Symbolbild: Ein Mann hält seine Hand auf die Schulter einer Frau
Schuldgefühle. Es gibt da klare Unterschiede zwischen Männer und Frauen, zeigt eine aktuelle Befragung. Bildrechte: Colourbox.de

Erfurter Studie über Schuldgefühle Welche Missetaten machen uns das Leben schwer?

10. September 2022, 12:00 Uhr

Schuldgefühle erfüllen eigentlich einen guten Zweck: Kinder lernen so, sich dem Wertesystem anzupassen, das sie umgibt, sich anderen gegenüber sozial zu verhalten und Beziehungen aufrechtzuerhalten. Uns Erwachsene hingegen kosten sie vor allem Kraft. Auf Dauer können sie sogar krank machen, zum Beispiel Depressionen auslösen. Doch welche Missetaten liegen uns am häufigsten auf der Seele? Forschende in Erfurt haben das untersucht.

Wofür hatten Sie zum letzten Mal ein schlechtes Gewissen? Weil Sie nicht die Wahrheit gesagt oder sich zu wenig um die Familie gekümmert haben? Dann sind Sie in guter Gesellschaft, wie eine aktuelle Studie belegt, die jetzt im Fachmagazin BMC Psychology. Forschende der Fachhochschule Erfurt und der SRH Hochschule für Gesundheit hatten unter der Leitung von Sozialwissenschaftler Prof. Tobias Luck 604 Erwachsene online befragt, wofür sie sich schuldig fühlten. Das Ergebnis: Die Anlässe für ein schlechtes Gewissen sind bei uns allen recht ähnlich. Die beiden hier genannten sind die Spitzenreiter unter 1.515 Gründen, die die Teilnehmer insgesamt angaben. Darunter waren viele Facetten von: sich anderen gegenüber nicht korrekt verhalten, jemanden emotional verletzt zu haben, Anforderungen nicht erfüllt oder Fehler gemacht zu haben.

Auch wenn es insgesamt eine große Übereinstimmung gibt, fallen doch Unterschiede zwischen Männern und Frauen und zwischen Jung und Alt auf: Frauen fühlen sich deutlich häufiger schuldig, wenn es um die Beziehung zu ihren Kindern und Familienmitgliedern allgemein geht oder die Verantwortung für das Wohlergehen anderer. Männer hingegen belastet es, wenn sie sich ein Fehlverhalten vorzuwerfen haben oder wenn es Probleme auf Arbeit gibt. Jüngere Probanden gaben deutlich mehr Gründe an, für die sie sich schuldig fühlten als ältere. Am häufigsten nannten alle Beteiligten sehr konkrete, persönliche Anlässe wie Konflikte mit anderen Menschen, Unzufriedenheit mit der eigenen Leistung bzw. dem eigenen Verhalten. Übergeordnete Problemfelder wie Schuldgefühle im Hinblick auf religiöse Überzeugungen eine subjektiv empfundene allgemeinere Verantwortung für die Gesellschaft, die Menschheit, die Probleme der Welt, wurden deutlich seltener genannt.

Sich schuldig fühlen für einen guten Zweck

Mit dem Ergebnis ihrer Studie sahen sich die Forschenden in ihre Vermutung bestätigt, dass Schuldgefühle bei Erwachsenen in Deutschland ein weit verbreitetes Phänomen sind. Sie kosten Kraft, können aber auch einen guten Zweck erfüllen: Sie sorgen dafür, dass wir unser Verhalten reflektieren und anpassen, uns also weiterentwickeln können. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass wir aus unserem Missempfinden lernen und es beim nächsten Mal anders machen: Aufgaben nicht aufschieben, Prioritäten anders setzen, um mehr Zeit für die Familie zu haben, ehrlich sein, auch wenn es weh tut.

Links/Studien

Die Stduie "The wide variety of reasons for feeling guilty in adults: findings from a large cross‑sectional web‑based survey" ins in BMC Psychology erschienen. Hier können Sie sie als pdf nachlesen.

krm