Obstanbau im Klimawandel Apfel und Aprikose: Klimawandel am Süßen See

23. Juni 2021, 10:47 Uhr

Aprikosen und Äpfel gedeihen im Mansfelder Land. Aber Temperaturanstieg, veränderte Niederschlagsmuster und Kälteperioden schlagen sich im Obstanbau nieder. Wie zeigt sich der Klimawandel am Süßen See?

Obsthof Süßer See Mansfelder Land 7 min
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Warum gedeiht das Obst am Süßen See so gut? Merkt man auch hier den Klimawandel, und wenn ja, wie wirkt er sich auf Apfel, Aprikose & Co. aus?

Di 22.06.2021 14:42Uhr 06:39 min

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Am Süßen See in Sachsen-Anhalt gedeihen außer Äpfeln, Pflaumen und Kirschen auch Aprikosen und Wein, lokalen Bauern zufolge sogar schon seit dem 12. Jahrhundert. Zisterziensermönche sollen den Aprikosen- und Weinanbau in diese Region gebracht haben, erzählt Landwirt Philip Moser im Gespräch mit dem MDR. Das Geheimnis des fruchtbaren See-Umlandes steckt unter anderem in den Böden, sagt Moser. Die humusreichen Böden seien extrem wasserhaltefähig. Obwohl die Region als niederschlagsarm gilt, werde das wenige Niederschlagswasser im Boden dadurch gut gespeichert und nutzt dem Obstanbau.

Süßer See: Region im Klimawandel

Westlich und südlich des Süßen Sees liegen gleich zwei Mittelgebirge, der Harz und der Thüringer Wald. Da es in Deutschland sehr oft Westwind gibt, gelangen Wolken vom Atlantik zu uns. Hängen diese Wolken tief und treffen auf ein Gebirge, regnen sie ab, um aufsteigen zu können. Genau das passiert regelmäßig am Harz und am Thüringer Wald; im Regenschatten, wie am Süßen See kann die Sonne umso häufiger scheinen.

Apfelbaum-Plantage
Apfelplantage in der Region am Süßen See Bildrechte: imago/Steffen Schellhorn

Das ist an sich nicht neu, aber die Messdaten der Wetterstationen aus der Region zeigen die jüngsten Veränderungen. Diplom-Meteorologin Michaela Koschak hat die Niederschlagsmengen der vergangenen 30 Jahre analysiert. Sie sagt: In dem Zeitraum ist es hier deutlich wärmer geworden, es gab mehr Hitzeperioden, mehr Sonnenschein und weniger Frosttage. Bei den Jahresdurchschnittsniederschlägen hat sich der Spezialistin zufolge bei den Zahlen an sich nicht viel verändert. "Allerdings gab es früher Landregen, jetzt Starkniederschläge. Das bedeutet: Mit nur einem Unwetter kann der komplette Monatsniederschlag fallen." Koschaks Analyse deckt sich mit den Beobachtungen von Landwirt Moser aus den vergangenen 18 Jahren: Er registriert in seiner Region verstärkt Starkniederschläge, Hagelereignisse und in den letzten Jahren extreme Trockenheit und Hitze.

Obstanbau: Wer passt sich an?

Was bedeutet all das langfristig konkret für die Region, erleben wir bald mediterranes Klima am Süßen See? Klima-Experte und Diplom-Meteorologe Sven Plöger sagt: "Direkt mediterranes Klima nicht, es dauert noch ein bisschen, bis die Mittelmeerluft bei uns ist." Aber er sagt auch, wir haben eine Klimaveränderung, es werde natürlich auch bei uns wärmer.

Plöger weist auf ein anderes Problem hin, wenn wie im Frühjahr 2021 eine Nordströmung stehen bleibt, Hochs und Tiefs langsamer sind, wodurch es länger kalt ist und Spätfröste kommen. Das Fatale: "Wir haben einen früheren Vegetationsbeginn. Wenn es dann nachts noch mal zu Kaltlufteinbrüchen kommt und wenn dann das Hoch drüberzieht, und es wird nachts bitterkalt, dann sind die Obstbäume durch diese Spätfröste gefährdet."

Ein Effekt, den wir auch aus anderen Bereichen der Natur erkennen. Zum Beispiel, wenn Vögel früher brüten, und die Insekten, von denen sie sich und ihre Jungtiere ernähren, noch nicht geschlüpft sind. Oder die Blumenblüte früher eintritt, aber die Bestäuber noch gar nicht da sind. Landwirt Moser jedenfalls hat sich auf die Veränderungen durch die Anbaubedingungen inzwischen eingestellt: Apfel- und Kirschbäume werden von großflächigen Netzen bedeckt, die die Früchte vor Sturm und Hagel schützen sollen.

Apfelanbau: Gedeiht Pink Lady künftig auch in Deutschland?

Wie sich Beginn der Apfelblüte bereits verschoben und sich die Vegetationsdauer geändert haben, zeigt die Datensammlung der "Länderinitiative Kernindikatoren", die Daten dazu für jedes Bundesland registriert. Die Veränderungen sind deutlich: Zum einen hat sich nicht nur in Sachsen-Anhalt der Beginn der Apfelblüte seit 1961 bis 2019 kontinuierlich nach vorn verschoben, von 7. Mai 1961 zum 26. April im Jahr 2019. Auch die Vegetationsperiode, also der Zeitraum, in dem die Pflanze wächst, blüht und Früchte trägt, ist kontinuierlich länger geworden.

Damit befasst sich auch Dr. Andreas Peil vom Julius-Kühn-Institut in Dresden. Er untersucht unter anderem auch, wie sich Obstbäume an den Klimawandel anpassen und wie die Züchtung darauf reagieren kann. "Es wird noch viele Überraschungen durch den Klimawandel geben", sagt Peil. "In Deutschland könnten langfristig auch Apfelsorten wie Cripps Pink, die wir hier meist unter ihrem Markennamen Pink Lady kennen, oder Braeburn ihre volle Genussreife und Qualität in Regionen erreichen, deren klimatische Bedingungen bisher nicht für spätreifende Apfelsorten geeignet sind."

Reife Aprikosen hängen am Baum.
Aprikosen vom Süßen See. Bildrechte: IMAGO / Steffen Schellhorn

(mk/lfw)

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