Studie Serotonin: Wie der Kopf den Darm gesund hält
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11. Juni 2020, 11:48 Uhr
Bei Serotonin denken wir zuerst ans Gehirn, an Schokolade, an Glücksgefühle. Dabei kann Serotonin noch viel mehr, zeigen Forschungen. Nämlich da, wo es produziert wird: im Darm. Da hilft es offenbar dabei, bösartige bakerielle Infektionen zu verhindern.
Wer bei Serotonin an Schokolade denkt oder an Glücksgefühle, denkt richtig - aber zu kurz. Der chemische Botenstoff kann noch viel mehr und zwar da, wo er hergestellt wird, im Darm. Das jedenfalls belegt eine Studie, die im Fachjournal "Cell Host & Microbe" veröffentlicht wurde. In dieser Forschungsarbeit wurde der Frage nachgegangen, wie das im Darm produzierte Serotonin auf gefährliche, krankmachende Bakterien wie zum Beispiel E. coli im Magen-Darm-Trakt wirkt.
Was ist Escherichia coli? Die Bakterien werden meist kurz E.Coli genannt. Gemeint ist damit eine Gruppe von Bakterien, von denen einige unseren Darm besiedeln. Infektionen mit E. coli verursachen zum Beispiel Durchfall, Bauchschmerzen und bei Frauen oft Blasenentzündungen. Wo "holt" man sich Infektionen mit E. coli? Aus Lebensmitteln, die mit E. coli verschmutzt sind, von Tieren, die damit infiziert sind. Oder wenn wir infiziertes Wasser schlucken, zum Beispiel aus Teichen, Seen, Flüssen oder Wasserbecken.
Das Team um Forscherin Dr. Vanessa Sperandio testete, ob Bakterien vom Typ Escherichia coli O157 auf Serotonin, das zu 90 Prozent im Magen-Darm-Trakt hergestellt wird, reagierte. Sie stellten fest: Das Serotonin sorgte dafür, dass sich die Anzahl der Bakterien signifikant reduzierte. Experimente mit menschlichen Zellen zeigten außerdem, dass die Bakterien bei Serotonin-Kontakt andere Zellen nicht mehr beschädigen konnten.
Serotonin macht Darm-Bakterien unglücklich
In Versuchen mit genetisch veränderten Mäusen untersuchte das Forschungsteam das Verhalten eines ähnlichen Bakteriums, des Citrobacter rodentium. Auch hier ging es um die Frage: Was passiert, wenn es auf Serotonin trifft? Die Antwort: Je nach genetischer Anlage produzierten die Mäuse zu viel oder zu wenig Serotonin. Entsprechend veränderte sich das Infektionsbild durch Citrobacter rodentium. Bei Serotonin-überproduzierenden Mäuse wurden weniger Bakterien nachgewiesen und Erkrankungen waren seltener. Die Mäuse dagegen, die Serotonin unterproduzierten, erkrankten, wenn sie dem Bakterium ausgesetzt wurden, und starben auch häufig an ihrer Krankheit. Die Behandlung von Mäusen mit Fluoxetin, bekannt unter dem Markennamen Prozac, zur Erhöhung des Serotoninspiegels, verhinderte, dass sie krank wurden, wenn sie C. rodentium ausgesetzt wurden.
Als Rezeptor für das Serotonin auf den Oberflächen beider Bakterien wurde ein Protein gefunden: Das Protein CpxA. Ein Fund mit weitreichenden Folgen, meint Forscherin Sperandio, da viele Arten von Darmbakterien auch CpxA hätten, sei es möglich, dass Serotonin weitreichende Auswirkungen auf die Gesundheit von Darmbakterien habe:
Wenn wir Prozac oder andere Medikamente der gleichen Klasse wiederverwenden könnten, könnte dies uns eine neue Waffe zur Bekämpfung dieser schwerwiegenden Infektionen geben.
In Zukunft wollen Sperandio und ihr Team untersuchen, ob der Serotoninspiegel manipuliert werden kann, um bakterielle Infektionen im Magen-Darm-Trakt zu bekämpfen. Momentan bekämpfen nur wenige verfügbare Antibiotika E. coli O157 wirksam. Einige tun sogar das Gegenteil, sie verschlimmern die Folgen einer Infektion und führen dazu, dass die Bakterien schädlichere Toxine freisetzen.
(lfw)
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