Energiesparverordnung 19 Grad im Büro – reicht das?
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02. Dezember 2022, 09:53 Uhr
Seit dem 1. September beträgt die Mindesttemperatur in deutschen Büros nur noch 19 Grad. Für viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen könnten die frischen Temperaturen zum Problem werden. Was lässt sich dagegen tun?
Der Winter steht vor der Tür und Deutschland steckt in Folge der eingestellten Gaslieferungen aus Russland tief in einer Energiekrise. Um die Energieversorgung auch in den kommenden Monaten sicherzustellen, hat die Bundesregierung am 1. September eine Reihe von Sparmaßnahmen verordnet. Hierzu zählt unter anderem auch eine Senkung der Maximaltemperatur in öffentlichen Gebäuden bei überwiegend sitzenden Tätigkeiten auf 19 Grad. Zuvor lag die empfohlene Mindesttemperatur noch bei 20 Grad. Die neue Regelung gilt vorerst bis zum 28. Februar 2023.
Kälte im Büro – Leistungsfähigkeit sinkt
Doch wie wird sich diese scheinbar kleine Reduktion der Raumtemperatur auf die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auswirken? Der Präsident des Verbands Deutscher Betriebs- und Werksärzte, Dr. Wolfgang Panter, warnt vor einem drohenden Leistungsabfall der Beschäftigten. "Wenn man die ganze Zeit am Arbeitsplatz sitzt, wird man bei dieser Temperatur einen Leistungsabfall bemerken. Da sind 19 Grad Celsius für die meisten Menschen keine Wohlfühltemperatur. Wenn man sich immer mal wieder bewegt, wird man das nicht so feststellen." Auf Dauer könne die neue Temperaturvorgabe so bei sitzenden Tätigkeiten zu einem Konzentrationsdefizit führen. Ein Gruppe Forschender der Helsinki University of Technology untersuchte bereits im Jahr 2006 wie sich die Büro-Temperatur auf die Arbeitsleistung auswirken kann. Die Ergebnisse der Studie legten nahe, dass die höchste Leistungsfähigkeit bei einer Temperatur von 22 Grad erreicht wird.
Wenn man die ganze Zeit am Arbeitsplatz sitzt, wird man bei dieser Temperatur einen Leistungsabfall bemerken.
Aktuelle Infekte – mehr Kranke durch 19 Grad im Büro?
Im Winter, wenn es kalt und nass ist, haben Erkältungsviren Hochsaison. Begünstigen die kühleren Temperaturen in deutschen Büroräumen damit auch eine Verbreitung dieser? Panter glaubt nicht, dass dies der Fall sein wird. "Damit hat das nichts zu tun. Die Infektanfälligkeit wird bei dieser Temperatur nicht steigen." Es gebe jedoch auch hier Sonderfälle. "Personen mit Vorerkrankungen bilden die Ausnahme. Es gibt beispielsweise Menschen mit einer rheumatoiden Arthritis, mit bestimmten Gefäßerkrankungen oder auch Schwangere." Für solche Menschen sei eine hauptsächlich sitzende Arbeit bei 19 Grad problematisch und auf Dauer kaum machbar, so Panter.
Frauen frieren schneller als Männer: Stimmt das?
Wird es kalt, so schaltet der Körper in den Energiesparmodus. Um möglichst wenig Wärme zu verlieren, ziehen sich die Blutgefäße zusammen, die Blutversorgung unserer Organe steigt und Extremitäten wie Füße oder Hände kühlen ab. Immer wieder geistert das Gerücht herum, Frauen hätten ein stärkeres Kälteempfinden als Männer und frören dementsprechend schneller.
Aus physiologischer Sicht gibt es zumindest einige Dinge, die dafür sprechen. So haben Männer im Schnitt 25 Prozent mehr Muskelmasse als Frauen und verfügen zudem über eine dickere Haut. Während die Muskeln eine Menge Wärme produzieren, sorgt die dickere Haut für eine bessere Isolation dieser. Frauen hingegen besitzen in der Regel einen höheren Körperfettanteil als Männer. Eine verallgemeinerbare Aussage lasse sich deshalb trotzdem nicht treffen, glaubt Panter. "Das Wärmeempfinden ist individuell sehr unterschiedlich. Ich glaube es ist ein Vorurteil, dass Frauen schneller kalt wird. Es gibt auch Männer, die schnell frieren. Das hängt natürlich auch von der Konstitution, aber z.B. auch von hormonellen Faktoren oder der sportlichen Aktivität ab."
Bewegung und warme Kleidung – Was hilft gegen die Kälte im Büro?
Aber was können wir eigentlich tun, wenn es schließlich doch zu kalt wird? Panter zufolge hilft regelmäßige Bewegung. "Arbeitgebende können Ihre Beschäftigten dazu bringen, sich immer wieder körperlich zu betätigen. Das hilft in jedem Fall."
Doch nicht nur körperliche Betätigung, auch die Wahl der richtigen Kleidung ist entscheidend. Dr. Heike Illing-Günther ist Geschäftsführender Direktor des Sächsischen Textilforschungsinstituts e.V. (STFI). Damit ein Stoff eine gute Wärme-Isolation bietet, muss er möglichst viel Luft einlagern können, so die Expertin. "Das kennt man vom Wollstrickpullover. Die Maschen sind bewusst plusternd gemacht. Den gleichen Effekt erzielt man auch bei Steppjacken. Dort wird Polyesterhohlfasermaterial genutzt. Das Ziel ist es, möglichst viel Luft einzuschließen." Doch nicht alle Stoffe sind geeignet, um Wärme zu binden. "Ein dichtes und dünnes Seidengewebe wäre hierfür ein Beispiel. Das gleiche gilt für Stoffe, die Wasser aufnehmen und speichern können, wie Leinenkleidung oder körpernahe Baumwollkleidung. Die Fähigkeit zur Wasseraufnahme erzeugt immer einen Verdunstungseffekt. Das wiederum erzeugt Kälte am Körper bzw. Kühle direkt auf der Haut."
Das kennt man vom Wollstrickpullover. Die Maschen sind bewusst plusternd gemacht.
Sie empfiehlt den Rückgriff auf den sogenannten Zwiebellook. "Mehrere Schichten sind definitiv zu empfehlen. Die lose angeordneten Lagen speichern die Luft dazwischen und das sorgt dann für den Isoliereffekt. Wichtig sind festsitzende Bunde, damit die Wärme nicht entweichen kann. Außerdem sollten die Kleidungsstücke nach außen hin immer lockerer sitzen. Das kriegt man auch mit klassischen und preisgünstigen Klamotten, die man schon im Schrank hat, hin." Sollte es dennoch zu kalt werden, so sei auch der Rückgriff auf Thermounterwäsche, wie man sie aus dem Wintersportbereich kennt, denkbar. "In diesem Fall spielt dann allerdings auch der Kostenfaktor eine Rolle", meint Illing-Günther. Für die Arbeit am Computer sind die Hände unverzichtbar. Bei kühlen Temperaturen kann hier die Motorik leiden. In diesem Fall sei die Nutzung von Fingerhandschuhen denkbar.
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 08. November 2022 | 09:10 Uhr
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