Pille für den Mann? Neues Verhütungsmittel lässt Spermien nicht in die Eizelle
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18. Januar 2023, 17:04 Uhr
Forschende haben eine neue Verhütungsmethode entwickelt, die die Spermien lahmlegt. Damit diese durch die Eihülle zur Befruchtung eindringen können, sondern sie vorher Kaliumionen ab. Ein belgisch-amerikanisches Forschungsteam hat jetzt herausgefunden, durch welchen Kanal das geschieht und wie sich dieses Wissen eventuell für eine neue Art der Schwangerschaftsverhütung nutzen ließe. Wie wertet die Wissenschaft ihren Ansatz?
"VU0546110" heißt die spezielle Substanz, die im Kaliumkanal SLO3 verhindert, dass ein Spermium Kaliumionen absondert, um die Ei-Hülle zur Befruchtung zu durchdringen. Dabei verringert es nämlich seine Oberflächenspannung und kommt besser vorwärts. Wenn dieser Prozess, man nennt ihn in der Forschung Hyperpolarisation, nicht funktioniert, kommt es nicht zur Befruchtung. Ein Forschungsteam aus den USA und Belgien hat nun erstmals aufgezeigt, um welchen Kanal es sich handelt, denn davon hat das Spermium mehrere.
Wissen über Spermien-Kanal könnte Zeugungsprobleme erklären
Dass nun entdeckt wurde, welcher Kanal im Spermium entscheidend für diesen Prozess der Kaliumionen-Absonderung, ist in zweierlei Hinsicht spannend. Zum einen könnte es die Zeugungsunfähigkeit mancher Männer erklären, zum anderen könnte das der Schlüssel zu einem neuen Ansatz in der Schwangerschaftsverhütung werden. Wie realistisch ist das und wie wertet man das Forschungsergebnis in der Wissenschaft?
Ist das ein neuer Verhütungsansatz? Reaktionen aus der Wissenschaft
Zellbiologe Prof. Dr. Artur Mayerhofer vom Biomedizinischen Centrum München (BMC)und der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) lobt die Erkenntnisse der Arbeit gegenüber dem Science Media Center (SMC) als fundiert und wichtig: "Die Rolle dieses Kanals für menschliche Spermien war nicht genau bekannt und aus Studien an der Maus nicht ableitbar." Falls sich die Ergebnisse in größeren Studien bestätigen ließen, so Mayerhofer, könnten sie zum einen auch wichtige Ergebnisse in Bezug auf bislang nicht erklärbare Fälle von männlicher Infertilität liefern. Zum anderen hält er den Ausblick des Forschungsteams, langfristig daraus ein Verhütungsmittel der Zukunft zu entwickeln, für grundsätzlich denkbar. Es brauche weitere Untersuchungen um sicherzustellen, das die nicht näher identifizierte Substanz gut verträglich sei. Mayerhofer denkt hierbei an ein Verhütungsmittel in Gel- oder Cremeform, eventuell von Frau oder Mann anzuwenden: "Entscheidend dann ist natürlich die Frage nach der Verhütungssicherheit, also Verlässlichkeit einer derartigen Methode." Der Bedarf an neuen nicht- oder wenig invasiven und reversiblen kontrazeptiven Methoden, die möglichst wenig in die Physiologie von Frau und Mann eingriffen, sei vorhanden. Das Forschungsergebnis liefere dafür eine wichtige Grundlage.
Prof. Dr. Timo Strünker von der Uniklinik Münster leitet die Arbeitsgruppe Molekulare Reproduktionsphysiologie am Centrum für Reproduktionsmedizin und Andrologie. Die Forschungsarbeit von Professorin Celia Santi aus den USA wertet er als wichtigen Entwicklungsschritt zu neuen Verhütungsmitteln, die nicht auf der Wirkung von Hormonen beruhten. Er sieht klar eine gute Chance auf die Entwicklung eines nebenwirkungsfreien Verhütungsmittels. Auch er blickt vor allem auf die Anwendbarkeit, ob Mann oder Frau diesen SLO3-Hemmer einnehmen müsste, da der Befruchtungsprozess ja im Körper der Frau stattfinde.
Sein Kollege Prof. Dr. Stefan Schlatt, Direktor des Centrums für Reproduktionsmedizin und Andrologie, Universitätsklinikum Münster spricht im Hinblick auf die Forschungsergebnisse von einer realistischen Chance zur Entwicklung neuer kontrazeptiver Ansätze.
Studie
Lyon M et al. (2023): A selective inhibitor of the sperm-specific potassium channel SLO3 impairs human sperm function. PNAS. DOI: 10.1073/pnas.2212338120.
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