Denkmalschutz Bakterien schützen historische Kalkstein-Bauten
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19. März 2024, 14:33 Uhr
Viele historische Bauten, Denkmäler, Skulpturen und ganze Weltkulturerbestätten sind aus Kalkstein gebaut. Das ist ein sehr weiches Material – und das ist auch das Problem. Denn am Kalkstein nagt der Zahn der Zeit besonders. Klimawandel und Luftverschmutzung tun ihr übriges. Nun könnten ausgerechnet Bakterien helfen, zahlreiche Kulturschätze vor dem Zerfall zu bewahren.
Die ägyptischen Pyramiden, Notre Dame de Paris oder der Parthenon in Athen - all diese bedeutsamen Bauwerke leiden. Viele Jahrhunderte haben sie überdauert, doch nun zeigen wissenschaftliche Studien, dass sich der Verfall in den letzten Jahrzehnten beschleunigt hat.
Klimawandel verstärkt das Problem
Durch den Klimawandel siedelten sich neue, schädliche Mikroorganismen aus wärmeren Gefilden im Gestein an. Außerdem kommt es durch die steigenden Temperaturen zu stärkerer Verdunstung von Regenwasser. Das wiederum hinterlässt Salzkristalle, die sich im Inneren des porösen Steins festsetzen und zu Rissen führen. Aber auch die Verbrennung fossiler Brennstoffe und saurer Regen wurden zunehmend zum Problem. Mit chemischen Verfahren habe man in der Vergangenheit versucht, den Kalkstein zu schützen, indem man versuchte, ihn wasserfest zu machen und so das Wasser vom Stein abzuhalten, sagt der Geomikrobiologe Dr. Thomas Warscheid: "Aber das geht nicht überall und viele dieser chemischen Verfahren hatten auch ihre Nachteile."
Bakterien, die im Stein Gutes tun
Während man solche Schadensprozesse an Gesteinen untersuchte, konnte man allerdings feststellen, dass es im Gestein Bakterien gibt, die Gutes tun. Denn sie erzeugen auf natürliche Weise Schutzschichten aus Kalziumcarbonat, wie Warscheid erklärt: "Die können sie auch sehen. Das ist wie ein weißlicher Film, der sich auf den Oberflächen abbildet und der dann schützend wirkt. Der ist natürlich wieder eine Art Opferschicht, der wird auch wieder abgebaut. Aber sie können diesen Prozess immer wiederholen, in dem sie die Nährlösung aufgeben und zum Teil diese Sache immer wieder neu hervorrufen können."
Bakterien aus der Höhle von Lascaux
Bakterien, die diesen Prozess der sogenannten bakterielle Karbonatogenese ausführen, fand man unter anderem in Frankreich in der Höhle von Lascaux. Im Labor züchtet man aus diesen Bakterien ganze Kulturen. Inzwischen ist es aber auch möglich, Nährlösungen direkt auf dem Stein aufzutragen und dort die Bakterien zu vermehren. Die Methode ist umweltfreundlich und schonend für den Stein, weil der Prozess ein natürlicher ist. Synthetische Konservierungstechniken, die in der Praxis oft angewendet werden, können dagegen dem Stein schaden und auch Giftstoffe in die Umwelt abgeben.
Restauratoren immer noch skeptisch
Auch wenn die Methode bereits 1990 entwickelt und inzwischen an Denkmälern und Gebäuden in ganz Frankreich, Portugal und Spanien angewendet wurde, ist die Akzeptanz bei Restauratoren und Denkmalpflegern immer noch relativ gering. Bei Bakterien sind eben alle erst mal skeptisch, räumt Warscheid ein:
"Wir haben im Beginn solcher Sachen immer festgestellt, dass bestimmte Bakterien, Pilze und Algen durchaus auch schädigend auf das Gestein wirken können. Zum Teil waren diese Bakterien auf Basis von Bazillen. Das sind sporenbildende Bakterien. Das macht natürlich die Akzeptanz bei den Restauratoren nicht besonders groß. So gab es einen gewissen Zweifel daran, ob man damit vielleicht nicht mehr kaputt macht, als man in Ordnung bringt."
Grundlagenforschung in Granada
Eine internationale Forschungsgruppe an der Universität von Granada in Spanien betreibt nun weitere Grundlagenforschung, arbeitet an der Selektion der kalziumkcarbonatbildenden Bakterien und entwickelt das Verfahren weiter. Wichtig sei auch der Kontakt zu den Denkmalpflegern, weiß Thomas Warscheid, der selbst an einem EU-Forschungsprojekt zur bakterielle Karbonatogenese beteiligt war:
"Es bedarf auch Mikrobiologen, die ein bisschen für dies Anwendung geschaffen sind. Mikrobiologen sind meist im Labor tätig und es bedarf schon eines gewissen Verständnisses für den Gesamtzusammenhang, um zu wissen, wie man das Ganze anwendet. Wir selbst arbeiten mit Restauratoren direkt zusammen. Die werden von uns angeleitet, aber wir sind eben auch froh, von den Restauratoren ein Feedback zu bekommen, wo sie eben auch Schwierigkeiten sehen in der Anwendung. Also das muss auch eine interdisziplinäre Arbeit sein. Wir können nicht einfach nur sagen, wir haben da was und das ist gut für euern Stein, sondern wir brauchen auch Leute, die kritisch genug sind und in der Anwendung sind, uns dabei zu helfen, inwiefern diese Anwendung auch wirklich durchführbar ist."
Da Umweltverschmutzungen und Klimawandel auf der ganzen Welt immer stärker zu spüren sind, ist der Schutz von Denkmälern und historischen Gebäuden ein Wettlauf gegen die Zeit. Thomas Warscheid ist dennoch optimistisch, dass man ihn gewinnen kann.
(dn)
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