Chronobiologie Die Diktatur der Lerchen: Warum die Frühaufsteher bestimmen
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20. März 2024, 13:33 Uhr
Die meisten von uns müssen morgens früh aufstehen, um pünktlich zur Schule oder zur Arbeit zu kommen. Vielen fällt das schwer, aber einige sind von Natur aus Frühaufsteher. Die haben einen Vorteil – mehr noch, sie bestimmen sogar zum Teil das Leben der anderen.
Gleich mal vorab – mit den echten Lerchen haben die menschlichen Lerchen tatsächlich nur das Frühaufstehen gemein, sagt Ornithologe Lars Lachmann: "Eine Lerche, also der Vogel, ist so etwa 45 Minuten vor Sonnenaufgang dran. Das ist schon sehr, sehr früh. Im Mai, Juni ist das dann etwa um 4 Uhr morgens."
Führungspositionen erfordern frühes Aufstehen
Um vier Uhr früh also – ein zeitiger Vogel. Diese frühen Vögel gibt es auch unter den Menschen, folgerichtig nennt man sie die Lerchen, die Spätaufsteher und Abendausflügler dagegen Eulen. Chronobiologe und Schlafforscher Till Roenneberg beschäftigt sich genau mit solchen Phänomenen und findet – diese Kategorisierung trifft es nicht ganz. "Es gibt sehr frühe Typen, die entsprechend ihrerer inneren Uhr schon vor acht Uhr abends einschlafen und um vier Uhr morgens aufwachen würden", beschreibt er. "Es gibt aber auch die späten Extremen. Wie zum Beispiel: Jemand geht erst um sechs ins Bett und wacht dann erst um zwei Uhr wieder auf. Und jetzt haben wir angefangen, die frühen Typen als Lerchen zu bezeichnen und die späten Typen als Eulen. Aber was ist denn mit den ganzen Menschen, die die Mehrzahl sind, die irgendwo in der Mitte sind? Und dann hab ich gesagt, nennen wir die doch Tauben."
Die Tauben sind also die berühmte große Masse - doch Lerchen und Eulen als Extreme haben auch besondere Eigenschaften, sagt Roenneberg: Eulen eher die Kreativen und Suchenden, die Lerchen eher die Ehrgeizigen und Strebsamen, das sind die Klischees, sicher. Aber es ist was dran, sagt der Wissenschaftler:
Führungspositionen haben eine natürliche Auslese in Richtung Frühtypen und Kurzschläfer. Können Sie sich einen Manager vorstellen, der keinen Termin vor zehn Uhr macht? Dadurch haben wir in den Führungsgremien Leute, die überhaupt nicht wissen, wie es ist, ein Spättyp zu sein. Die richten daher die gesamte Gesellschaft nach dem, wie sich ein Frühtyp diese Gesellschaft vorstellt.
Echte Lerchen sind Frühaufsteher und Spät-Zu-Bett-Geher
Also doch die Diktatur der Lerchen – Lars Lachmann, Ornithologe beim NABU findet den Vergleich mit den Vögeln aber nicht so toll. Die Tiere stehen nicht aus Ehrgeiz so früh auf, erklärt er. Und vor allem: Sie sind auch nicht die ersten, die wieder zu Bett gehen. "Die Vögel sind hauptsächlich aktiv, wenn es hell ist, stehen aber ein bisschen früher auf, wenn sie gerade schon was erkennen können, und auch schon anfangen können, zu singen oder ihre Nahrung zu suchen. Und am Abend ist das dann eben umgekehrt. Interessanterweise sind die Vögel, die morgens am frühesten aufstehen, abends dann die Vögel, die am spätesten ins Bett gehen. Das liegt einfach daran, dass sie lichtempfindlichere Augen haben, dass sie morgens eben schon früher etwas sehen können und abends noch länger."
Und wenn die Lerche in der Dämmerung nicht aufpasst, dann schlägt die Eule zu: Und das war's dann mit der Lerche. Im menschlichen Leben ist das merkwürdigerweise oft andersrum, sagt Schlafforscher Till Roenneberg. "Das fängt in der Schulzeit schon an: Wenn Sie ein Frühtyp sind, brauchen Sie nicht halb so viel Intelligenz und Lernaufwand, wie wenn Sie ein Spättyp sind. Von Anfang an, von der ersten Stunde an, kann ihr Gehirn alles auffassen, was ihnen beigebracht wird. Sie schlafen bis zum Ende ihrer biologischen Nacht. Das heißt, ihr Gehirn kann in der Nacht all das am Tag vorher Gelernte einordnen, konsolidieren nennen wir das."
Langschläfer haben doppelten Nachteil in der Schule
Ganz anders sei das bei den Langschläfern. "Wenn sie ein Spättyp sind, dann brauchen sie zwei, drei Stunden, um wach zu werden. Jedes Mal, wenn der Lehrer Ihnen in der ersten Stunde was sagt, kann es sein, dass Sie eine Art Mikroschlaf hatten und gar nicht die Fragen gehört haben. Das ist auch wissenschaftlich nachgewiesen worden, dass Schüler in der Schule mit Mikroschlaf sitzen und nicht mitkriegen, was dort läuft", sagt Roenneberg. "Und gleichzeitig werden sie mitten in der Nacht durch den Wecker aus ihrem biologischen Schlaf gerissen und können das Wenige, was sie noch lernen konnten, nicht richtig konsolidieren."
Die Diktatur der Lerchen – es gibt Sie also wirklich – und wenn wir nicht aufpassen, dann sitzen die Lerchen irgendwann wirklich nur noch in Führungspositionen und nicht mehr am Feldrain.
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