Fischfang Bestand zusammengebrochen: Kaum noch Dorsche in westlicher Ostsee

20. August 2021, 09:50 Uhr

Dorsche waren einstmals die häufigsten Fang-Fische der Ostsee. Doch die Bestände sind derart zusammengebrochen, dass Forscher nicht mehr an eine Erholung glauben. Der Kipp-Punkt sei überschritten.

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Dorsche waren einstmals die häufigsten Fang-Fische der Ostsee. Doch die Bestände sind derart zusammengebrochen, dass Forscher nicht mehr an eine Erholung glauben. Der Kipp-Punkt sei überschritten.

MDR KULTUR - Das Radio Mi 18.08.2021 17:54Uhr 02:58 min

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Wenn es nach Rüdiger Voss gehen würde, dann ist das Dorschfilet auf dem Restaurant-Teller erst einmal Geschichte. Er ist Fischerei-Biologe und -Ökonom am Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung in Leipzig und an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. "Für den Moment würde ich mir wünschen, dass diese Empfehlung Fangstopp durchgesetzt wird, weil tatsächlich der Bestand in einem sehr kritischen Zustand ist", sagt er.

Extrem kleiner Bestand an Dorschen in der westlichen Ostsee

Um den Dorsch – den auch als Kabeljau bekannten Fisch – in der westlichen Ostsee noch zu retten, müsse die restliche Population komplett geschont werden. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung, an der Voss beteiligt war. Das Team hat die jahrzehntelange Entwicklung der Fischbestände und Fischereidaten statistisch ausgewertet. Dabei habe sich ein sogenannter Kipppunkt gezeigt, so Voss - ein Punkt also, ab dem es gar kein oder zumindest kaum mehr ein Zurück zu einem vorherigen Zustand gebe.

"Es sieht so aus, dass für den Dorsch in der westlichen Ostsee ein Kipppunkt überschritten zum Negativen hin überschritten wurde. Früher war der Bestand viel produktiver, die Fische sind schneller gewachsen, größer geworden und hatten geringere Sterblichkeiten", sagt er. Ganz aussterben werde der Dorsch zwar auch in der westlichen Ostsee nicht, glaubt Voss. Aber der Bestand werde extrem klein sein, sodass auch nur noch wenig gefischt werden könne.

Klimawandel: Bereits um 2 Grad erwärmte Ostsee versetzt Dorsche in Stress

Wie konnte es soweit kommen? "Der jetzige Zustand ist ein Resultat der Überfischung in Kombination jetzt mit sich veränderndem Klima", sagt Voss. Dorsche reagieren empfindlich auf das wärmere Wasser. Die Ostsee habe sich nämlich bereits um rund zwei Grad erwärmt, erläutert der Fischerei-Biologe. Und die Wassertemperatur habe auf alle Lebensstadien der Fische Einfluss - von der Larve bis hin zu gestressten, erwachsenen Tieren, denen die Umgebung zu warm zum Fressen ist.

Für den Fisch-Fan heißt das dennoch nicht komplett: Goodbye Dorschfilet. Denn den Ostsee-Fischern dürften auch künftig immer mal welche mit ins Netz gehen, meint Voss. Das ließe sich gar nicht vermeiden. Voss empfiehlt dann allerdings Fische zu kaufen direkt von den Fischern. "Da gibt's ne schöne Adresse im Internet ‚Fisch vom Kutter', wo man mal nachgucken kann, wo Adressen sind. Das ist aus meiner Sicht die beste Option."

Wahrscheinlich finanzielle Hilfen für Fischer nötig – Alternative Scholle und Flunder

Denn der Zusammenbruch der Dorsch-Population dürfte für die Fischer die schlimmste Nachricht sein. Denn beim Hering gibt es bereits einen Fangstopp und nun könnte der Dorsch folgen. Dabei waren die beiden Arten einst die Brotfische der Fischer, von denen sie gelebt haben. Voss regt deshalb finanzielle Hilfen an. Und hat eine Bitte an die Urlauber: Essen Sie mehr Plattfische! Denn die Populationen von Scholle und Flunder in der Ostsee wachsen und könnten eine gute Alternative zum Dorschfilet sein.

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