Eine Hand mit lilafarbenen Laborhandschuhen hält einen dünnen Draht an dessem Ende ein daumennagelgroßes schwarzes rechteckiges Kästchen befestigt ist. In der mitte des Kästchens sieht man ein kleines grünes Quadrat.
Dieses kleine künstliche Blatt ist in der Lage mit Hilfe von Sonnenlicht kohlenstoffreichen Kraftstoff herzustellen, der unsere Autos antreiben könnte. Bildrechte: University of Cambridge

Energiewende Fossilfreie Kraftstoffe: Künstliches Blatt erzeugt mit Sonnenlicht flüssige Kraftstoffe

21. Mai 2023, 05:00 Uhr

Neben der Elektromobilität sind fossilfreie Kraftstoffe ein Element der Mobilitäts- und Energiewende. Nun ist Forschenden der Universität Cambridge die Herstellung dieser Kraftstoffe ohne die Verwendung von Biomasse gelungen. Mit Hilfe eines künstlichen Blattes konnten Wasser und CO2 durch Sonnenlicht in Ethanol und Propanol umgewandelt werden.

Forschenden der Universität Cambridge haben eine Technologie entwickelt, mit der CO2 und Wasser durch Photosynthese in die Multikohlenstoffalkohole Ethanol und n-Propanol umgewandelt werden. Möglich ist die Herstellung dieser flüssigen Kraftstoffe durch Photosynthese. Mit Hilfe von Sonnenlicht werden die kohlenstoffreichen Kraftstoffe in einem künstlichen Blatt hergestellt. Sie sollen direkt in den Motor eines Autos als Drop-in-Kraftstoff gegeben werden können.

Eine erstaunliches Stück Chemie

Bisher konnten mit künstlichen Blättern nur einfache Chemikalien wie Syngas hergestellt werden. Das ist ein Gemisch aus Wasserstoff und Kohlenmonoxid, das in der Herstellung von Kraftstoffen, Arzneimitteln und Kunststoffen verwendet wird. Nun haben die Forschenden das künstliche Blatt weiterentwickelt, so dass es in der Lage ist, direkt sauberes Ethanol und Propanol ohne Zwischenschritt herzustellen. Dafür entwickelten sie einen Katalysator auf Kupfer- und Palladiumbasis und optimierten ihn so, dass das Blatt nun auch komplexere Chemikalien herstellen kann. Das Spannende daran: Die Erzeugung konnte mit Hilfe von Sonnenlicht erfolgen.

Zwei männliche Wissenschaftler in Kitteln in einem Labor.
Motiar Rahaman (l.) und Erwin Reisner vom St. John's College in Cambridge haben die Technologie entwickelt. Bildrechte: University of Cambridge/Sarah Collins

"Wenn man normalerweise versucht, CO2 mit Hilfe eines künstlichen Blattes in ein anderes chemisches Produkt umzuwandeln, erhält man fast immer Kohlenmonoxid oder Synthesegas, aber hier ist es uns gelungen, einen praktischen flüssigen Kraftstoff nur mit der Kraft der Sonne zu erzeugen. Das ist ein aufregender Fortschritt, der uns ganz neue Wege in unserer Arbeit eröffnet", erklärt Dr. Motiar Rahaman, Erstautor der Studie.

Umstrittenes Bioethanol

Diese Technologie könnte ein wichtiger Baustein für die Herstellung sauberer Kraftstoffe sein, denn Bioethanol wird zwar als saubere Alternative zu Benzin angepriesen, weil es aus Pflanzen und nicht aus fossilen Brennstoffen hergestellt wird, ist aber dennoch umstritten. Die USA gehören zu den größten Bioethanolproduzenten der Welt. Nach Angaben des US-Landwirtschaftsministeriums werden bis zu 45 Prozent des angebauten Maises für die Produktion von Bioethanol verwendet. In Deutschland liegt dieser Wert bei 36 Prozent. Laut der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe werden auf 13 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Flächen Energiepflanzen angebaut. Daher ist diese Technologie auch so umstritten, denn es werden landwirtschaftliche Flächen beansprucht, die stattdessen für die Nahrungsmittelproduktion genutzt werden könnten. Mit der neuen Technologie der künstlichen Blätter wäre die Bereitstellung dieser Biomasse in diesem Ausmaß nicht mehr nötig.

Die ersten Schritte einer neuen Technologie

Noch befindet sich diese Technologie im Labormaßstab, noch ist das Gerät ein Proof of Concept mit geringer Effizienz. Aber es funktioniert. Die Forschenden arbeiten nun an der Optimierung. Zum einen soll der Lichtabsorber das Sonnenlicht noch besser absorbieren können. Zum anderen muss laut der Forschenden auch nochmal am Katalysator geschraubt werden, damit er mehr Sonnenlicht in Kraftstoff umwandeln kann. Und nicht zuletzt muss an der Skalierbarkeit des Geräts gearbeitet werden, damit es möglichst große Mengen an Kraftstoff produzieren kann. Viele kleine und große Schritte hin zu einem fossilfreien Brennstoff-Zeitalter.

JeS

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | FAKT | 06. Dezember 2022 | 23:35 Uhr