutlich wärmer ist als alle Zeiten in der Geschichte der menschlichen Zivilisation, sondern noch wärmer als die letzte Warmzeit vor 125.000 Jahren. Wie die Auswertung der internen Dokumente ergab, stimmen die Vorhersagen von Exxon "mit denen unabhängiger akademischer und staatlicher Modelle überein und waren mindestens so gut wie diese", so die Untersuchung. Die Zahlen belegten demnach, dass die Verbrennung fossiler Brennstoffe zu einer globalen Erwärmung von 0,20 ± 0,04 Grad Celsius pro Jahrzehnt führen würde.

Einblick in die letzten 11.000 Sommer und Winter des Planeten

Die Analyse antarktischer Bohrkerne liefert einen Einblick in die klimatische Geschichte der letzten 11.000 Jahre, also des gesamten Holozäns. Damit konnten die Forschenden der University of Colorado in Boulder (USA) die Theorie der Milankovitch-Zyklen bestätigen. Der serbische Wissenschaftler Milutin Milankovitch stellte vor einem Jahrhundert die Hypothese auf, dass die kollektiven Auswirkungen von Änderungen der Position der Erde relativ zur Sonne – aufgrund langsamer Veränderungen ihrer Umlaufbahn und Achse – ein starker Treiber des langfristigen Klimas der Erde sind, einschließlich des Beginns und Endes der Eiszeiten (vor einem signifikanten menschlichen Einfluss auf das Klima).

Die Meerestemperaturen steigen weiter an

Der Wärmegehalt der oberen 2.000 Meter der Ozeane hat im Jahr 2022 einen Rekordwert erreicht. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die in Advances in Atmospheric Science veröffentlicht wurde. Innerhalb eines Jahres gab es demnach einen Zuwachs von ungefähr 10 Zetta-Joule (ZJ) an Wärme in den Ozeanen im Vergleich zu 2021. 10 ZJ Wärme entsprechen etwa dem 100-fachen der weltweiten Stromerzeugung im Jahr 2021 (28.466 TWh). Außerdem nimmt der Salzgehalt der Ozeane zu. Zudem verändert sich der Austausch von Wärme, Kohlenstoff und Sauerstoff zwischen dem Ozean und der darüber liegenden Atmosphäre. Das kann zu Sauerstoffmangel im Ozean führen. 


📻 Klima in MDR und ARD

Kemferts Klima-Podcast 43 min
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👋 Zum Schluss

Danke, dass Sie diesen Newsletter bis zu Ende gelesen haben. Auch wenn ich natürlich in die Falle aller Erstautoren getappt bin und unbedingt mit guten Nachrichten starten wollte (wie ein Kollege ganz nebenbei erwähnte). So viel Optimismus muss sein.

Vielleicht pflanze ich dann am Wochenende gleich noch einen Baum (oder meine Frau macht das, ich bin besser beim Holz sägen). Wenn Sie auch statt Skifahren Gartenarbeit machen, dann ist das auf jeden Fall die klimafreundliche Alternative.

Viel Spaß an der frischen Luft
Gerald Perschke

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Schreiben Sie uns an klima@mdr.de.

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