Erbrkankheiten Mitochondrien-Austauschtherapie: Britische Babys mit Erbgut von drei Menschen
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12. Mai 2023, 16:40 Uhr
Defekte Gene in den Mitochondrien können zu schweren Krankheiten führen. In Großbritannien sind nun erstmals durch künstliche Befruchtung gezeugte Kinder geboren worden, bei denen zuvor Mitochondrien ersetzt wurden.
Erstmals sind in Großbritannien Babys zur Welt gekommen, die das Erbgut von drei Menschen tragen. Das geht aus einem Bericht des "Guardian" vom Mittwoch hervor. Demnach bestätigte die Embryology Authority (HFEA) auf Nachfrage des Blattes, dass eine kleine Zahl von per künstlicher Befruchtung gezeugten Babys bereits unter einem entsprechenden Programm geboren wurde. Es ist nicht das erste Mal weltweit, dass Babys mit drei genetischen Elternteilen auf die Welt gekommen sind, so gab es bereits 2016 in Mexiko und 2019 in Griechenland ähnliche Fälle.
Ziel der Therapie: Vermeidung genetische Krankheiten
Die Technik der Mitochondrial Replacement Therapy (Mitochondrien-Austauschtherapie) wird angewandt, um Schäden bei Kindern zu vermeiden, die durch vererbbare Defekte der sogenannten Mitochondrien-DNA der Mutter entstehen könnten. Mitochondrien sind in jeder Körperzelle enthalten, sie werden oft auch als die Kraftwerke bezeichnet und produzieren unter anderem lebensnotwendige Wärme. Sie verfügen aber auch über eigenes Erbgut, das beschädigt sein und dann im Leben zu schweren Erbkrankheiten führen kann.
Deshalb wird bei der Mitochondrien-Austauschtherapie das genetische Material eines durch künstliche Befruchtung erzeugten Embryos in eine Eizelle einer weiteren Person eingesetzt, deren Mitochondrien intakt sind. Das Erbgut der Eizell-Spenderin ist aber beim Kind auf eine sehr kleine Zahl von Genen beschränkt. 99,8 Prozent des Erbguts des so gezeugten Embryos stammen schließlich von der Frau und dem Mann, deren Eizelle und Sperma Ausgangspunkt der künstlichen Befruchtung waren.
Erfolg der Therapie noch unklar
Durchgeführt wurde das Programm durch das Newcastle Fertility Centre. Zu den Geburten wollten sich das Institut unter Berufung auf Persönlichkeitsrechte der Betroffenen aber nicht äußern, wie der "Guardian" berichtete. Dem Blatt zufolge ist eines von 6.000 Babys von mitochondrialen Genschäden betroffen.
An den konkreten Fällen nicht beteiligte Forschende formulieren nach den Medienberichten nun dringende Fragen an die beteiligten Mediziner. So hoffen sie auf die Veröffentlichung von mehr Daten und Aussagen zu den möglichen Risiken der Prozedur. Deren Erfolg ist offen, denn möglicherweise werden die gespendeten Mitochondrien später doch ersetzt von solchen, die aus der Erbinformation der Mutter hervorgehen und potenziell die Gendefekte tragen. Dieses Phänomen namens "Reversal" diskutiert ein Bericht des Magazins "nature".
(dpa/ens)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 10. Mai 2023 | 14:36 Uhr