Verhaltensforschung Nicht nur bei Vollmond: Alte Hunderassen sprechen und verstehen "Wolfs-Sprache" besonders gut
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06. Februar 2023, 16:28 Uhr
Bellen tun sie alle. Und manche Hunde heulen, andere nicht. Aber steckt in Ihnen noch genug Wolf, so dass sie die Sprache ihrer Ahnen verstehen können? Forschende aus Ungarn haben das herausgefunden – allerdings nicht unterm Vollmond, sondern mit Playback.
Da sind wir Menschen schon bekanntermaßen allesamt einer einzigen Rasse zuzuordnen und trotzdem sprechen wir nicht dieselbe Sprache. Weder die der Artverwandten am anderen Ende der Erde, noch die unserer Urahnen. Sofern Sie das bedrückt – vielleicht tröstet es Sie, dass es einem Mops da im Grunde auch nicht besser geht.
Im Falle eines Vollmonds in der Lausitz hätte er kaum Möglichkeiten, in den nächtlichen Gesangsverein seiner sehr weit entfernten Verwandtschaft einzutreten. Das legt aktuelle Forschung aus Ungarn nahe. Ein Ethologie-Team an der Eötvös Loránd-Universität in Budapest hat untersucht, wie gut Hunde das Geheule von Wölfen verstehen. Und wie gut sie es erwidern können. Dazu kamen 68 reinrassige Familienhunde in den Genuss von Wolfsheulaufnahmen. Die Hunde wiesen eine unterschiedliche genetische Nähe zum Wolf auf – Wurzeldistanz nennt sich das.
🐕 Bei Anruf Ahuuuuuujuu …
Wölfe bellen nicht, Wölfe heulen. Ein echter Kommunikationsklassiker unter den Tieren. Aber es ist auch bei anderen Hundearten weit verbreitet, wie mitunter in einer hundereichen Nachbarschaft des Nachts zu hören. Das Heulen ist sowas wie das Telefon der Wölfe und dient der Fernkommunikation, zum Beispiel um Reviergrenzen zu markieren und auch, um die Position der anderen Wölfe zu bestimmen, die oft ebenfalls mit Heulen antworten.
Rassen wie dem Wolf ähnliche Schlittenhunde gelten als "Heuler". Aber reagieren so auch auf irrelevante, laute Geräusche (Glocken, Sirenen, Musik). Andere Hunde heulen gar nicht, obwohl sie dazu biologisch in der Lage wären. Na, es telefoniert ja auch nicht jeder Mensch gleich gern.
"Unseren Ergebnissen zufolge neigen Rassen, die dem Wolf genetisch ähnlicher sind (alte Rassen), eher dazu, auf Wolfsheulwiedergaben mit ihrem eigenen Heulen zu antworten", erklärt Fanni Lehoczki, Erstautorin der Studie. Andererseits würden Hunde, die mit Wölfen entfernter verwandt sind (also moderne Rassen), typischerweise mit Bellen statt mit Heulen reagieren. "Es scheint, dass das Heulen zwar zum Repertoire der meisten Rassen gehört, aber aufgrund des veränderten sozialen Umfelds seine Funktion verloren hat, so dass moderne Rassen es in entsprechenden Situationen nicht mehr einsetzen."
Die Verhaltensforschenden konnten auch feststellen, dass Rassen, die mehr heulen, auch mehr stressbedingte Verhaltensweisen in dieser Situation zeigen. Sie vermuten, dass ältere Rassen, die genetisch näher am Wolf sind, die im Wolfsgeheul kodierten Informationen besser verarbeiten können als moderne Rassen. "Es ist möglich – in Übereinstimmung mit unserer Hypothese –, dass das Heulen, das bei einem höheren Stressniveau auftritt, eine Angstreaktion ist", so Tamás Faragó, ebenfalls Erstautor der Studie. Das könnte darauf hindeuten, dass ältere Hunde ängstlicher sind – denn das genetische Heul-Erbe tritt nur bei Hunden über fünf Jahren auf.
Versuchsaufbau im Video:
Zwar konnten keine Unterschiede zwischen kastrierten und nicht-kastrierten Hündinnen festgestellt werden. Bei Rüden sieht es aber anders aus. Kastrierte Männchen mit wenig Testosteron neigen eher zum Heulen, was sich mit der Annahme trifft, dass kastrierte Rüden ängstlicher sind. Und obwohl Hund und Mensch ebenfalls eine andere Sprache sprechen, kann das Heulen eines Hundes von unsereins gut verstanden werden, so Fanni Lehoczki. Es könne bedeuten: Komm mir nicht näher, ich habe Angst.
flo
Links/Studien
Die Studie Genetic distance from wolves affects family dogs’ reactions towards howls erschien m 6. Februar 2023 im Fachjournal Communications Biology.
DOI: 10.1038/s42003-023-04450-9
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Tierisch tierisch | 01. Februar 2023 | 19:50 Uhr
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