Forschung in Corona-Zeiten: Eine Frau und ein Mann mit durchsichtigem Gesichtsschutz in einem Labor.
Sunny Huang und Calvin Carter entdeckten, dass sich der Blutzuckerspiegel von Mäusen mit Diabetes 2 normalisierte, nachdem sie einige Stunden elektromagnetischen Feldern ausgesetzt waren. Bildrechte: Susan McClellen, University of Iowa Health Care

Forschung Diabetes: Blutzuckerwert im Schlaf regulieren?

08. Oktober 2020, 05:08 Uhr

Ein Forschungsteam der Uni Iowa hat etwas Verblüffendes entdeckt: Elektromagnetische Felder beeinflussen die Blutzuckerwerte. Das könnte den bisherigen Umgang mit Diabetes 2 auf den Kopf stellen.

Für Diabetiker wäre es eine Revolution: sechs Stunden unter elektromagnetischer Strahlung schlafen und danach ist der Blutzuckerwert für die nächsten drei Tage im grünen Bereich. Das klingt auf den ersten Blick ziemlich verrückt, ist aber das Ergebnis von Forschungen an der Uniklinik Iowa. Bei Laborarbeiten an Mäusen mit Diabetes 2 bemerkte das Forschungsteam eher durch Zufall, dass sich der Blutzuckerwert der Mäuse normalisierte, wenn sie über mehrere Stunden elektromagnetischer Strahlung ausgesetzt waren. Diese Werte blieben über drei Tage stabil.

"Das bedeutet, dass nicht-invasives Diabetes-Management denkbar ist, der Blutzuckerwert könnte quasi 'ferngesteuert' werden", sagt Studienleiter Calvin Carter, der an der Universität Iowa forscht. Für Diabetes-Patienten, die sich mit den herkömmlichen Behandlungsmethodenschwer tun, könnte diese Form der externen Blutzucker- Regulierung ein guter Ansatz sein.

Aber lässt sich der Mäusefund auf den Menschen übertragen? Die Forscher arbeiteten tatsächlich auch schon mit menschlichen Zellen, nämlich Leberzellen. Sie wurden  sechs Stunden lang elektromagnetischen Feldern ausgesetzt. Dabei registrierten sie, dass sich der Surrogatmarker, der die Insulin-Sensivität anzeigt, deutlich veränderte. Ein Hinweis darauf, dass die Strahlung auf Molekülebene nützliche chemische Reaktionen verursacht.   

Externe Diabetes-Regulierung: ein denkbarer Weg?

Wie bewertet man in der Diabetes-Forschung in Deutschland die Regulierung via Elektromagnetstrahlung? Dr. Peter Schwarz ist Professor für innere Medizin und Prävention des Diabetes an der Uniklinik Dresden. Er sagt gegenüber MDR WISSEN, generell sei und bleibe das stärkste Mittel, den Blutzuckerwert zu regulieren, Bewegung. Aber mit Bewegung sieht es ja eher mau aus, wenn man mehrere Stunden unter Bestrahlung döst? Der Dresdner Diabetologe findet das Konzept spannend:

Der Ansatz ist aus wissenschaftlicher Sicht hochinteressant. Die US-Forscher zielen bei ihrem Ansatz auf die in der Leber verantwortlichen Resistenzen gegen das Insulin, also darauf, dass dort krankhafte Prozesse unterbrochen werden.

Professor Dr. Peter Schwarz
Mann mit Brille
Professor Dr. Peter Schwarz Bildrechte: TU Dresden

Sind diese Forschungsergebnisse nun aber nur ein netter Fund an sich, oder deutet sich hier tatsächlich eine neue Art fürs das Blutzucker-Managment der Zukunft an? Es sind in jedem Fall noch viele Fragen zu klären, meint Professor Schwarz. Er nennt einige Knackpunkte: Wie reagiert der Körper nach vielleicht zehn solchen Strahlungs-Sitzungen? Bleibt der Regulierungs-Effekt erhalten, bleibt er gleich oder schwächt er sich irgendwann ab? Was ist mit Nebenwirkungen, zum Beispiel wenn Menschen hochsensibel auf Strahlung reagieren? Wären die nach einer mehrstündigen Magnetfeld-Behandlung anschließend körperlich fit, oder hätten sie anschließend den ganzen Tag Kopfschmerzen? Was passiert nach vielleicht fünf Jahren im Gehirn?

Noch gibt es auf diese Fragen keine Antworten. Die Forscher in Iowa jedenfalls wollen ihren Ansatz weiterverfolgen. Sie haben ein Startup gegründet und forschen weiter an ihrem nicht-invasiven Blutzucker-Management für Diabetes-Patienten.

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