Erdgas Fracking oder nicht - und welches Potenzial hätte es?
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12. April 2022, 17:29 Uhr
Wirtschaftsminister Robert Habeck schließt Fracking in Deutschland weiter aus. Aber angesichts der Versorgungslage mehren sich die Befürworter dieser Gasgewinnungstechnologie. Lohnt sich Fracking in Deutschland?
Ein Mann, der schon aufgrund seiner Tätigkeit einer der größten Befürworter des Frackings sein dürfte, traut sich nicht, offen ein Plädoyer dafür abzugeben. So geschehen am 30. März in der knapp einstündigen Pressekonferenz des BEVG (Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie). Mehrfach betonte dort BEVG-Hauptgeschäftsführer Ludwig Möhring, dass es in Deutschland an politischer und gesellschaftlicher Akzeptanz fürs Fracking fehle und er deshalb nichts darüber sagen könne. Als ersten Schritt wünsche er sich eine Versachlichung der Diskussion.
Seitdem sind fast zwei Wochen vergangen und nicht nur aus der Politik, sondern auch aus der Wissenschaft tauchen nun Stimmen auf, die anregen, Fracking in Deutschland nicht von vornherein auszuschließen bzw. es sogar ernsthaft in Betracht zu ziehen.
Zuletzt äußerte sich der Direktor des Instituts für Bohrtechnik und Fluidbergbau an der TU Bergakademie Freiberg gegenüber MDR Aktuell. Mohammed Amro hält Fracking in Deutschland für machbar und nützlich, 20 Prozent des Eigenbedarfs an Erdgas könnten so über mehrere Jahrzehnte gedeckt werden.
Wie viele Milliarden Kubikmeter Schiefergas in Deutschlands Untergrund stecken, kann nur geschätzt werden, zum Beispiel durch Forschungsbohrungen. Professor Amro spricht von 500 Milliarden bis 2,5 Billionen. Laut BEVG sind es rund 800 Milliarden. In jedem Fall viel mehr, als Deutschland noch konventionelle Ressourcen an Erdgas hat, die ohne Fracking gefördert werden können.
Wenn man nun bedenkt, dass Deutschland derzeit pro Jahr reichlich 80 Milliarden Kubikmeter Erdgas verbraucht und diese Zahl in Zukunft (durch Ausbau der Erneuerbaren) wohl ohnehin stetig etwas sinken wird, kommt man schnell in den von Professor Amro angesprochenen Bereich, dass das Schiefergas für mehrere Jahrzehnte ein Fünftel des Bedarfs decken kann. Dann wäre man nur noch zu 80 Prozent von Importen abhängig, anstatt zu etwa 95 Prozent wie bislang.
Fracking-Technologie
Fracking beschreibt erst einmal nur die Methode, wie das Gas (oder auch Öl) aus sehr dichtem, undurchlässigem Gestein gewonnen wird. Es werden künstliche Fließwege im Gestein erzeugt, um die Durchlässigkeit der Lagerstätten zu optimieren. Dies erfolgt durch Bildung und Stabilisierung kleiner Risse im Gestein. Auf diese Art gelangt man an Ressourcen, die unter Schiefergestein oder Kohleflöz lagern und auf andere Art nicht förderbar wären.
Der Umweltaspekt
Fracking birgt Risiken, und zwar Risiken, die sich verwirklichen können. Das hat man in den USA gesehen, wo die Technologie seit mehreren Jahren in großem Maßstab betrieben wird. Chemikalien im Grundwasser, leichte Erdbeben in Fracking-Gebieten - all das ist nachgewiesen worden. Deshalb sprechen sich viele auch hierzulande gegen die Technologie aus.
Denen aber wiederum wird zum Beispiel von Professor Amro entgegnet, dass alles eine Frage der Richtlinien sei. "Es gibt bestimmte Limitationen für diese Methode, zum Beispiel die Tiefe", so der Professor. "Ich sage immer: Tiefer als 1.000 Meter darf man ein 'Frac' planen. Aber nicht in geringeren Tiefen. In der USA hat man bei 600 Meter gefrackt. Und da gab es Umweltschäden."
Wirtschaftsminister Robert Habeck gab bei seiner neuerlichen Absage ans Fracking allerdings nicht den Umweltaspekt aus Hauptgrund an. Er verwies darauf, dass die notwendigen Genehmigungen sehr lange dauern und in der akuten Situation nicht weiterhelfen würden. Zudem setze die Bundesregierung in Zukunft auf erneuerbare Energien und nicht auf Erdgas.
Schiefergas überall auf der Welt
Wie Deutschland sich auch letztlich entscheiden wird: Weltweit könnte Fracking in Zukunft eine sehr große Rolle spielen, denn der Gasbedarf ist weiterhin groß. Ob da der Umweltaspekt immer und überall so beachtet wird, wie derzeit in Deutschland, ist fraglich. Die Schiefergas-Ressourcen sind jedenfalls auf allen Kontinenten vorhanden, in (West-)Europa noch am wenigsten.
Weltweit wurde das Schiefergas-Potenzial auf 203 Billionen Kubikmeter geschätzt. Zur Einordnung dieses Volumens: Mit diesen 203 Billionen Kubikmetern wäre Deutschlands Gasbedarf bei gleichbleibendem Verbrauch wie in den letzten Jahren etwa 2.500 Jahre lang gedeckt.
(rr)
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