Infektionslage am 13. Januar Drei Jugendliche in Sachsen-Anhalt sterben durch bakterielle Infektion nach Grippe

17. Januar 2023, 11:18 Uhr

Die Zahl neuer Influenza-Fälle ist stark rückläufig, doch das Virus hat trotzdem Folgen: In Sachsen-Anhalt starben drei junge Menschen an bakteriellen Infektionen, die sie sich parallel eingefangen hatten.

  • Während der Grippewelle kommt es zu Sekundärinfektionen mit bakteriellen Erregern wie Scharlach. Dass es nun drei Todesfälle gegeben hat, deutet das RKI als Hinweis auf einen Anstieg schwer verlaufender Infektionen zum Jahreswechsel hin.
  • Die Zahl neuer Grippeansteckungen war in der ersten Januarwoche weiter rückläufig. Allerdings waren zu diesem Zeitpunkt in den meisten Bundesländern die Schulen noch geschlossen.
  • Die 7-Tage-Inzidenz bei Covid-19 ist weiter gefallen, Experten sehen derzeit die Gefahr einer neuen Ansteckungswelle durch XBB.1.5 nicht als besonders groß an.

Bakterielle Sekundärinfektionen haben zu drei Todesfällen bei Kindern und Jugendlichen in Sachsen-Anhalt geführt, die um den Jahreswechsel herum dem Robert Koch-Institut gemeldet wurden. Das teilt das RKI in seinem aktuellen Influenza-Wochenbericht mit. Bei allen drei Betroffenen sei Influenza nachgewiesen worden, alle drei zeigten Symptome einer bakteriellen Hirnhautentzündung (Meningitis). In zwei Fällen konnte "Streptococcus pyogenes" als Zweiterreger nachgewiesen werden, im dritten war es "Staphylococcus aureus". Hinweise auf Multiresistenzen gegen Antibiotika seien im Labor nicht festgestellt worden, schreiben die Epidemiologen.

Ärzte und Labors sollten bei Grippe häufiger auch auf bakterielle Erreger testen

Sekundärinfektionen treten während der Grippe- und Erkältungszeit immer wieder auf. Eine Influenza-Infektion belastet das Immunsystem. Der Körper muss seine gesamten Abwehrkräfte mobilisieren, um das Virus zu bekämpfen. Dadurch ist die Verteidigung beschäftigt und andere Krankheitserreger können die Gelegenheit für eine Ansteckung nutzen.

Die jetzigen Vorkommnisse sind aus Sicht der RKI aber ein Warnsignal. "Die drei Todesfälle weisen auf einen Anstieg schwerer Erkrankungen durch bakterielle Sekundärinfektionen nach Influenza-A-Infektion hin." Weil sich im vergangenen Herbst besonders viele junge Menschen zur gleichen Zeit mit Grippe angesteckt haben, rät das RKI Ärzten und Labors nun dazu, verstärkt auch auf bakterielle Erreger zu testen.

Eine ähnliche Entwicklung wurde zuvor auch in anderen europäischen Ländern beobachtet. Die WHO hatte im Dezember nach Berichten aus Großbritannien und Frankreich vor einer Welle schwerer Infektionen mit A-Streptokokken gewarnt, die unter anderem Scharlach auslösen. In Großbritannien waren daran bis Weihnachten laut der UK Health Security Agency 21 Kinder im Alter bis zu 15 Jahren gestorben.

Münchner Virologe sieht bei Grippewelle ähnliche Dynamik wie zuvor in Australien

Die Zahl neuer Influenza-Ansteckungen ist dagegen weiter rückläufig. In der ersten Woche von 2023 wurden 13.779 neue Infektionen gemeldet, das sind weniger als ein Viertel im Vergleich zu drei Wochen vorher. Seit Anfang Oktober wurden dem RKI insgesamt rund 250.000 Grippefälle gemeldet. In den Jahren vor der Pandemie kam es normalerweise erst im Februar und März zum Großteil der Ansteckungen.

Das Diagramm zeigt den Verlauf der Grippewelle während der Grippesaison in Australien im Sommer 2022 und vergleicht ihn mit den Jahren vor der Pandemie.
Die Grippewelle in Australien begann früh, endete aber auch abrupt wieder. Bildrechte: Australian National Notifiable Diseases Surveillance System (NNDSS)

Der Münchner Virologe Oliver Keppler von der Ludwig-Maximilians-Universität sieht eine Parallele zum Verlauf der Grippewelle in Australien im vergangenen Juli. Dort kam es nach der Abschaffung der Coronamaßnahmen zunächst zu einem steilen Anstieg der Fallzahlen bei Influenza. Diese endete jedoch nach einem frühen Höhepunkt wieder.

"Wir haben schon auf der Südhalbkugel gesehen, dass diese Rhythmik sich nach zweieinhalb Jahren Corona-Maßnahmen nach vorne verschoben hat", sagte er. "Die Influenzawelle war auch in Australien zwei Monate früher als üblich." Zu den aktuell im Vergleich zu den Vorwochen niedrigen Zahlen in Deutschland muss allerdings gesagt werden, dass in der ersten Januarwoche in den meisten deutschen Bundesländern noch Schulferien waren. Wie sich die Infektionsdynamik im neuen Jahr entwickelt, dürfte erst in ein bis zwei Wochen richtig sichtbar werden.

RSV: In diesem Jahr anderer Virusstamm als 2021

In den Krankenhäusern sorgte der Rückgang neuer Ansteckungen für eine Entlastung. In beinahe allen Altersgruppen war die Zahl neuer Einweisungen aufgrund schwerer Atemwegserkrankungen wie Grippe oder Corona stark rückläufig. Nach wie vor werden vor allem Senioren über 60 Jahre behandelt. Hier ist weiterhin Sars-CoV-2 der häufigste Erreger. Daneben sind es Kinder unter vier Jahren die sich mit dem RS-Virus angesteckt haben.

Bei RSV dominiert in diesem Jahr der Typ B. Während der frühen und starken RSV-Welle im Sommer und Herbst 2021 war es dagegen vor allem RSV-A. Das zeigen Daten, die im Influenza-Wochenbericht jetzt veröffentlicht wurden. Die Verschiebung erklärt möglicherweise, warum sich einige Kinder auch in diesem Jahr wieder angesteckt haben.

Corona: Inzidenz sinkt weiter – auch im Abwasser geht die Viruslast zurück

Bei Covid-19 ist die 7-Tage-Inzidenz aktuell auf 106,8 gesunken. Dass dahinter nicht nur weniger Tests, sondern ein echter Rückgang der Ansteckungsdynamik stehen könnte, darauf deuten Daten aus der Überwachung der Viruslast im Abwasser hin. In dem Modellversuch mit wöchentlichen Messungen in 20 bis 40 Kläranlagen in Deutschland sinken seit dem Jahreswechsel die gemeldeten Viruslasten mit Sars-CoV-2.

Die aktuell in den USA stark verbreitete Variante XBB.1.5 kommt inzwischen zwar auch in Deutschland in rund einem Prozent der im Labor untersuchten Virusvarianten vor. Doch dass es dadurch zu einer neuen Welle von Ansteckungen in Deutschland kommt, sei noch nicht klar, sagt der Virologe Christian Drosten von der Charité in der aktuellen Ausgabe des Podcasts Coronavirus Update. Denn die Randbedingungen unterscheiden sich in beiden Ländern.

Drosten: Letzte Coronawelle in den USA länger her, zudem Winterbedingungen

Während die USA bereits seit einiger Zeit keine neue Coronawelle mehr durchgemacht haben, haben sich in Deutschland viele Menschen zwischen September und Dezember mit BA.5 infiziert und so einen relativ aktuellen Immunschutz erworben. Zudem hatte ein Wintersturm über die Weihnachtsfeiertage für extrem kalte Temperaturen und teilweise auch Stromausfälle in den USA gesorgt. Unter solchen Bedingungen sind bei vielen Menschen die Abwehrkräfte geschwächt.

Auch bei Covid-19 werden aber erst die Zahlen der kommenden beiden Wochen sagen, ob wirklich die Bevölkerungsimmunität das Ansteckungsgeschehen bremst oder ob es noch die Effekte von Schulferien und Urlauben sind.

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | 06. Januar 2023 | 12:38 Uhr

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