Ein Mann verleiht seiner Wut am Steuer seines Autos ausdruck
Fluchen klingt weltweit ähnlich. Nicht nur im Straßenverkehr. Bildrechte: Colourbox.de

Sprachwissenschaften Schimpfwörter: Der universelle Klang des Fluchens

06. Dezember 2022, 15:56 Uhr

Wie klingt es auf der Welt, wenn jemand schimpft? Ziemlich ähnlich, denn es gibt ein Muster. Und das entscheidet sogar darüber, wie beleidigend ein Schimpfwort von Menschen wahrgenommen wird. Das fanden Forschende jetzt in einer neuen Studie heraus.

Schimpfwörter gibt es in jeder Sprache. Laut einer kürzlich in der Zeitschrift Psychonomic Bulletin & Review veröffentlichten Studie enthalten internationale Schimpfwörter fast nie die Laute "l", "r", "y" oder "w". Dieses häufige Muster in Schimpfwörtern deutet darauf hin, dass diese Laute, die sogenannten Approximanten, auf die Zuhörer weniger beleidigend wirken können.

Ein approximativer Laut ist ein Laut, bei dem die ausgestoßene Luft relativ frei und gleichmäßig durch den Mund strömen kann, in der Regel ein Konsonant. Ein Beispiel ist das "J" im Wort Jahr.

Die Klänge von Schimpfwörtern sollen den Menschen helfen, ihre Gefühle und Einstellungen auszudrücken, aber noch keine Studie hat untersucht, ob es Gemeinsamkeiten zwischen den Klängen von Schimpfwörtern in verschiedenen Sprachen gibt, so die Forschenden in ihrer Studie. Deshalb haben sie die Sprachen Arabisch, Chinesisch, Finnisch, Französisch, Spanisch und Deutsch analysiert. Insgesamt 215 Probandinnen und Probanden wurden zu Schimpfwörtern in jeder der sechs Sprachen befragt. Dabei zeigte sich, dass Approximanten in diesen Wörtern weniger häufig vorkommen.

Auch erfundene Schimpfwörter werden anhand des Musters erkannt

In einem weiteren Test wurden Pseudowortpaare gebildet, von denen eines einen Approximanten enthielt und das andere nicht. Die Teilnehmer mussten durch Anhören herausfinden, welches dieser erfundenen Wortpaare ein Schimpfwort war. Im Deutschen waren das zum Beispiel Baum, Laum und Tsaum, im Italienischen Mano, Malo, Macho. Die Voraussage war, dass die approximativen Varianten weniger wahrscheinlich als Schimpfwörter wahrgenommen würden als die Kontrollvarianten. Die Forscher fanden heraus, dass die Teilnehmer tatsächlich mehrheitlich (in 63 Prozent der Fälle) Begriffe ohne Approximanten als Schimpfwörter wählten.

In abgewandelten Fluchwörtern, wie z.B. "verflixt" statt "verdammt" kommen diese Approximanten dagegen laut der Forscher häufiger vor. Daher wirken diese deutlich weniger anstößig. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass ihre Forschung auf ein möglicherweise einheitliches Muster für Schimpfwörter in allen Sprachen hinweist, wobei das Fehlen von Approximanten ein gemeinsamer Aspekt bei der Wahrnehmung von Schimpfwörtern ist.

Die Kraft der Sprache

Wie Schimpfwörter in Mitteldeutschland klingen, dass zeigt derzeit die Martin-Luther-Universität Halle. Im Treppenhaus des Löwengebäudes am Universitätsplatz präsentiert sie eine eigene Sammlung von lokalen Schimpfwörtern. Unter dem Titel "Die Kraft der Sprache. Spotten – Schmähen – Schelten" geht es nach Angaben der Universität um die Geschichte der Schimpfwörter, ihren Zweck und ihre Folgen. Der Eintritt ist frei, die Ausstellung läuft bis März 2023.

mel

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