eine fliegende Krähe
Der Klimawandel könnte bis Mitte des Jahrhunderts zum Hauptgrund für den Rückgang biologischer Vielfalt werden. Bildrechte: Oliver Thier

Wissen-News Klimawandel könnte Hauptgrund für Rückgang biologischer Vielfalt werden

26. April 2024, 12:13 Uhr

Die globale biologische Vielfalt ist im 20. Jahrhundert allein durch veränderte Landnutzung um zwei bis elf Prozent zurückgegangen, so das Ergebnis einer aktuellen Studie, die vom Deutschen Zentrum für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) geleitet wurde. Diese Entwicklung könnte sich noch verschärfen.

Laut Weltbiodiversitätsrat IPBES gilt Landnutzungswandel (zum Beispiel die Umwandlung von Wald in Weide) als der wichtigste Faktor für den Wandel der biologischen Vielfalt. Die Wissenschaft ist sich jedoch uneins, wie sehr sich die biologische Vielfalt verändert hat. Um diese Frage besser zu beantworten, modellierte das Forschungsteam die Auswirkungen des Landnutzungswandels auf die biologische Vielfalt im 20. Jahrhundert. Die Berechnungen zeigten, dass die weltweite biologische Vielfalt allein aufgrund des Landnutzungswandels um zwei bis elf Prozent zurückgegangen sein könnte. Diese Spanne deckt vier Messgrößen biologischer Vielfalt ab (globale Artenzahl, mittlere lokale Artenzahl, mittlere Lebensraumgröße, mittlere Unversehrtheit der Artengemeinschaft), berechnet mit sieben verschiedenen Modellen.

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Viele blinde Flecken gefüllt

"Indem wir alle Erdregionen in unser Modell einbezogen haben, konnten wir viele blinde Flecken füllen. Wir konnten auch die Kritik an anderen Berechnungsansätzen angehen, die fragmentierte und möglicherweise nicht repräsentative Daten nutzen", erklärt der Studienautor Henrique Pereira, Forschungsgruppenleiter bei iDiv und an der MLU. "Jeder Ansatz hat seine Vor- und Nachteile. Wir denken, dass unser Modellierungsansatz die bisher umfassendste Berechnung des weltweiten Biodiversitätswandels liefert." Mit fünf verschiedenen Modellen berechneten die Forscherinnen und Forscher auch die Auswirkungen des Landnutzungswandels auf sogenannte Ökosystemleistungen, also den Nutzen der Natur für uns Menschen. Sie stellten fest, dass sich im 20. Jahrhundert versorgende Ökosystemleistungen, wie zum Beispiel die Produktion von Nahrungsmitteln und Holz, vervielfacht haben. Dagegen sind regulierende Ökosystemleistungen, wie zum Beispiel Bestäubung durch Insekten oder die Bindung klimarelevanten Kohlenstoffs, leicht zurückgegangen.

Die Forschenden untersuchten auch, wie sich biologische Vielfalt und Ökosystemleistungen in Zukunft entwickeln könnten. Für diese Berechnungen fügten sie den Klimawandel als weiteren Faktor für den Wandel biologischer Vielfalt in ihre Modelle ein. Den Berechnungen zufolge wird der Klimawandel sowohl die biologische Vielfalt als auch die Ökosystemleistungen zusätzlich beeinträchtigen. Während der Landnutzungswandel weiterhin eine wichtige Rolle spielt, könnte der Klimawandel bis Mitte des 21. Jahrhunderts zum Hauptgrund für den Rückgang biologischer Vielfalt werden. Das Forschungsteam bewertete drei oft verwendete Szenarien – von einem Szenario nachhaltiger Entwicklung bis zu einem Szenario hoher Klimagas-Emissionen. In allen Szenarien führen Landnutzungs- und Klimawandel zusammen zu einem Rückgang biologischer Vielfalt in allen Weltregionen. Im Detail zeigen sich erhebliche Unterschiede in den verschiedenen Weltregionen, Modellen und Szenarien.

Links/Studien

Die Studie "Global trends and scenarios for terrestrial biodiversity and ecosystem services from 1900 to 2050" ist im Fachjournal "Science" erschienen.

cdi/pm

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | MDR Aktuell | 25. April 2024 | 15:00 Uhr

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