Flexible Mikroelektronik Sächsische Forscher entwickeln kleinsten Akku der Welt
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22. Februar 2022, 09:20 Uhr
Computer werden immer winziger. Doch ihrem Miniaturisierungspotenzial waren Grenzen gesetzt, denn leider schrumpften die Akkus nicht genauso effizient und schnell wie die Technologie. Forschende der TU Chemnitz und des IFW Dresden haben dieses Problem mittels Mikro-Origami-Verfahren gelöst. So ist es ihnen gelungen die kleinste aufladbare Batterie der Welt herzustellen und damit einen weiteren Meilenstein für die Mikroelektronik zu legen. Das Schrumpfen der Computer kann also weitergehen.
Das Bell'sche Gesetz besagt, dass es etwa alle zehn Jahre eine neue Computerklasse geben wird. Angefangen bei den riesigen Computern der 1960er-Jahre, die ganze Zimmer ausfüllten, gefolgt von den 1970er-Jahren, die mit einem kleineren Workstation-Design daherkamen und im Laufe der Zeit immer kleiner und sogar tragbar wurden. Und heute sind Computer so klein, dass sie mit dem bloßen Auge nur noch schwer zu erkennen sind – verkleinert auf einen Kubikmillimeter, ein staubkorngroßes Gerät mit wahnsinniger Rechenleistung. Die Miniaturisierungsrate beträgt etwa das 100-fache pro Jahrzehnt. Gut möglich also, dass wir bald von Computern sprechen, die tatsächlich nur noch unter dem Mikroskop erkennbar sind. Allerdings gibt es einen Haken. Die Rechenmaschinen müssen mit Energie versorgt werden. Aber genau hier stößt die Wissenschaft immer wieder an Grenzen.
Das Bell’sch Gesetz geht auf den Amerikaner Gordon Bell (geb. 19. August 1934 in Kirksville, Missouri) zurück. Er ist Computeringenieur und emeritierter Wissenschaftler des Microsoft Research Silicon Valley Laboratory.
Herausforderung angenommen
Um die winzigen Computer mit Energie zu versorgen gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen könnten entsprechend kleine und leistungsfähige Batterien entwickelt werden. Zum anderen könnten "Harvesting"-Verfahren zur Energiegewinnung und -umwandlung bereitgestellt werden. Harvesting bedeutet so viel wie abernten, Energie wird also abgeerntet und für die Computer verwendet. Möglich ist das zum Beispiel durch mikrothermische Generatoren, die Wärme in Elektrizität umwandeln. Aber auch mechanische Vibrationen können Energie erzeugen, ebenso wie winzige Photovoltaik- und Solarzellen. Aber leider stehen Vibrationen oder Licht nicht immer und überall zur Verfügung, zum Beispiel im menschlichen Körper. Eine kontinuierliche Versorgung mit Energie wäre also nicht gegeben. Problematisch.
Minicomputer im menschlichen Körper
Moment – was haben Minicomputer im menschlichen Körper verloren? In der Medizin kommen sie zum Einsatz. Kleine Herz- und Hirnschrittmacher können bestimmte Funktionen des Körpers in Gang halten. Aber es geht auch noch kleiner. So zum Beispiel schreitet die Entwicklung intravaskulärer Implantate und Sensoren schnell voran. Diese Sensoren sind so klein, dass sie in die Blutgefäße eingesetzt werden und zum Beispiel kontinuierlich den pH-Wert des Blutes messen können. Das kann zum Beispiel bei der Früherkennung von Tumoren helfen. Aber diese sogenannten "Smart-Dust-Anwendungen", zu Deutsch intelligenter Staub, müssen natürlich mit Energie versorgt werden. Minibatterien wären also eine wirklich praktische Lösung.
Winzig, aber dennoch zu groß
Für die On-Chip-Herstellung von Batterien, also das direkte Integrieren der Batterie auf dem Computer-Chip, kommen zum Beispiel gestapelte Dünnschichten, Elektrodensäulen oder ineinandergreifende Mikroelektroden zum Einsatz. Das ist technisch aufwändig, denn es muss ein gutes Gleichgewicht gefunden werden, um die Batterie möglichst klein aber sehr leistungsfähig zu machen. Die bisherigen Lösungen waren zwar klein, aber immer noch zu groß. Und mit groß ist hier ein Ausmaß von mehr als einem Quadratmillimeter gemeint. Die Herausforderung für die Forschenden war also: Die Batterie muss deutlich kleiner als ein Quadratmillimeter sein und trotzdem eine Mindest-Energiedichte von 100 Mikrowattstunden pro Quadratzentimeter besitzen.
Was Biskuitrollen und Tesla gemeinsam haben
Um die gewünschte Leistung auf minimalstem Raum zu erbringen, haben die Forschenden des Zentrums für Materialien, Architekturen und Integration von Nanomembranen (MAIN) an der Technischen Universität Chemnitz und des Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoffforschung (IFW) Dresden das bereits bekannte "Swiss-Roll-Verfahren" auf die Mikroskala übertragen. "Swiss-Role" heißt zu Deutsch Biskuitrolle. Tesla benutzt diese Technologie übrigens zur Herstellung der Akkus für die Elektroautos.
Dazu werden auf einer Wafer-Oberfläche, also auf einer Halbleiterplatte, abwechselnd dünne Lagen aus polymerischen, metallischen und dielektrischen Materialen aufgebracht. Diese Schichten stehen unter Spannung. Werden sie gelöst, entlädt sich die Spannung und die Schichten rollen sie sich wie eine Biskuitrolle zusammen. Auf diese Weise kann eine gewickelte Batterie hergestellt werden. Und das geht nun durch das sächsische Forschungsteam rund um Prof. Oliver Schmidt und Dr. Minshen Zhu auch auf Mikroebene.
Mikro-Origami der Zukunft
Weil sich die Batterie wie ein Papierkranich von einem 2D-Objekt in ein 3D-Objekt verwandelt, wird das Verfahren auch als Mikro-Origami-Verfahren bezeichnet. Die aufladbaren Mikrobatterien können die weltweit kleinsten Computerchips etwa für zehn Stunden mit Energie versorgen. Obwohl man in Sachen Energieversorgung von Mini-Computerchips auf diese Weise einen großen Schritt vorangekommen ist, birgt die Technologie ein enormes Optimierungspotenzial. Die Forschenden, die ihre Erkenntnisse im Fachjournal "Advanced Energy Materials" veröffentlicht haben, gehen davon aus, dass wir in Zukunft noch viel leistungsstärkere Mini-Akkus zu Gesicht bekommen werden. Die Einsatzmöglichkeiten sind in jedem Fall mannigfaltig und reichen von miniaturisierten medizinischen Implantaten, über Mikrorobotik bis hin zur mikro- und nanoelektronischen Sensorik.
JeS/TUC
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