Paläontologie Damit ich dich besser packen kann: Urzeit-Haie hatten gespaltene Unterkiefer
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26. November 2020, 15:21 Uhr
Wenn wir das Maul eines heutigen Hais sehen, sind wir von den vielen spitzen Zähnen beeindruckt. Dabei können die Kiefer noch etwas anderes. Sie stülpen sich – dank der Knorpel im Gebiss – nach vorn. Das sieht in manchen Fällen wie bei dem Koboldhai aus, als renke sich der Kiefer aus. Das allein ist schon beeindruckend. Die Urzeithaie konnten aber noch etwas ganz anderes, was heute so kein Hai mehr kann.
370 Millionen Jahre alt, mit 30 Zentimetern so groß wie ein Hering, spitz zulaufendes Maul - also kein Riese, sondern eher ein Mini-Hai. Aber er konnte etwas, was seine Verwandten heute nicht mehr können. Sein Kiefer rotierte nach außen. Christian Klug vom paläontologischen Institut der Universität Zürich hat mit einem Team der Universität Chicago und dem Naturalis Biodiversity Center in Leiden dem in Marokko gefundenen Knorpelfisch aus dem Devon auf den Zahn gefühlt - mittels Computertomographie und 3-D-Drucker. Klug schildert, was ihnen dabei auffiel:
Dann haben wir entdeckt, dass sich eben nicht nur wie beim Menschen der Kiefer nach unten und oben klappt, sondern sich dabei die Kiefer-Äste auch nach außen drehen. Das ist aber bei uns Menschen nicht möglich, weil die beiden Unterkieferäste miteinander verwachsen sind.
Funde wie dieser erhellen das Bild der frühen Haie. Der Unterkiefer war dort, wo bei uns die Schneidezähne sind, getrennt. Und die beiden Kieferhälften konnten sich deshalb unabhängig voneinander bewegen. Die Gelenke, in denen sie saßen, drehten sie also nach außen, wenn sich das Maul öffnete und so stellten sich die Zähne auf, die eigentlich nach innen zeigten:
Das heißt, eigentlich wären die normalerweise noch gar nicht funktional, weil die dafür falsch orientiert sind. Wenn der Kiefer sich nach oben dreht, dann stehen die Zähne plötzlich auf und werden funktional.
Und wenn nun dieser Mini-Hai zugebissen hatte und das Maul wieder schloss, drehten sich die Zähne der beiden getrennten Unterkiefer wieder nach innen. Ganz schön praktisch, findet Forscher Christian Klug:
Das heißt, die ziehen die Beute auch in ins Maul rein. Das kann man sich vielleicht wie so eine Art Klettverschluss vorstellen. Das heißt, die hielten wahrscheinlich die Beute sogar noch besser fest.
Für Christian Klug und das Team geht es nun weiter. Denn dieser 30 cm kleine Mini-Hai ist nur Vertreter eines Zweigs in der großen Familie der Haie. Jetzt geht es darum zu untersuchen, in welcher Linie sich dieses Gebiss fortsetzt und in welcher nicht. "Eine Heiden-Arbeit", sagt Klug:
Da sitzt man Monate bis vielleicht ein halbes Jahr dran, je nachdem, wie es läuft. Das liegt auch daran, dass es genug Hai-Fossilien gibt. In den vergangenen Jahren hat man jede Menge gefunden.
Link zur Studie
Die Studie "A symmoriiform from the Late Devonian of Morocco demonstrates a derived jaw function in ancient chondrichthyans" ist in "Communications Biology" erschienen. Sie können sie hier lesen.
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