Technologie statt Chemie Hausschwamm, Schlagloch, nasse Mauern: Sanieren mit Radiowellen
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02. Mai 2021, 10:00 Uhr
Elektromagnetische Wellen bringen Ihnen das Radioprogramm ins Auto oder in die Küche. Diese Radiowellen können aber noch mehr, als Musik und Worte transportieren, nämlich Häuser sanieren, Böden reinigen oder Schlaglöcher reparieren.
Es klingt knisternd und knackend, wenn man auf Kurzwelle nach Radioprogrammen sucht. Bei 13,56 Megahertz allerdings herrscht Ruhe. Diese Frequenz ist für technische Anwendungen freigehalten. "Die grundlegende Idee, die der ganzen Radiowellengeschichte zugrunde liegt, ist ja, dass Wärme direkt in bestimmte Körper eingebracht wird", erklärt Dr. Markus Kraus von Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung.
Wie eine Mikrowelle
Radiowellen verhalten sich ähnlich, wie die aus der heimischen Küche vertrauten Mikrowellen. "Diese elektromagnetischen Wellen regen ionische Strukturen in den Materialien zu einer kleinen Zitterbewegung an. Und diese Zitterbewegung wird in Wärme direkt im Material umgesetzt", sagt Kraus. Die Wärme lässt Schadstoffe aus dem Boden verdampfen oder mobilisiert Bakterien, die Kohlenwasserstoffe abbauen.
Mit Radiowellen reinigte das Team um den Leipziger Umweltforscher Ulf Roland Anfang der 2000er-Jahre den Boden eines Chemiebetriebes in Zeitz und den Untergrund von englischen Tankstellen. "Wir haben dann überlegt, in welchen Bereichen man die Methode der Radiowellenerwärmung noch einsetzen kann und für welche anderen Materialien", sagt Roland.
Resultat des Nachdenkens und Ausprobierens: Es gibt kaum Grenzen. Radiowellen durchdringen mit Ausnahme von Metallen alle Materialien und bringen die Moleküle zum Schwingen, was im Material Wärme erzeugt. Selbst meterdicke Klostermauern lassen sich so erwärmen und damit trocknen. Vor allem ist die Temperatur im Inneren der Mauern punktgenau zu steuern.
Hausschwamm ohne Chemikalien bekämpfen
Physiker Markus Kraus nennt einen weiteren Vorzug der Radiowellen: "Wenn ich eine Wand habe, die getrocknet werden muss und die Oberfläche zum Beispiel eine Gipsstuckarbeit aufweist, die nur Temperaturen bis zu 40 oder 50 Grad Celsius erfahren darf, dann ist es mit Radiowellen zum Beispiel möglich, die Ziegelwand zu erwärmen und davor die Oberfläche aber gleichzeitig zu kühlen und kühl zu halten."
Nicht nur nasses Mauerwerk profitiert von den Radiowellen, auch das Holz, sagt Ulf Roland. "Hier versucht man mehr und mehr chemische Holzschutzmittel durch alternative Verfahren zu ersetzen. Und hier ist die Radiowellenanwendung durchaus auch eine Methode, um Schädlinge aus Holz zu entfernen oder Schädlinge abzutöten, Hausschwamm zu bekämpfen und das ohne den Einsatz von Chemikalien."
Und dort, wo schon Chemikalien im Holz sind, beweisen die Radiowellen, dass sie nicht nur Böden sanieren können, sondern giftige Holzschutzmittel wie Lindan oder DDT aus Balken und Parkett vertreiben können.
Radiowellen zum Reparieren von Straßen
Seit rund einem Vierteljahrhundert forscht Ulf Roland an den Radiowellen. Jetzt haben er und sein Team aus Wissenschaftlern des Umweltforschungszentrums und der HTWK Leipzig eine eigene Firma gegründet, um ihre Ideen industriell zu nutzen. Einem derzeit ganz akutem Problem widmen sie sich als erstes. "Aktuell arbeiten wir an der Fertigstellung von einem Prototyp zur Schlaglochsanierung, wo wir heißen Asphalt bereitstellen wollen", sagt der Chemiker Ulf Trommler.
Wie jeder Rad- und Autofahrer leidvoll erlebt: Winterliche Schlaglöcher werden erst im Frühling geflickt. Grund ist die Winterpause der Asphaltwerke. Mit Hilfe der Radiowellen kann das Asphaltgranulat ganzjährig direkt vor Ort erwärmt werden. "Die Maschine erwärmt dann automatisch bedarfsgerecht den Asphalt. Er kann dann in die Schlaglöcher eingebracht und die Straße saniert werden. Außerdem arbeiten wir auch noch an einer anderen Maschine, wo wir die Schlaglöcher vorwärmen könnten, damit die Verbindung zwischen dem Heißasphalt, den wir bereitstellen und der Straße bestmöglich hergestellt werden kann", erklärt Trommler.
Das Fahrzeug zur Schlaglochsanierung rollt im Idealfall ökologisch korrekt mit einem Wasserstoffantrieb zum Schlagloch. Getrocknet wird der Wasserstoff mit Radiowellen. "Wasserstoff wird ja meistens gebraucht in einer sehr edlen Form, also sehr rein, sehr trockenen Form und die halt nicht gegeben ist, wenn sie aus den Elektrolyseuren herauskommt", sagt der Chemiker.
Getrocknet werden Wasserstoff ebenso wie Biogas durch sogenannte Absorber. Stoffe, die das Wasser aufnehmen, aber dann ihrerseits getrocknet werden müssen, um weiter zu funktionieren. Mit Radiowellen lassen sich große Mengen der Absorber schnell trocknen. Das gleiche gilt für jene Absorber, die die Abluft von Ställen oder Fabriken reinigen. Auch sie profitieren von Radiowellen.
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